PÖNIs: (4/5)
„THE WIZARD OF LIES – DAS LÜGENGENIE“ von Barry Levinson (Co-Produzent + R; USA 2015; B: Sam Levinson, Sam Baum, John Burnham Schwartz; nach dem gleichn. Sachbuch von Diana B. Henriques/2011; K: Eigil Bryld; M: Evgueni Galperine, Sacha Galperine; 127 Minuten; deutsche Heimkino-Veröffentlichung: 02.11.2017); ER war hochangesehen; viele hielten IHN für d e n Mr. Dollar-America: Den Finanzmakler, Wertpapierhändler, den ehrenwerten BERNARD LAWRENCE „Bernie“ MADOFF aus Brooklyn; dort geboren am 29. April 1938. Ein über jeden Verdacht erhabener, unantastbarer US-Bürger. Über viele Jahre, Jahrzehnte. Der, wie wir seit seiner Verhaftung Ende 2008 wissen, zu den größten Finanz-Verbrechern Amerikas überhaupt zählt. Der Gesamtumfang seiner erfolgreichen betrügerischen „Schneeball“-Machenschaften wird mit mindestens 65 Milliarden Dollar (= rd. 51 Milliarden Euro) veranschlagt. „Es handelt sich um den ersten wirklich globalen Betrugsfall“, bemerkte einmal ein Vertreter einer 21 Staaten umfassenden Anwaltsallianz. Der Fall „Bernie Madoff“ betraf im April 2009 weltweit rund drei Millionen Personen direkt oder indirekt. Etwa 300 Anwaltskanzleien und 45.000 Anwälte haben sich mit seinem Fall befasst. Bernard L. Madoff wurde am 29. Juni 2009 zu 150 Jahren Haft verurteilt.
Dieser TV-Film aus dem renommierten amerikanischen Sender-Haus HBO befasst sich mit den Ereignissen um diesen Fall. Dabei wurden Hochkaräter aus Hollywood verpflichtet: Regisseur BARRY LEVINSON, 73 zur Drehzeit, „Oscar“-Preisträger („Rain Man“), zählt zu den profiliertesten Filmemachern überhaupt. „Good Morning, Vietnam“ (1987) oder „Wag the Dog“ (1997) sind zwei von vielen herausragenden Werken Barry Levinsons. Der seinen Geld- & Gier-Paten nur mit einem einzigen Ausnahme-Schauspieler besetzen konnte, natürlich mit: ROBERT DE NIRO. Der hatte es in den letzten Jahren etwas ruhiger angehen lassen, mischte zuletzt sogar in Sachen Komik mit, mal witzig-prollig („Dirty Grandpa“), mal betulich-unangenehm („The Comedian“), um jetzt wieder zu gewohnten künstlerischen Höhen anzusetzen: als „Bernie“ Madoff, der gewiefte Geschäftsmann, Rendite-Kumpel, das diktatorische Familien-Oberhaupt, der seine Familie voll in den Abgrund mit-reißt. Robert De Niro einmal mehr in seiner Pracht-Rolle als personifizierter Super-Edel-Verbrecher vom Geld- & Gier-Dienst, dem viele wegen der zugesagten horrenden Renditen ihr Money haufenweise nachschmissen, ohne weitere Fragen zu stellen. Dass die zuständigen Behörden dies jahrelang ungeprüft oder mangelhaft geprüft-zuließen, „Bernie“ nicht – wie vorgeschrieben – korrekt überprüften, wirft einen erhaben-spöttischen, tiefen Blick auf diese Geld-Maschine und den Macht-Moloch Amerika, wo einer sich lange Zeit seinen gigantischen wie konsequenten „American Dream“ im Übermaß „leistete“.
MICHELLE PFEIFFER, die wunderbare, schöne und lange nicht mehr gesehene „Golden Globe“-Hollywood-Lady („Die fabelhaften Baker Boys“; „Love Field“), trifft mit ihrem Part als „Bernie“-Gattin Ruth den Seelen-Nerv: Ruth hat bisher aufwendig und komfortabel und „selbstverständlich“ „so“ mit-gelebt und steht nun plötzlich und überrascht vor einem Rest-Leben-Scherbenhaufen: „Du wolltest mich doch immer be-schützen!“ Ruth weiß nicht, wie sie „damit“ praktisch umgehen soll, ist „Normalität“ nicht gewohnt, zumal sich nun auch ihre fassungslosen wie „öffentlich“ schlimm betroffenen, weil dauer-attackierten Söhne und deren Familien (mit den Enkelkindern) vollends von ihr zurückziehen.
De Niro & Pfeiffer spielen brillant: Geben mächtig Power. Verbal, von innen. Verwandeln sich prächtig in ihre gesellschaftlichen Oben-Figuren, deren Schuld-Gefühle sich in Grenzen halten. „Man hat mir doch die Kohle immer nachgeschmissen“, wird „Bernie“ einmal sagen, während Ruth eine – auch moralische – Mittäterschaft nur schwer akzeptieren kann. Wir haben Mist gebaut, geben es ja umfangreich zu, aber damit lasst es gut sein, lässt „Bernie“ ein ums andere Mal verlauten. Und die vielen, vielen Geschädigten, die jetzt vor ihrem Leben-Nichts stehen? „Unfall-Opfer“.
Ein starker Film, dessen listige, ständig doppelbödigen Worte, dessen verräterische Gesten und körpersprachliche Bewegungen imponierend aufregen. Faszinieren. Eng verbunden mit der Beschreibung dieses eleganten, gierigen Macher-Money-Milieus. Mit dieser atmosphärischen Abgehobenheit und mit diesem enormen Dollar-Sog. Der wie ein dicker Nebel alles ver-, schlimmer: überdeckt. Und man als Zuseher gebannt denkt, dabei empfindet: Was könnte man mit solch gewaltigen Geld-Summen aus dieser ungerechten Welt alles machen?! Wie könnte man sie erheblich besser gestalten! Doch sicherlich existieren viele dieser Ego-Solisten wie „Bernie“, an welchem Fleck dieser ungerechten Welt auch immer. Ist dieser üblen Geschichte zu entnehmen. Diese „Bernie“ Madoffs lauern und hantieren überall herum, sind keineswegs nur ein amerikanisches Ekel-Phänomen.
„THE WIZARD OF LIES“ – oder: Die filmische Aufarbeitung dieses monumentalen Kapital-Verbrechens der Neuzeit ist hochinteressant, überaus klug-spannend, weiterhin aktuell. Demnächst soll schon wieder eine Finanz-Blase platzen, signalisieren seit geraumer Zeit seriöse Medien. Der Zauber, die Magie der Lügen, geht also wahrscheinlich weiter. Nichts hat sich offenbar geändert, verändert. Der hoch-unterhaltsame Film ist eine „prickelnde“, aber sicherlich vergebliche Dauer-Warnung (= 4 PÖNIs).
Anbieter: „Warner Home Video“