VERLIEBT UND AUSGEFLIPPT

Wenn ein neuer Spielfilm von IHM auftaucht, ist immer Neugier angesagt. Die Rede ist vom am 6. März 1947 in der Bronx/New York City geborenen Produzenten, Regisseur, Schauspieler und Polit-Aktivisten ROB REINER. Dem Sohn des heute 89jährigen Schauspielers, Regisseurs, Produzenten und Comedian CARL REINER. Der die Steve Martin-Klassiker-Späße „Reichtum ist keine Schande“, „Tote tragen keine Karos“, „Der Mann mit den zwei Gehirnen“ und „Solo für 2“ inszenierte (1979 – 1984) und zuletzt in den Gaunerkomödien „Ocean´s Twelve“ bis „Thirteen“ (2001 – 2007) als Trickbetrüger-Gentleman-Oldie auftrat. Der Sohn ist „aus gleichem Holz geschnitzt“. Mag Komik, aber nicht mit dem Holzhammer, sondern mit Lächeln, mit viel Schmunzeln und manchmal auch brachial. Und – er mag lieber Geschichten von und mit RICHTIGEN Menschen, Charakterten, Persönlichkeiten zu erzählen anstatt von und mit erfundenen „Plastik-Figuren“.

Mit „STAND BY ME – DAS GEHEIMNIS EINES SOMMERS“ adaptierte er 1986 vorzüglich einen Stephen King-Jugendroman. „HARY & SALLY“ von 1989, mit Meg Ryan (mit der berühmten Orgasmus-Szene im Restaurant „am Salat“) und Billy Crystal, zählt zu DEN Komödien-Pointen-Perlen der 80er und bekam eine „Oscar“-Nominierung. Weitere populäre Filme von Rob Reiner sind „Eine Frage der Ehre“ (1992, weitere „Oscar“-Nominierung als „Bester Film“/mit Tom Cruise + Jack Nicholson), „Hallo, Mr. President“ (1995, mit Michael Douglas + Annette Bening); „An deiner Seite“ (1999; Bruce Willis + Michelle Pfeifer) sowie zuletzt „Wo die Liebe hinfällt…“ (2005/mit Jennifer Aniston, Kevin Costner + Shirley MacLaine/Fortführung des Dustin Hoffman-Klassikers „Die Reifeprüfung“ von 1967) und „Das Beste kommt zum Schluss“ (2007/mit Jack Nicholson + Morgan Freeman). Rob Reiner ist aktiver Kriegsgegner und Umweltschützer. War 2006 als Kandidat für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien im Gespräch, trat aber gegen Amtsinhaber Arnold Schwarzenegger aus persönlichen Gründen nicht an.

Das neueste Filmwerk von Rob Reiner ist vergleichsweise bescheiden, entstand 2009 mit einem Budget von 14 Millionen Dollar in Michigan, heißt im Original „Flipped“, basiert auf dem gleichnamigen Roman der amerikanischen Schriftstellerin Wendelin Van Draanen aus dem Jahr 2001 (der hierzulande 2003 herauskam) und hat jetzt bei uns gleich Premiere auf DVD unter dem Titel

VERLIEBT UND AUSGEFLIPPT“ von Rob Reiner(Co-B+R; USA 2009/2010; K: Thomas Del Ruth; M: Marc Shaiman; 86 Minuten; DVD-Veröffentlichung 08.04.2011).

Der Sommer von 1957. Im ländlichen Michigan. Als die 7jährige Julianna „Juli“ Baker (MADELINE CARROLL) ihren neuen Nachbarsjungen Bryce Loski (CALLAN McAULIFFE) „entdeckt“, ist es um sie geschehen. Und zwar total. Dieser Bengel ist für SIE bestimmt. Und nur für sie. DAS zeigt sie ihm sogleich „offensiv“ und sagt es ihm auch. Bryce ist entsetzt. Mag DAS überhaupt nicht, und kann auch damit nichts anfangen, dass „so ein Mädchen“ ihn „einfach so“ anmacht. Ihn buchstäblich „beschnüffelt“. Um den ersten Kuss förmlich „bettelt“. Hartnäckig. Ununterbrochen. Was sollen denn bloss die Anderen von ihm denken? Doch die Chose nimmt ihren Fortgang. Egal, wie Bryce sich ablehnend verhält, Juli lässt nicht locker. „Besteht“ auf ihn. Bryce aber ist einfach zu stolz, zu unreif und zu verwirrt ist, um solch ein Juwel wie Juli zu begreifen. Obwohl…..
Doch Juli ist da schon weiter. Und muss doch umdenken, umfühlen. Irgendwann ist nämlich „Schluss mit lustig“. Irgendwann ist man als Teenie in der 6. Klasse angekommen und die Gefühle werden immer unübersichtlicher. Verwirrender. Komplizierter. Auf beiden Seiten. Zumal jetzt auch „Andere“ mit-eingreifen. Sowohl aus der Schule wie auch häuslich. Und dabei macht zum Beispiel der Dad von Bryce (ANTHONY EDWARDS) eine ganz und gar unrühmliche Figur. Ganz im Gegenteil zur verstehenden Mama Patsy (REBECCA De MORNAY). Und zum liberalen Opa (JOHN MAHONEY), der seinem geliebten Enkel bei dessen Gefühls(ver-)wirrungen beisteht. Doch Bryce verhält sich weiterhin „ungeschickt“. So dass Juli endgültig aussteigt. Bryce hat offensichtlich eine große (Schicksals-)Chance vertan. Verspielt. Sie passen doch wirklich und richtig zusammen. Als er das endlich begreift, hat sie resigniert, hat die (Gefühls-)Schnauze endgültig voll. Pech gehabt, wird man wohl später dazu sagen. Oder?

„Verliebt und ausgeflippt“ ist eine sensible, stimmungsvolle Beschreibung einer „charmanten Pubertät“. Ist an den überzeugenden jungen Personen und verunsicherten Charakteren dicht dran. Lässt sich unspektakulär Zeit, um ihre Gefühlspositionen sorgfältig zu entwickeln, glaubwürdig zu erzählen. Und um ihr Einfluss-Umfeld unaufgeregt zu beschreiben. Und zwar aus der (Erklärungs-)Sicht von Beiden. Sie beschreibt das „so“, während er das „So“ ganz anders betrachtet bzw. wertet. Wirkt dadurch originell-amüsant. Eine schöne Pointen-Idee für: Das erste große Abenteuer „Leben“ im Alltag von zwei jungen Menschen. Typen. Zwischen Triumph und Katastrophen. Zwischen einigen Hochs und vielen Tiefs. Nachvollziehbar, liebevoll, mit viel Seelen-Herz ruhig vermittelt. Weil die beiden jungen Hauptakteure klasse (mit-)spielen. Die heute 15jährige MADELINE CARROLL (geboren am 18.3.96), sie war schon die clevere Kevin Costner-Tochter in der vor einiger Zeit bei uns auf DVD erstveröffentlichen US-Politsatire „Swing Vote“ (s. DVD-KRITIK), ist als reifere Juli ein sanfter Genuss, erweist sich als prächtiges Nachwuchstalent in Sachen Körper-Ausdruck und -Bewegung auch ohne Sprache. Kollege CALLAN McAULIFFE (gerade im Kino bei uns mit „Ich bin die Nummer 4“) hat keine Mühe, mit diesem herrlichen Temperamentsbündel sanft mitzuhalten. Beider Väter werden übrigens von Promis wie ANTHONY EDWARDS (der Notaufnahmearzt Dr. Mark Greene in der populären TV-Serie „Emergency Room“) und AIDAN QUINN (gerade in „Unknown Identity“ im Kino) stichwortartig begleitet.
Ein Familienfilm. Zum Wohlfühlen. Mit viel Seelen-Charme. Und -Bissigkeit. DVD-Unterhaltung, die einfach gut tut.

Anbieter: „Warner Home Video“.

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