PÖNIs: (3,5/5)
„TOUR DE FRANCE“ von Rachid Djaidani (B + R; Fr 2015; K: Luc Pagès; M: Clément „Animalsons“ Dumoulin; 95 Minuten; französische OF mit deutschen Untertiteln; deutscher Kino-Start: 02.03.2017); wieder solch ein filmischer Leckerbissen vom Nachbarn. Dabei ist mit dem Titel nicht das berühmte jährliche Radrennen gemeint, sondern eine Art privates Road Movie durch Frankreich. Daran Beteiligte: der zurückgezogen lebende katholische Witwer-Rentner und „Berufs-Reaktionär“ Serge (GÉRARD DEPARDIEU) und ein junger arabisch-stämmiger Franzose.
Serge ist ein rassistischer Misanthrop aus dem Norden Frankreichs, dort, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist. Serge wohnt bescheiden und schnaubt nur so mit populistischen Phrasen. Als eines Tages der junge, arabisch-stämmige Far‘Hook (SADEK) bei ihm auftaucht, ist er alles andere als begeistert. Far‘Hook, ein aufstrebender Rapper, musste Paris wegen „Alpha-Konkurrenz“ verlassen und jetzt untertauchen. Sein Produzent Bilal hat ihn überreden können, bei seinem Vater Serge unterzukommen. Was sich dann als „praktisch“ erweist, denn der herumblaffende Alte ist auch Hobby-Maler und hatte seiner Frau das Versprechen gegeben, sich auf die Spuren des Landschaftsmalers Claude Joseph Vernet (*1714 – †1789) zu machen, der besonders durch seine Ansichten französischer Häfen berühmt wurde. Serge will nun an den Originalplätzen der Gemälde eigene „Versionen“ anfertigen. Und Far‘Hook wird ihn kutschieren. Ein Kultur-Clash ist vorhersehbar. Aber eben – was für einer!
Der 20-jährige SADEK ist heute einer der angesagten Rapper Frankreichs. Und ist mit seinem runden Kindergesicht und dem Abprall-Gemüt eines sympathischen Narren das perfekte Pendant zum seine Leibesfülle und seine Reaktionen genüsslich ausbreitenden kantigen Rassisten-„Opi“ Gérard Depardieu. Der französische Super-Mime genießt es offensichtlich voll und ganz, einen heute erzkonservativen Nationalisten und ehemaligen linken Revoluzzer amüsant-„hämisch“ vorzuführen. Mit aktueller Bedeutung. Zwei, die doch eigentlich nicht „miteinander können“, prallen buchstäblich aufeinander. Und trampeln verbal los. Mal auf-, mal gegen-, mal miteinander. In beiden stimmungsmachenden wie reizvoll-präsenten Figuren steckt ein Stück der gesellschaftlichen Wirklichkeit Frankreichs: von wegen Fremdenfeindlichkeit, soziale Nöte, „lupenreine“ Identitätsbestimmung. Und dann rappt auch noch der alte Kauz…
Der hierzulande unbekannte arabisch-stämmige französische Regisseur RACHID DJAIDANI setzt mit seinem „typisch französischen Desaster“ letztlich auf die tolerante Machbarkeit von Untereinander-Menschlichkeit. Eine humane, unterhaltsame Träumerei mit aktueller Geschmacksstärke (= 3 ½ PÖNIs).