„STROMBERG – DER FILM“ von Arne Feldhusen (D 2013; B + Produzent: Ralf Husmann; K: Johannes Imdahl; 100 Minuten; Start D: 20.02.2014); ich bin „jungfräulich“ in den Film gegangen, will sagen – ich hatte bis dato keine einzige Folge der populären TV-Serie gesehen. Die bei „Pro 7“ zwischen 2004 und 2012 in fünf Staffeln ausgestrahlt wurde und 2006 mit dem hiesigen TV-„Oscar“, dem „Adolf Grimme-Preis“, bedacht wurde. Umso erfreulicher hat mich dann der Film aus den komischen Socken gehauen. Mein definitiver ewiger Bestenfilm ist ja bekanntlich „DER UNTERTAN“ von Wolfgang Staudte (DDR 1951). Mit einem sensationellen wie unvergessenen WERNER PETERS in der Titelrolle. Thema: Der Preußen-Deutsche oder warum wir so wurden wie wir waren und (heute) sind. Seine satirischen Nachfolger im Geiste waren und sind über die Jahre kluge, komische Scharfdenker und Komiker wie Loriot, Gerhard Polt und – ich fasse es nicht: Auch diese opportunistische, angeberische, oft rassistische und voll sexistische Büro-Sau STROMBERG. Kongenial vorgeführt von einem überragenden „Dreckskerl“-Akteur CHRISTOPH MARIA HERBST (der köstliche „Hitler“-Butler in den beiden „WiXXer“-Späßen), der dafür 2006 ebenfalls mit dem „Adolf Grimme-Preis“ in Sachen „Beste Darstellung“ ausgezeichnet wurde. Wenn DER sich andauernd an diesen seinen dämlichen Krawattenknoten fasst, ist es schon geschehen. Man ist einfach, aber rundum „dran“ an dieser sich permanent überschätzenden und dies auch noch voll ausgespielten Reiz-Figur. DEM offensichtlich kein Paroli geboten werden kann. Klar, dass er letztlich d e r geborene Politiker ist. Wird. Also werden soll. Aber erst einmal:
Eine Doku läuft. Hier ab. Das heißt – eine unsichtbare, aber stets präsente Kamera verfolgt sozusagen diesen Mist-Typen Stromberg. Der ist Abteilungsleiter bei der Versicherung „Capitol“. Sektion: Schadensregulierung. Für die Buchstaben M bis Z. Ein TV-Team begleitet ihn bei seinem Büro-, sprich Denk-Alltag. Natürlich möchte er SICH und seine Abteilung in bestem Licht präsentieren. Und gibt sich gerne „jovial“. Merkt dabei nie, wie entsetzlich arschlochhaft er guten Mutes peinlich herumeiert. In Bild und vor allem in Wort. Der indische Mitarbeiter wird ständig „Gandhi“ beäfft. Seinen verhassten, ziemlich spießig- unterbelichteten, aber rangmäßig gleichrangigen Kollegen Berthold „Ernie“ Heisterkamp trickst und mobbt er gerne und oft genüsslich an die Wand. Vor den Mitarbeiter/Innen. Aber „Bernie“ ist auch so etwas von einem Schleimer (gen Oben). Und zudem ein lausiger „Programm-Macher“. Auf der Jubiläumsfeier der Firma. 25 Jahre „Capitol“ will erst gefeiert werden, danach ist personelle „Optimierung“ angesagt. Von wegen: Kündigungen. Stromberg bekommt tatsächlich die Chance, ganz groß herauszukommen. Über die und mit den feudalen Puff-Ritualien der Chefetage.
Diese dauernden 180 Grad-Drehungen. Sich nach jeder „besseren“ Seite orientieren zu können. Diese eigenen Aufwertungen vor laufender Doku-Kamera durch immerwährende Erniedrigungen von Allem und Jedem. Frauen, Behinderte, Ausländer, soziale Randgruppen und vor allem mental schwächeres „Personal“ um ihn herum werden gnadenlos wie selbstverständlich niedergemacht. Als pure Selbstverständlichkeit. Ein Kollege von mir tituliert ihn begeistert als einen „Gefühlslegastheniker“. Stromberg ist taktlos, um einen Chauvi-Spruch nie verlegen, der Überheblichste aller Überheblichen, ein Kotzbrocken der totalen deutschen Anzug-Prächtigkeit. Mit geradezu legendären Sprüchen. Wie „Firmenfeiern sind wie das letzte Abendmahl. Immer zu wenig Weiber; das Essen ist schlecht und am Ende gibt’s Ärger“. Und tatsächlich…..
Man merkt, das (TV-Serien-)Team ist vorzüglich eingespielt. Christoph Maria Herbst spielt den stramm auf die 50 zugehenden Halbglatzen-Schnösel und schamlosen Tyrannen in einer Mischung aus cleverem Idioten und pöbelndem Saubermann. Mit verbalen wie zünftigen Dauerlauf-Exzessen. In vielerlei HinSICHT ist Stromberg so DEUTSCH wie Schweinebraten und Bier. Wobei sein gemeiner Humor in seiner wahnwitzigen, intelligenten Doppelbödigkeit weit und tiefer über Herrenwitze am Stammtisch hinaus wirkt. Schenkelklopfen ist hier nicht angesagt. Vor Lachen. Vielmehr ein komisches Entsetzen. Mit faszinierend bitteren Pointen. Über ein Fettnäpfchen-Festival von der besten Anarcho-Slapstick-Sorte. Ohne Pause. Was für ein darstellerisches Happening. Von diesem grandiosen CHRISTOPH MARIA HERBST. Was für ein charmanter, böser, hemmungsloser Spaß-Sautyp! DEM seine vorzüglichen Mitstreiter wie BJARNE MÄDEL als „tapferer Spießer“ Berthold „Ernie“ Heisterkamp, OLIVER K. WNUK und DIANA STAEHLY als Ehepaar Ulf und Tanja mit dem versauten russischen Adoptivsohn Marvin sowie die hinreißende MILENA DREIßIG als geschiedene Kollegin Jennifer Schirrmann stimmige wie stimmungsvolle Stichwortgeber sind. Genauso wie schließlich der korpulent- feurige CARSTEN MEYER als Alleinunterhalter Günni. Oder der nuancen-pfiffige MICHAEL WITTENBORN als überzeugender „CAPITOL-Vorstand Klaus Klinkhammer“. Sie alle haben sich hier für ein wunderbar ätzendes deutsches Satire-Meisterwerk fein abgerackert, das voll an und in die Birne pfeift.
Bloß mehr DAVON. VIEL mehr. Denn das saukomische Schlimme ist – die Erkenntnis: In JEDEM VON UNS steckt ´ne ganze Menge lächerlicher STROMBERG: (= 4 ½ PÖNIs).