„TAGEBUCH EINES SKANDALS“ von Richard Eyre (GB 2006; B: Patrick Marber; nach dem Roman „Notes on a Scandal“ von Zoe Heller/2003; K: Chris Menges; M: Philip Glass; 92 Minuten; Start D: 22.02.2007); der als Intendant des Londoner „Royal National Theatre“ über 100 Produktionen betreute und 27mal selbst Regie führte. Seine letzten Kinofilme waren die vielgepriesenen Werke „Stage Beauty“ (2004/so etwas wie „Shakespeare in Love 2“) und „Iris“ (2001/“Oscar“ für Jim Broadbent; Nominierungen für Judi Dench und Kate Winslet). Sein neuester Film basiert auf dem 2003 veröffentlichten Roman „Notes on a Scandal“ von Zoe Heller (in Deutschland 2006 unter dem Taschenbuch-Titel „Tagebuch einer Verführung“ erschienen und jetzt unter dem deutschen Film-Titel wiederveröffentlicht).
Inhalt: Barbara Covett (JUDI DENCH) ist ein verbitterter alter Drachen. Die sich als kurz vor der Pensionierung stehende Lehrerin an ihrer Londoner Schule mit rigoroser Hand Respekt verschafft. Was sie hinter ihrer „eisernen Maske“ verbirgt: Barbara ist ein völlig vereinsamter, sich tief nach Zuneigung/Freundschaft/Ansprache sehnender verzweifelt-zynischer Mensch. Wenn sie allerdings einen Menschen gefunden hat, der es mit ihr „beginnt“, wird sie extrem aufdringlich, wird dieser von ihr völlig bzw. rundum-rücksichtslos vereinnahmt.
Sheba Hart, die neue, schöne Kunstlehrerin (CATE BLANCHETT), ist ein „solcher Mensch“: Naiv-bewusst geht sie eine Affäre mit einem ihrer Schüler ein, was die ihre „Chance“ witternde Barbara nun für sich listig-hinterhältig „zu benutzen“ weiß.
Der bei der soeben zu Ende gegangenen Berlinale im Wettbewerb/außer Konkurrenz präsentierte Film ist ein meisterliches Psycho-Duell. Bei/in dem es weniger um spektakuläre Aktionen oder um schrille Töne geht, sondern um das leise, bedrohliche Handeln und „Kämpfen“ zweier spannender Frauen-Seelen. Dass dies so eindringlich funktioniert/unter die Haut geht, ist den beiden weiblichen Hauptakteuren zu verdanken: der wieder einmal einzigartigen, brillanten „Oscar“-Preisträgerin Dame JUDI DENCH (Königin Elizabeth in „Shakespeare in Love“; „Lady Henderson präsentiert“; „M“ in den letzten James-Bond-Filmen) sowie „Oscar“-Preisträgerin CATE BLANCHETT (als Katharine Hepburn in „Aviator“; „The Good German“). Deren Körpersprache/Zwischentöne-Gefühl grandios, aufregend, packend ist. Wobei Judi Dench das prickelnde Kunststück gelingt, für ihre vom Leben enttäuschte, verzweifelte Negativ-Figur Barbara sogar gewisse Sympathien zu erzeugen. Zu Recht sind beide für ihre Darstellung in „Tagebuch eines Skandals“ erneut für den „Oscar“ nominiert worden.
Ein Klasse- Film, dessen stimmige atmosphärische Ensemble-Arbeit wie auch seine musikalische „Begleitung“ (von Philip Glas) ebenfalls sehr beeindrucken. Ein Ereignis von Schauspieler-Glanz-Film (= 4 PÖNIs).