„TANNÖD“ von Bettina Oberli (D/Schweiz 2008/2009; 104 Minuten; Start D: 19.11.2009); die Schweizer Drehbuch-Autorin und Regisseurin vom Jahrgang 1972 wurde hierzulande über ihren 2. Spielfilm „Die Herbstzeitlosen“ von 2006 bekannt (Debüt: „Im Nordwind“/2004). Hier nun adaptierte sie den gleichnamigen Bestsellerroman einer Debütantin: Über eine halbe Million Mal wurde die im Januar 2006 erschienene Novelle von ANDREA MARIA SCHENKEL, einer damals 43jährigen Hausfrau und dreifachen Mutter aus einem kleinen Dorf bei Regensburg, bei uns verkauft. 2007 gab es dafür den „Deutschen Krimi-Preis“; 2008 den „Schwedischen Krimipreis“. „Tannöd“ war monatelang auf Platz 1 der Krimi-Welt-Bestenliste und wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerliste vom „Spiegel“. Die Rechte für das Buch wurden in 11 Länder verkauft. Im thematischen Literatur-Brennpunkt: Ein mysteriöser Mehrfachmord, der sich 1922 im oberbayerischen Dorf Hinterkaifeck ereignete und in der Nachkriegszeit sozusagen neu „aufgerollt“ wird. „Hinter Kaifeck“ hieß in diesem Frühjahr eine (grauslich-schlechte) Mystery-Version von Esther Gronenborn um dieses Thema in der Jetzt-Zeit (mit Benno Fürman und Alexander Maria Lara), die im März völlig floppte.
Jetzt also die „Original“-Adaption und nur mäßig besser. Oberli und Drehbuch-Autorin Petra Lüschow erfinden die Figur der Pflegerin Kathrin „aus der Stadt“ neu. Sie ist die Tochter einer angesehenen, verstorbenen Magd und will eigentlich nur „die Angelegenheiten“ regeln. Zwei Jahre sind seit dem bestialischen Massenmord auf dem einsam abgelegenen Hof des „widerwärtigen“ Bauer Danner vergangen. 6 Personen wurden viehisch umgebracht. Der Mörder ist noch nicht gefaßt. Folglich herrschen Unruhe und Mißtrauen in der Gemeinde. Kathrin hört von schlimmen Dingen, bemerkt überall Haß und Furcht. Aber auch unterschwellige, „klammheimliche Freude“ über eine „gerechte Tat“. Und dann kommt sie einem üblen Geheimnis auf die Schliche, das sie höchstpersönlich betrifft. Und belastet. Der Film von Bettina Oberli ist Hu-Hu- und Ha-Ha-Spuk. Die Figuren sind fast allesamt eindimensional-boshaft und anscheinend „irgendwie belastet“, bewegen sich wie Marionetten und Pappnasen als Lehrer, Pfarrer, Hausierer, Bauernklotze und „Hexen“, reden viel Stuß, lassen kaum Nähe und Anteilnahme zu. Keine Charakter-Kräfte, sondern schuldgeplagte, gestörte Deppen. In Seelen-Trübnis. Was in Mutmaßungen, Tratsch und Klatsch ´rüberkommt, wirkt konstruiert, aufgesagt, narrisch. Immer wieder dunkle Wald-Bilder, durch die aufgeschreckte Menschen flitzen, oder rauschende Groß-Tannen mit Blau-Stich als Hokuspokus-Melder, erzeugen keine Spannung, sondern Langeweile. Während diese bigotte religiöse Kälte-Dauerstimmung, mit diesen genuschelten Ewig-Gebeten, auch nicht gerade originell anmutet, als ständiges Lauf- und Ton-Band.
Ein Heimat-Krimi mit vielen Heuchel- und Lügen-Schwingungen, der einfach nicht funktioniert. Weil hier Niemand und Nichts von besonderem Interesse ist, die düstere Atmosphäre bald schon nur-ermüdet; der Film „Tannöd“ als eine Art „böses Bauerntheater“ daherkraxelt . Mit viel bayerischer Ödnis, dramatischer Musik, einem schwarzen Hund, der erschlagen wird, und die immerwährende Schuldig-Gewissensstimmung des „belasteten“ Personals. Da kann sich die gute MONICA BLEIBTREU als „Hexe“ Traudl mit Durchblick in ihrer letzten Rolle noch so anklagend abstrampeln und deftig aufplustern; es wirkt nur albern, überdreht, aufgesagt. Vergebliche Liebesmüh. Während JULIA JENTSCH (vielfach preisgekrönt für ihre Titelrolle in/als „SOPHIE SCHOLL – Die letzten Tage“; davor „Die fetten Jahre sind vorbei“; zuletzt „Effi Briest“) als Kathrin völlig fehlbesetzt wirkt mit ihrem fortwährenden „Amateurstaunen“. Ein kraft- und saftloses „Herumeiern“. „Tannöd“ ist die völlig mißratende Verfilmung eines begeisternden Buchs (= 1 PÖNI).