PÖNIs: (3,5/5)
„MESSER IM HERZ“ von Yann Gonzalez (Co-B + R; Fr 2017; Co-B: Cristiano Mangione; K: Simon Beaufils; M: M83; 102 Minuten; französische OF mit deutschen UT; deutscher Kino-Start: 18.07.2019); das Genre: Der Giallo. Aus dem Italienischen stammend: giallo = „gelb“. Wurde in den 1960ern begründet und hatte in den 70ern seinen Höhepunkt. Als spezifisch italienisches Subgenre des Thrillers, „angespornt“ von Hitchcocks „Psycho“. Die Handlung dreht sich zumeist um die Aufdeckung einer Mordserie. Für die Gewichtigkeit eines Giallo-Werks ist es notwendig, dass er sich mit detailierten Mordszenen „befasst“ und stilvolle Kamerabilder, extreme Ausstattung und eigenwillige Musik betont. Im Mittelpunkt steht oft ein – häufig maskiert auftretender – Serienmörder, dessen Taten in der Regel im Zusammenhang mit einer psycho-sexuellen Pathologie stehen und der unter deutlich ritualisierten oder fetischisierten Vorzeichen (schwarze Handschuhe; phallische Tatwaffen) mordet. Filme von Mario Bava („Blutige Seide“) und Dario Argento („Rosso – Farbe des Todes“) prägten das Genre einst nachhaltig.
Es ist soweit. Fragen – überflüssig. Aus das Gehirn. Jeglicher Versuch, in den Bildern eine herkömmliche Handlung auszumachen, wird bestraft. Mit noch mehr gefühltem „Unfug“. Das, was wir sehen, ist das, was wir sehen. Empfinden. Sollen. Mehr is‘ nicht. Wenngleich – es reicht ja auch „so“: Paris. Sommer 1979. Anne (VANESSA PARADIS/“Joe Le Taxi“ von 1987, als sie 14 war; läuft auch heute weiterhin in den 80er-Erinnerungen der Sender) verdient ihr Geld als Produzentin und Regisseurin von Schwulen-Pornos. Anne ist gestresst, weil ihre Freundin Lois, die auch ihre Cutterin ist, sie gerade verlassen hat. Um sie zurückzugewinnen, macht sie sich an einem ambitionierten neuen Projekt zu schaffen. Doch eine brutale Mordserie überschattet den Dreh: Ein mysteriöser Killer mit einer furchterregenden Latex-Maske dezimiert, bewaffnet mit einem Dildo mit Schnappklinge, Cast und Crew. Die Polizei, kannste vergessen. Also versucht Anne selbst den Killer „herauszufordern“. Taucht ein. Und ab. In das Rot-Licht.
Fantasie, Perversion in Übertreibungs-Pose: Was sich inhaltlich so eigentlich schlüssig anhört, ist das Bemühen, Trash-Fetzen von Bewegungen, Gedanken in einer Hard Core-Parallelwelt in Zusammenhang zu bringen. Nichts ist logisch, stringent, eins. Viel mehr: Extravaganz, Fieber-Rhythmus, Künstlichkeit. Ausufernde Geilheit. Atmosphärische Musik. Während aus dem Thriller ein Melodram quillt. Ein plakativer, hypnotischer Sog. „Kinky und kitschy!“, meint „Variety“. „Ein irrer Mix aus Slasher, Komödie, schwulem Emanzipationskino und erotischer Fantasie“, stand in „Le Monde“ anlässlich der Weltpremiere am 20. Mai 2018 bei den Filmfestspielen von Cannes (= 3 1/2 PÖNIs).
P.S.: Und Raben… Raben tauchen auch immer wieder auf. Offensichtlich: zahm.