H E Y W I E VORTREFFLICH !: Das Neue KINO-JAHR startet exzellent. Mit gleich – mindestens – ZWEI MUST SEE ! – Neufilmen.
1.) GEWALTIG. Titel = „SEPTEMBER 5 – THE DAY TERROR WENT LIVE“ von TIM FEHLBAUM (Co-B + R; D/USA 2023; Co-B: Moritz Binder; K: Markus Förderer; M: Lorenz Dangel; 91 Minuten; deutscher Kino-Start: 09.01.2025).
Nachspann: Am 5. September 1972 wurde zum ersten Mal ein Terrorakt weltweit live gesendet. 900 Millionen Menschen schauten zu.
Der 5. September 1972 ist der zehnte Wettkampftag der Olympischen Sommerspiele. Erstmals seit 1936 finden sie in Deutschland statt und sind als „heitere Spiele“ annonciert, um der Welt das Bild eines neuen, liberalen Deutschlands zu vermitteln. Doch um 4.40 Uhr hört die Frühschicht des amerikanischen Senders ABC Schüsse aus dem nahegelegenen Olympischen Dorf. Eine Gruppe palästinensischer Terroristen hat elf Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen. Gegen den Widerstand der eigenen Nachrichtenabteilung berichtet das ABC-Sports-Team live über die 21-stündige Geiselnahme. Erzählt wird die Geschichte von GEOFF (Geoffrey) MASON, einem jungen, ehrgeizigen Producer, der sich bei seinem Chef, dem legendären Roone Arledge (PETER SARSGAARD), beweisen will. Mit Hilfe der deutschen Dolmetscherin Marianne Gebhardt (LEONIE BENESCH) übernimmt Geoff unerwartet die Leitung der Live-Sendung. Während die Zeit drängt, widersprüchliche Gerüchte die Runde machen und das Leben der Geiseln auf dem Spiel steht, muss Geoff schwierige Entscheidungen treffen und sich mit seinem eigenen moralischen Kompass auseinandersetzen. Wie soll man über eine solche Situation berichten, wenn die Täter die mediale Aufmerksamkeit für ihre Zwecke nutzen?
Mit „SEPTEMBER 5“ erzählt der Schweizer Regisseur TIM FEHLBAUM („Hell“/2011; „Tides“/2021) die Geschichte des Olympia-Attentats von 1972 aus einer ungewöhnlichen Perspektive. Nie zuvor wurde dieses historisches Ereignis, das zugleich die Stunde Null des transnationalen Terrorismus markiert, aus Deutschland heraus filmisch fürs Kino aufgearbeitet. Was als einfache Sportberichterstattung begann, entwickelte sich an diesem Tag zu einer Live-Übertragung, die die Welt für immer verändern sollte. Das Fernsehteam wird zum ersten Mal mit dem journalistischen Dilemma der Terrorberichterstattung konfrontiert und muss sich fragen, inwieweit ihre Arbeit die Ereignisse beeinflusst. „September 5“ ist ein Film über die Verantwortung der Medien – nicht nur in den siebziger Jahren.
Ein Werk, das heute wirkt. Stark nachwirkt. Über das zu sprechen, denken, handeln sich 2025 lohnt. Dessen Daten, Fakten, Bewegungen, Diskussionen, Beobachtungen, Kommentare vehement einfließen. Als würde es gerade geschehen. Wenn Entscheidungen anstehen. Und getroffen werden. Richtige, falsche.
Von der Deutschen Film- und Medienbewertung wurde „SEPTEMBER 5“ mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ versehen. In der Begründung heißt es, hartnäckig fokussiere sich der Film auf die kleine Gruppe der Journalisten, die versucht, mit dem umzugehen, was sich ein paar hundert Meter von ihrem Standort abspielt. Die politischen Hintergründe des Blutbads blieben dabei Randbetrachtungen, genau wie das fragwürdige Treiben der Polizei. Auch das perfekte Setting trage zur Authentizität des Films bei. Weil „SEPTEMBER 5“ weder die Opfersicht noch die der Behörden einnimmt, sondern das Geschehen aus Sicht der ABC-Mitarbeiter in ihrem Regieraum zeigt, könne er dem Geschehen so außerordentlich nahe sein. Tim Fehlbaums Film wirke wie ein echtes Zeitdokument, und die düsteren, entsättigten Farben und die handgeführte Kamera vermittelten das Gefühl einer Anspannung und Unsicherheit, wie sie auch die Berichterstatter empfunden haben müssen.
Ein Filmsatz kämmt sich heraus: „Hier geht es nicht um Politik. Es geht um Emotionen“. Der Journalist Matt Neglia ummantelt (für nextbestpicture.com) diese filmische Feststellung: Die Frage, wo hier die Grenze gezogen wird, sei heute genauso schwierig wie 1972 und mache „SEPTEMBER 5“ zu einem spannenden und unverzichtbaren Seherlebnis, das herausragende Darbietungen mit einer fesselnden Erzählung verbindet. „SEPTEMBER 5“ gehe über eine bloße historische Nacherzählung hinaus und zwinge die Zuschauer sich eingehend mit Themen wie Macht und Verantwortung auseinanderzusetzen, die der Medienberichterstattung innewohnen. Der Film hinterfrage auf provokante Weise die Rolle des Journalismus in Krisenzeiten und werfe kritische Fragen auf.
„Ein atemberaubendes Kammerspiel“ (SZ /4.-6.1.2025/von Roman Deininger). Überragend. (= 5 PÖNIs).
2.) VERBLÜFFEND. EXTREM. WÜTEND-MACHEND. WAHNSINNIG. PROVOKANT. Titel = „VENI VIDI VICI“ von Daniel Hoesl; Julia Niemann (Ö 2022; B: Daniel Hoesl; Produktion: Ulrich Seidl; K: Gerald Kerkletz; M: Manuel Riegler; 86 Minuten; deutscher Kino-Start: 09.01.2025).
Berliner Presseeinladung vom 29.10.2024: Wir freuen uns, Ihnen den Kinostart der provokanten österreichischen Gesellschaftssatire anzukündigen. Der Film folgt einem Superreichen, der zunehmend fasziniert davon ist, dass für ihn scheinbar keine moralischen oder gesetzlichen Grenzen existieren. „VENI VIDI VICI“ wurde von Ulrich Seidl produziert und feierte seine Weltpremiere am 18. Januar 2024 beim renommierten SUNDANCE FILM FESTIVAL.
„Variety“ meldete dann später: „Ein verblüffender österreichischer Schocker, der Teil des diesjährigen Sundance Film Festivals ist – kam, sah und siegte bei seiner Weltpremiere … Die Sundance- Satire rechnet mit den Epsteins dieser Welt ab“.
Und macht einen wirklich eklig-verrückt. Warum: In diesem Film sind TatortreinigerInnen mehr als einmal gefragt. Denn Patriarch Amon Maynard (LAURENCE RUPP) würde keinem Tier etwas zuleide tun, Menschen allerdings schon. Und so jagt dieser amoralische Superreiche beliebige Personen in einem Spiel auf Leben und Tod. Für seine Work-Life-Balance. Er ist sich sicher, straffrei alles tun zu können, was er will. Um dieses Mindset geht es, von Leuten wie Elon Musk, Jeff Bezos und Donald Trump, der, bevor er 2016 zum Präsidenten der USA gewählt wurde, prahlte: „Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine WählerInnen verlieren“.
Viktoria Maynard (URSINA LARDI) und Amon Maynard sind maßlos reich. Sie führen mit ihren Kindern ein „perfektes“ Leben. Die Welt liegt ihnen zu Füßen, es existiert kein Risiko. Amon, wie gesagt, ist sanftmütig gegenüber Tieren, zeigt sich bei Menschen jedoch gnadenlos. Total kaltherzig. Widerlich brutal. Er hat sich zum netten Hobby gemacht, andere aus sicherer Entfernung zu erschießen. Angst hat er keine, denn sein Familienmotto lautet: „Wer Geld hat, kann sich alles erlauben“. Diese Maxime hat er bereits an seine Tochter Paula weitergegeben, die die nächste Generation der Raubtierdynastie repräsentiert.
Für ihre Gewalttaten werden die Maynards nicht, beziehungsweise nie, zur Verantwortung gezogen, obwohl Gegendarstellungen, journalistische Beweise und Gesetze existieren.
„VENI VIDI VICI“ ist ein Film über Gewinner und Verlierer, Kapitalismus und Werte, Anspruch und Grenzen. Die Gesellschaftssatire haut einen buchstäblich um (= 5 PÖNIs).
3.) EMPATHISCH. INTENSIV. TIEFER GEHEND. Zum Heulen GUT. 107 Titel = „WE LIVE IN TIME“ von John Crowley (GB/Fr 2023; B: Nick Payne; K: Stuart Bentley; M: Bryce Dessner; 107 Minuten; deutscher Kino-Start: 09.01.2025). Normalerweise laufen die Positionen eines Films wie eine Zeitmaschine. Hintereinander. Geordnet. Hier spielt Zeit eine Wirbelrolle. Bedeutet – Zeit ist linear. Doch die Erinnerungen sind es nicht. Sie besitzen keine Zeitleiste und keine Planvorgabe. Als sich Almut (FLORENCE PUGH) und Tobias (ANDREW GARFIELD) begegneten, veränderte dies beider Leben schlagartig. Alles andere als „normal“. Sie verliebten sich, bauten ein Haus und gründeten eine Familie. Und haben etwas mit Dingen zu tun wie: Was bleibt von unserem Leben, wenn wir darauf zurückblicken? „WE LIVE IN TIME“ bemüht sich genau DAS einzufangen: den Zauber, die Besonderheit des Moments. „Irgendwann“ ist nicht bestimmend, sondern, beziehungsweise vielmehr, jeder bewusste Moment prägt ihre Liebes-Gemeinschaft. ZEIT ALS DAS KOSTBARSTE GUT. Darum geht es. Wenn im Dasein von einem Paar „die Eingriffe“ starten. Mit zusammenhängenden Fragen: Sollen wir SO weiterleben oder GANZ ANDERS? Damit ist der Film bei seinen verschiedenen Begegnungen stets eine sofortige Mitnahme von Gedanken, Gefühlen, Problemen. Ohne dabei anstrengend oder verkrampft zu sein. Almut und Tobias erscheinen wie mit Leerstellen besetzt, die von den Parkettbesuchern mit deren Empfindungen zusammengefügt werden. Die beiden Hauptdarsteller harmonisieren beeindruckend in ihrer Sprunghaftigkeit, in Pausen, gefüllt mit Blicken und Gesten, in die wir uns eingemeinden. Das Leben als Rekonstruktion. Atmosphärisch im starken Schweigen. Und = mit: Taschentücher bereithalten. Um dann die Beobachtungen „wirken“ zu lassen.
Ein großartiger Emotionsgigant, das ist diese filmische Überraschung. Motto: Einfach prächtig (4 1/2 PÖNIs).
4.) SEX. KRIMI. HORROR. Titel = „SUBSERVIENCE“ (GEHORSAM). Von S. K. Dale (B: Will Honley; April Maguire; USA/Bulgarien 2023; K: Daniel Lindholm; M: Jed Palmer; 106 Minuten; deutscher HEIMKINO-EuroVideo-Start: 6.1.2025 Video-on-Demand / 16.1.2025 DVD/Blu-ray; FSK ab 16 Jahren). Neuzeit. Mit hochgerüsteten KI-Einheiten. Und dem Paar Nick (MICHELE MORRONE) und Maggie (MADELINE ZIMA). Er ackert als Vorarbeiter auf der Baustelle eines Hochhauses, SIE sorgt sich um die beiden Kinder, um die siebenjährige Isa und den Säugling Max. Als Maggie Herz-erkrankt und ins Krankenhaus muss, kann er sich fürs Zuhause eine KI-Betreuerin besorgen. Also präzise – eine Roboter-Haushaltshilfe kaufen. In Gestalt der flotten, verführerischen Alice (MEGAN FOX). Doch DIE („Ich bin stark, bin müde, bin fleißig“) übernimmt mehr und mehr im Verlaufe der stressigen Zeit die Oberhand. In Sachen Haushaltsführung. Apropos – Verführt sogar den etwas tumben Nick. In der Dusche. Was natürlich irgendwann-dann zu familiären Komplikationen führt.
Der Titel ist blöd. Warum nicht lieber/verständlicher/doppelbödiger „Gehorsam“? Erst tritt er mehr dusslig denn pfiffig auf. Dann wird MEGAN „Alice“ FOX („Passion Play“) „aktiviert“. Die ihn verführt. Während ER anschließend damit zu tun hat, dass auf seinem Arbeitsplatz die Arbeiter durch Androiden, sogenannten Sims, ersetzt werden, er aber seinen Job aus Versicherungsgründen behalten darf. Jetzt befinden wir uns im Krimi-Milieu. Nick prügelt sich. Mit befreundetem Kollegen. Blöd. Dann zofft Alice herum („Ich muss meinen Hauptnutzer schützen“). Schließlich setzt es Horror-Kabale. Mit Ehe-Zoff-Szenen. Und einer weiterhin energischen Megan „Alice“ Fox.
Na gut. Mit passenden Getränken bringt man sich in Heimkino-Laune. Und ist – etwas – gespannt, was hier noch so alles passiert (= 2 1/2 PÖNIs).
5.) TV = Der sonntägliche „TATORT“ (12.1 /ab 20.15 Uhr) ist diesmal mit dem Kieler Kommissar BOROWSKI Hauptrollen-besetzt. Bin kein Borowski-Fan. Die TV-Kritik folgt nach der Ausstrahlung. Auf allen bekannten Kanälen. Ach so, noch der Titel: „Borowski und das hungrige Herz“. Na denn.
6.) MUSIK = Neulich in der Pinte. Streitthema: DON JOHNSON. Ja, richtig, der von „MIAMI VICE“. DER als James „Sonny“ Crockett von 1984 bis 1989 in der populären TV-Serie auftrumpfte. Aber Don „Sonny“ war auch gesanglich unterwegs. Mit „TELL IT LIKE IT IS“, einem Coversong des Aaron-Neville-Klassikers von 1966, gelang ihm sein größter musikalischer Erfolg im Juni 1989. Meine derzeitige Wochennummer Eins:
Gute Grüße an die DON- & PÖNI-Fans