„PIONEER“ von Erik Skjoldbjaerg (Co-B + R; Norwegen/D/Schweden/Fr/Finnland 2013; Co-B: Hans Gunnarson, Katahrina valen Zeiner, Cathinka Nicolaysen, Nikolaj Frebenius; K: Jallo Faber; M: AIR; 107 Minuten; Start D: 30.10.2014); der 1964 im norwegischen Tromso geborene ERIK SKJOLDBJAERG ist kein Unbekannter in der internationalen Kino-Szene, schließlich machte er gleich mit seinem Debüt-Spielfilm 1997 Furore. Er hieß im Original „Insomnia“ (= lateinisch und englisch für „Schlaflosigkeit“) und bei uns „Todesschlaf“. 2002 kam das von Christopher Nolan inszenierte US-Remake unter dem Titel „Insomnia – Schlaflos“ (mit Al Pacino, Robin Williams und Hilary Swank in den Hauptrollen) hierzulande heraus. Um seinen neuesten Stoff und Film „buhlt“ gerade Hollywood „alias“ George Clooney für ein US-Remake.
Das norwegische Wirtschaftsmärchen, mit dem das kleine Fischerei- und Forstwirtschaftsland in den Wohlstandsolymp dieser Erde aufstieg, begann buchstäblich über Nacht: Am 24. Oktober 1969 stieß man auf die allererste wirtschaftlich nutzbare Erdölquelle in der Nordsee, vor der Küste Norwegens. Der Rest ist Geschichte: Diese Rohstoffvorkommen sind die größten in Westeuropa und machten Norwegen, neben Saudi-Arabien und Russland, zum drittgrößten Öl-Exporteur der Welt. Der Streifen setzt Anfang der 80er Jahre ein. Norwegen plant, die riesigen Bodenschätze zu bergen. Aber die heimische Technik ist dafür nicht ausgerüstet. Also holt man die Amerikaner und deren technisches Know How (buchstäblich) mit ins Boot. Denn damit Menschen überhaupt in dieser riesigen Tiefe von bis zu 500 Metern tauchen und arbeiten können, sind immense Sicherheitsvorkehrungen nötig.
Der ambitionierte Offshore-Taucher Petter (ASKEL HENNIE) begibt sich mit seinem Bruder Knut und zwei weiteren Kollegen dieses norwegisch-amerikanischen Teams in die See, um das neue Gasgemisch zu testen, das für die extreme Nordsee-Tiefe benötigt wird. Dabei passiert ein Vorfall, bei dem der Familienvater Knut stirbt. Die offizielle Ermittlung stellt sogleich fest: Ursache kein Fremdverschulden. Ein bedauerlicher Unfall. Sein Bruder mag dies nicht glauben und beginnt eigenmächtig zu recherchieren. Stößt dabei auf Ungereimtheiten, die sein Misstrauen verstärken. Wer hatte – und hat – hier welche Interessen wirklich? Motto: Was kümmert uns „Sicherheit“, wenn derart viel Geld auf dem Gewinn-Spiel steht. Als er schließlich ein Komplott zwischen hoher Politik und ebensolcher Geschäftemacherei ausmacht, sieht sich Petter selbst in der Bredouille.
Ein spannendes Teil. Das auf tatsächlichen Fakten basiert. Thema: Goldgräberstimmung in Norwegen. Als es damals um gigantischen Profit ging, wurden offenbar viele unerlaubte Mittel bewegt. Gehandhabt. Erst im Dezember 2013 bekamen Angehörige von damals gestorbenen Öl-Tauchern vor dem Europäischen Gerichtshof Recht. Bestätigt wurde, dass es einst durchaus mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen bei den Tauchgängen und panische Angst vor Wirtschaftsspionage gab.
Co-Drehbuchautor und Regisseur Erik Skoldbjaerg setzt auf düstere Atmosphäre und Aufklärungswut. Folgt seinem „normalen“ Schnüffler-Helden Petter wie einem nicht aufzuhaltenden skandinavischen Philip Marlowe-Schnüffler aus den Achtzigern. Erinnert mit seinem packenden Enthüllungs-Krimi an ähnlich gelagerte spannende politische Ami-Aufklärungsfilme wie „Das China Syndrom“ von James Bridges (1979; mit Jane Fonda, Jack Lemmon, Michael Douglas) und „Silkwood“ von Mike Nichols (1983; mit Meryl Streep und Kurt Russell). Als renitenter Störenfried vom Dienst macht ASKEL HENNIE (bekannt aus „Jo Nesbos Headhunters“/2011) eine präsente Figur. Ohne Heldenschein. Dafür mit Sturheit und viel Gerechtigkeitswillen ausgestattet.
Ein interessanter Typ in einem sehenswert- unterkühlten Polit-Thriller aus Norwegen (= 3 ½ PÖNIs).