OPERATION DUVAL – DAS GEHEIMPROTOKOLL

PÖNIs: (4/5)

„OPERATION DUVAL – DAS GEHEIMPROTOKOLL“ von Thomas Kruithof (B + R; Fr 2016; K: Alex Lamarque; M: Gregoire Auger; 90 Minuten; deutscher Kino-Start: 23.11.2017); von weitem sieht es aus, als würde Ulrich Mühe als Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler („Das Leben der Anderen“) abhören. Beim genaueren Hinsehen erkennen wir den französischen Star FRANCOIS CLUZET („Ziemlich beste Freunde“). Er spielt auch einen protokollierenden Abhörer, der für eine obskure Organisation tätig ist. Was er da macht und (ab-)hört, ist ihm ziemlich egal, zunächst jedenfalls, denn für ihn ist es wichtig gewesen, endlich wieder einen Job und wieder Struktur in sein Leben zu bekommen. Der frühere Unternehmensberater Duval hatte nämlich vor zwei Jahren „einen Umfaller“, Burnout, auch wegen Alkohol, und ist danach nicht wieder auf die beruflichen Beine gekommen. Also kam dieses Angebot von einem gewissen Clément gerade richtig. 1.500 Euro die Woche, in einem kargen Zimmer an der Schreibmaschine Bänder mit Telefonmitschnitten ab-, besser: aufschreiben. Zwischen 9 und 18 Uhr. Anfangs hört sich alles noch harmlos an, dann wird es heikel. Offensichtlich ist nun bei den Aufnahmen von Geiselnahme, der bevorstehenden Wahl und möglicherweise sogar von einem Mord die Rede. Als er aussteigen will, ist es zu spät: Duval ist in das Räderwerk der Politik, der Justiz und der Geheimdienste geraten.

Im Original heißt der Film übersetzt: „Die Mechanik der Schatten“. Ein unbescholtener, disziplinierter Bürger plant nur sein Ein- und Auskommen, ist eigentlich eine ziemlich normale, vor allem aber unwichtige Figur und ohne Bedeutung im gesellschaftlichen Kreislauf zwischen Mächtigen, also Planern und Entscheidern, und Untertanen. Doch auf einmal ist er „Monsieur Wer“, eine Bedeutung wird ihm auf-oktroyiert – und schon sitzt der überforderte Unbescholtene mitten drin im rätselhaften kriminellen Schlamassel. Während draußen der Slogan des wahrscheinlich nächsten französischen Oberhaupts auf den Plakaten grölt: „Frankreich ist wieder da!“

Das Gesicht, das muss man erleben. Genießen. Bewundern. Bestaunen. Der formidable Minimalist Francois Cluzet als Duval in einer Art Kafka-Figur (ähnelnd etwa dem Josef K. in „Der Prozess“). Inmitten eines Räderwerks taumelnd, das ihn nur zu benutzen beabsichtigt. Als er dies mitbekommt, muss er versuchen, etwas schlau(er) zu sein.

Von Ende 1967 bis Ende der 1970er Jahre wurde das traditionelle Hollywood-Kino von sogenannten New Hollywood-Produktionen modernisiert. In allen Genren wurden neue Versuche gestartet, kritische Gedanken zu formulieren, spannende Gegenwartsfilme herzustellen und heikle Verschwörungsthriller („Die drei Tage des Condor“) zu platzieren. Natürlich: „Easy Rider“, natürlich „Brennpunkt Brooklyn“, natürlich „Der Dialog“ von Francis Ford Coppola, mit Gene Hackman als Abhörspezialisten. Besonders an diesen Thriller erinnert „La mécanique de l’ombre“ des Debütanten Thomas Kruithof. Er benötigt keine Action-Dramaturgie, um zu beunruhigen, sondern ist ungemein subtil-faszinierend und atmosphärisch-dicht wie erschreckend: Mit diesen Nadelstreifen-Gefährdern, den konspirativen Begegnungen in Tiefgaragen und, natürlich, mit seiner an sich integeren, aber nun stark verunsicherten Bürger-Figur Duval. Während der effektive Soundtrack die beklemmende Stimmung superb anheizt.

„OPERATION DUVAL – DAS GEHEIMPROTOKOLL“ ist ein Spitzen-Außenseiter-Thriller aus dem einmal mehr wandlungsfähigen, kreativen wie hochspannenden Filmland Frankreich (= 4 PÖNIs).

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