PÖNIs: (5/5)
„SHOOT ‘EM UP“ von Michael Davis (B + R; USA 2007; K: Peter Pau; M: Paul Haslinger; 86 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.09.2007); etwa: „Knall sie ab!“; wörtlich: „Zerschieß‘ sie!“.
Davis, Jahrgang ‘51, ist ein hierzulande gänzlich unbekannter amerikanischer Illustrator, Drehbuch-Autor + Regisseur (bisherige Filme u.a.: „Mein Traummädchen von Nebenan“/Debüt 1996; „Eins, Zwei, Pie – Wer die Wahl hat, hat die Qual“/2000; „Monster Man – Die Hölle auf Rädern“/2002).
Mit seinem neuen Genre-Werk tritt er in die besten Fußstapfen von QUENTIN TARANTINO („Pulp Fiction“/“Kill Bill“): „Shoot ‘Em Up“ ist ein Kugel-Ballett vom Allerfeinsten; ist eine glänzend wie komisch inszenierte, herrlich dauer-unanständige „Baller-Orgie“; ist ein ideenreicher, origineller, scharf-witziger, phantastisch-schmutzig choreographierter ROCK ‘N‘ ROLL-THRILLER-DJANGO-WESTERN: ein Mann. Mr. Smith. Sitzt spätabends auf der Bank an der Bus-Haltestelle. Eine hochschwangere Frau rennt an ihm vorbei. Ihr wütend-grinsender Verfolger scheint Übles im Sinn zu haben. Will die Frau wohl killen. Mr. Smith greift ein. Und wie! Während sie ihr Kind kriegt, zerlegt/zerschießt er die Angreifer. Denn dieser unscheinbare Mr. Smith ist DIE EXPLOSION höchstpersönlich. Ist so heißblütig wie jähzornig, ist ein hartgesottener Gerechtigkeitsfanatiker, der vor allem Karotten/Mohrrüben liebt. Wegen Vitamin B für die Augen, aber AUCH ALS Klasse-WAFFE. Außerdem hält sich Mr. Smith eine intelligente Ratte als Haustier, die in seiner abbruchreifen Behausung bestens „funktioniert“. Mr. Smith ist ab sofort gefordert. Denn die Gangster interessieren sich nicht für die Nunmehr- und bald tote Mama, sondern FÜR DAS BABY. Dieses kleine süße Wesen wollen sie mit aller Macht killen.
Also hilft Mr. Smith diesem kleinen neuen Erdenbürger, nennt ihn OLIVER (nach Oliver Twist), wird dabei zum coolsten Adoptiv-Papa-ALPHATIER in der Geschichte des Action-Films, beschützt natürlich ab sofort den kleinen Bengel vehement. Obwohl die Verfolger nicht aufgeben, im Gegenteil: Je mehr sie dezimiert werden, umso mehr tauchen neue auf. Doch Smith ist cleverer, schneller, härter, ist dabei aber auch KOMISCHER als ALLES, was bisher auf der Leinwand auftrat: Die Bonds/die Jason Bournes dieser (Kino-)Welt werden MIT SEHR VIEL Stimmungs-SCHMACKES „in die Spur“ verwiesen … doch: Was wollen DIE bloß, angeführt von diesem schrecklichen Mr. Hertz (PAUL GIAMATTI), von dem kleenen Oliver? Was hat DER/was bedeutet ER/was IST ES, was so wichtig für diese Fieslinge ist?
„SHOOT ‘EM UP“ oder wie bringe ich die ALLERschärfsten Schieß-Duelle/Baller-Szenen zustande, OHNE dass es blöd, albern, dämlich langweilt??? Antwort: Indem ich, von Anfang an, ALLES dermaßen cool-prollig-dampfend-heiß-übertrieben-anmaßend-frech durchziehe, dass der Spaßfaktor klappt. Duelle während einer Geburt, beim finalen Sex, sogar in der Luft an Fallschirmen und schließlich als DJANGO (= Edel-Schmutz-Western von Sergio Corbucci von 1969/mit Franco Nero in der Titelrolle, der zum Schluss, auf dem Friedhof, mit buchstäblich „blut-roten Fingern“, die Bösen KREUZWEISE ins Jenseits befördert…): eine urige wie pointierte Zitate-Show. Von Jean-Pierre Melville („Der eiskalte Engel“) über die Rache-Western eines Sergio Leones („Spiel mir das Lied vom Tod“) über den willensstarken Underdog-Spezi „Rocky“ über die Schieß-Thriller-Tänze eines John Woo („The Killer“), gemixt mit Django bis Tarantino; es kracht so mit Voll-Erinnerungen, verblüffenden Neu-Dazu-Taten, unterhaltsamer Rock ‘n‘ Roll-Choreographie: DAS IST GENRE-ENTERTAINMENT in Reinkultur; das hat/macht Spaß, besitzt die nötige Kracher-Distanz/den Anarcho-Charme der totalen Übertreibung. Und ist letztlich, als Gipfel des Zynismus, bei dieser „genüsslichen“ Dauer-Ballerei, sogar ein cleveres Plädoyer gegen die Waffenlobby in den USA!!!
Beeindruckend bei dieser cool-schrägen Faszination auch die 3 Haupt-Mitwirkenden: MONICA BELLUCCI („Der Zauber von Malèna“) zeigt als stillende Muttertier-Nutte Herz und Scherz; PAUL GIAMATTI, kürzlich erst als Softie in dem Wein- + Kumpel-Abenteuerfilm „Sideways“ erste Sahne, mimt den amtlichen Attentäter-Schurken mit wunderbar-schelmenhaft-sadistischer Bösartigkeit, während der 42-jährige Beinahe-Neu-Bond CLIVE OWEN aus England (zuletzt „Children Of Men“, davor z.B. „Sin City“) als zynisch-schwarzhumoriger Solo-Engel (mit „netter Wut“ auf unzivilisierte Mitbürger wie z.B. auf eine unflätig ihren kleinen Sohn öffentlich attackierende Mutter) aber so etwas von ironischer Coolness und GROSSartiger Typen-Spannung atmet, dass es Einen kaum im Sessel hält. Ein KAROTTEN-HELD der Superlative.
Also: „Shoot ‘Em Up“, das ist ein herrlich-ungehöriges Ironie-Kracher-Meisterwerk des tabu-brechenden, faszinierend-zweideutigen, STÄNDIG SEHR unterhaltsamen Genre-/ACTION-Kinos (= 5 PÖNIs).