„TOTAL RECALL“ von Len Wiseman (USA 2011; B: Kurt Wimmer und Marm Bomback; 118 Minuten; Start D: 23.08.2012); am Anfang steht die Kurz-Story mit dem langen Titel: „We Can Remember It For You Wholesale“ („Erinnerungen en gros“), erstmals erschienen in der Zeitschrift „The Magazine of Fantasy and Science Fiction“ im April 1966. Von PHILIP K. DICK, einem der bedeutendsten amerikanischen Science-Fiction-Autoren des 20. Jahrhunderts (16.12.1928 – 2.3.1982). Dessen Ideen und Werke vielfach von Hollywood für attraktive Filme wie „Blade Runner“, „Matrix“, „Minority Report“ oder „Der Plan“ verwendet wurden. Sowie natürlich auch für „Total Recall“, der eben auf besagter Kurzgeschichte basiert bzw. von Motiven dieser inzwischen in vielen Kurzgeschichtensammlungen von Philip Kindred Dick enthaltenen 40 Seiten-Story inspiriert wurde. Die Erstverfilmung dieses „Stichwortstoffes“ entstand 1990 in Hollywood unter der Regie des niederländischen Regisseurs Paul Verhoeven und startete in unseren Kinos am 26.7.1990 unter dem Titel „Die totale Erinnerung – Total Recall“ (s.KRITIK). Eine brutale Gewalt-Orgie, bei der Arnold Schwarzenegger die Hauptrolle füllte.
Im heutigen Remake bemüht sich der 35jährige irische Hollywood-Star COLIN FARRELL („Alexander“; „Miami Vice“, „Cassandras Traum“/Woody Allen; „Brügge sehen…und sterben“/2008) in dessen polternde Fußstapfen zu treten. Als Fabrikarbeiter Douglas Quaid. Im Jahr 2084. Wo der Planet Erde nach dem Dritten Weltkrieg „ziemlich ramponiert“ und „Leben“ nur noch an zwei „gegenüberliegenden“ Orten der Welt vorhanden ist: In der „Vereinigten Föderation von Britannien“ sowie in der „Kolonie Australien“ auf der anderen Seite der Erdkugel. Wo die Welt mit stickigem, klaustrophobischem „Blade Runner“-Charme ausgestattet ist: Saurer Dauerregen, überdimensionale, „aufgehäufte“ Betonburgen, gigantische „Luft-Mobile“, verwinkelte, grelle Gassen und Rotlicht-Winkel, in denen sich die „Masse Mensch“ bewegt. Und schlechte Luft einatmet. Wie Malocher Douglas, der täglich „mit Seinesgleichen“ in einem Monster-Aufzug, genannt „The Fall“, durch einen riesigen Schacht, der mitten durch den glühenden Erdkern führt, auf die andere Seite transportiert wird, um dort zu arbeiten. Als Fließband-Gastarbeiter aus dem Ghetto. Sozusagen. Um in Britannien für das glänzende Bruttosozialprodukt zu sorgen.
Abends geht es dann genauso zurück, in gerade einmal 17 Minuten. Ein eintöniges Dasein. Wenn nicht Zuhause seine attraktive Ehefrau Lori (KATE BECKINSALE) auf ihn warten würde, wäre Douglas vielleicht schon eher auf die aushäusige Idee „nach Abwechslung“ in seinem faden Alltagstrott gekommen. So aber macht er sich eines Feierabends auf den Weg zu einer verlockenden Kaschemme mit dem Namen REKALL: Hier kann man sich einen „Abenteuer-Urlaub“ quasi in den Kopf einpflanzen lassen. Was möchten Sie erleben? Strand? Sex? Agent? Oder so etwas? Bitte sehr. Und schon steckt Douglas mitten drin im Identitäts-Schlamassel. Denn plötzlich wird er verfolgt. Gejagt. Man ballert andauernd auf ihn. Sogar die eigene Ehefrau. Und Douglas hat das Problem nicht zu wissen, wer er nun wirklich ist und in welcher „wirklichen“ Welt er sich gerade tatsächlich aufhält. Bewegt. Dabei gerät er offensichtlich zwischen die Kriegsfronten eines erbarmungslosen britischen Diktators, der sich die andere Rest-Welt untertan machen will. Was „Rebellen“ auf den Plan ruft. Die organisiert heftigen Widerstand leisten. Ganz offensichtlich ist Douglas nicht Douglas, sondern ein umgepolter Rebell namens Hauser. Die Grenzen zwischen Phantasie und Realität verschwimmen immer mehr. Wer ist wer und was ist was? Für Douglas-Hauser wird es immer komplizierter. Aber – er versteht es auch (sehr) professionell, mit Waffen „zu hantieren“. Und weiß sich „nicht ungeschickt“ auch kräftig zu wehren.
Eine Ballerei soll es sein. Vorwiegend. Mit ganz und gar eindimensionalen Figuren. Hier der gute, völlig überrumpelte und dann mächtig dagegenhaltende „Douglas“ Colin Farrell-„Hauser“, unterstützt durch die flotte Rebellin Melina (JESSICA BIEL), dort die geballte Jäger-Masse, die es permanent auf ihn abgesehen hat. Einschließlich seiner gut gekämmten brünetten schurkischen Dauerwellen-Ehefrau Lori (die Regisseurs-Gattin KATE BECKINSALE als schnaufende Wut-Frau mit dem ständigen „F“- (also „Scheiße-)Wort“ auf den – schönen – Lippen). DIE ihn aber, den Wegrenner und Wehrer, natürlich wie alle Anderen auch nie „richtig“ trifft. Obwohl (gefühlte) Millionen von Kugeln auf ihn abgefeuert werden. Wir kennen das ja. Dafür darf er Viele umhauen, umnieten, abfackeln. Und flott in der Gegend „einfach so“ herumspringen. Von weit oben nach weit unten. Folgenlos. Schmerzlos. Fast. Ein läppisches Kuddelmuddel. Visuell ordentlich, aber nicht unbekannt umgesetzt, inhaltlich langweilig. DIE ballern, treffen selten und IHN schon gar nicht, ER triumphiert letztlich. Im finalen Fight. Wie gehabt. Nichts Neues im schmutzigen Science-Fiction-Ländle. Regisseur Len Wiseman, kalifornischer Drehbuch-Autor und Regisseur des Jahrgangs 1973, war 2007 für die schmucke „Stirb langsam 4.0“-Folge zuständig, war aber auch bei den vier „Underworld“-Scheußlichkeiten (ab 2003) beteiligt/verantwortlich. Hier „inszeniert“ er erneut seine schöne Ehefrau Kate Beckinsale, die sich adrett-fluchend durch die düstere Szenerie modelliert, während Colin Farrell als „Hero“ auch „nicht so doll“ ´rüberkommt. Wirkt. Kein „witziger“ Mucki-Strahlemann mit imponierendem, selbstironischem Eifer. Eher ein netter aufgeregter (= uninteressanter) Bursche, der weitgehend identitätslos wie aufgescheucht herumflitzt. Und sich halt wehrt. Viel „macht“. Also schießt. Zuhaut. Also zünftig prügelt. Viele verprügelt. Deftig. An der Leinwand-Rampe. An vorderster Action-Front. Wo viel „zu Bruch“ geht. Laut und deutlich natürlich. Begleitet von den obligatorischen Wummer-Klängen. Eine darstellerische Routine-Typ-Nummer. Von Colin Farrell. Nix sonderlich An- oder Aufregendes.
Wie überhaupt: Der neue „Total Recall“-Streifen ist ein 08/15-Hau wie gehabt-Drauf-Fiction-Movie inmitten einer atmosphärisch aufgepeppten „Blade Runner“-Szenerie (= 2 PÖNIs).