„MARCELLO, MARCELLO“ von Denis Rabaglia (Schweiz/D 2008; 97 Minuten; Start D: 10.06.2010); nun haben wir sie, schon kurz VOR Beginn der WM, nämlich DIE Alternative zum bevorstehenden Dauer-(TV-)Fußball in Südafrika: Mit dieser charmanten, gefühlvollen, witzigen „Romeo und Julia“-Bunt-Komödie erfüllt der Schweizer Drehbuch-Autor und Regisseur des Jahrgangs 1966 alle unterhaltsamen Voraussetzungen für ein sommerliches „Gegen-Vergnügen“ zum kommenden täglichen Ball-Spiel. Der auch bei uns mit seinem Film „Azzuro“ (2000) bekannt gewordene Filmemacher (zuletzt „Nur keine Panik“/2006) hat einen feinen Jux in den leckeren Eis-Geschmacksfarben Vanille, Erdbeere und Zitrone gedreht, der wie ein italienischer Ohrwurm-Schlager aus den 50er Jahren daherkommt. Und er spielt ja auch dort, in Italien, anno 1956, auf der – fiktiven – Insel Amatrello. Dort gibt es einen uralten Brauch: Um endlich mal ein Date mit einem Mädchen zu haben, dürfen sich junge Männer vor dem Haus der Väter versammeln, deren Töchter soeben 18, also flügge, geworden sind.
Bedingung: Sie müssen den Daddys ein schönes Präsent mitbringen, damit der Erzeuger dann entscheiden kann, mit wem seine Tochter den Nachmittag verbringen darf. (Im Kaffee, wohlgemerkt). Aus diesen vielen ersten Rendezvous sind in Amatrello dann auch bald eheliche Verbindungen entstanden. Allerdings, auch viele – unglückliche. Doch der (ur-)alte Brauch wird nicht angetastet. Marcello, Sohn eines alleinerziehenden armen Fischers, hält deshalb von diesem blöden Brauch überhaupt nichts. Sieht er doch zu viele „traurige Paare“ um sich herum. Und die tristen zwischenmenschlichen Folgen. Seine Einstellung allerdings ändert sich schlagartig, als Elena (ELENA CUCCI, ein hübscher Charme-Bolzen) die Insel betritt. Die Tochter des Bürgermeisters kommt nach langer Abwesenheit justament in jenem Augenblick auf die Insel zurück, in dem sie gleich 18 wird.
Marcello (wunderbar einfach: FRANCESCO MISTICHELLI) ist aufgescheucht. Weil unsterblich verliebt. Aber das Geschenk? Woher nehmen? Keine Puseratze da. Jetzt beginnt die schöne Märchen-Show: Denn der pfiffige Bengel hat DIE Idee. Möchte dem Bürgermeister jenen Hahn aus der Nachbarschaft schenken, der ihm an jedem (ganz) frühen Morgen mit seinem Krähen weckt und ausrasten läßt. Der Hahn gehört dem örtlichen Schlachter. Und DER will für das Tier zwei Flaschen „speziellen Schnaps“ haben. DIE gibt es aber nur noch bei zwei alten Jungfern, die endlich von der eifersüchtigen Schneiderin ihre Hochzeitskleider begehren. Die nun wiederum…., jedenfalls spielen ein „freizügiges Gemälde“, neueste amerikanische Rock ´n´ Roll-Schallplatten, die der Pfarrer konfisziert hat, und noch so manch andere Tausch-Dinge ebenso eine nervenaufreibende Rolle wie ein eifersüchtiger Elena-Konkurrent aus reichem Elternhaus. Marcello jedenfalls lernt in zwei Tagen seine Insel GRÜNDLICH besser und auch sehr viel „näher“, intimer, kennen. Und wir, amüsiert, auch.
Der 1961 im englischen Coventry geborene MARK DAVID HATWOOD hatte als Musiker und Sänger, als Songwriter und Band-Gründer („Red Hot Red“) schon eine erste Karriere hinter sich, als er sich an die Schriftstellerei machte. 2004 erschien sein Roman „Marcello und der Lauf der Liebe“, und das war eine Lektüre, die Lust auf mediterrane Ferienstimmung verströmte. Mit viel Romantik, nett-komischem Personal und Erste-Liebe-Erinnerungen. Für die filmische Adaption seines Romans verfaßte er das Original-Drehbuch, das vom Regisseur und dem Autor Luca De Benedittis filmdrehbuchreif gefertigt wurde. Zu einem fröhlichen Poesie-Album:
„Marcello, Marcello“ ist eine emotionale Kettenreaktion. Zeigt sich als eine augenzwinkernde Tauschbörse. Mit pfiffigen Ideen, listigen Späßen, schönem Schmus. Originellen Typchen. Weil der Regisseur seine Chose laufen läßt, sie von Anfang an viel zu sehr mag als daß er sie zu ernst zu nehmen wagt, funktioniert DAS. Erhält der Film jene liebevolle Leichtigkeit, die wie ein toller Sommerstrauß unaufhörlich blüht. Und weil er seine kleinen wie großen Helden so angenehm unaufdringlich zu führen versteht. Sie nie diffamiert, veralbert, sondern in einer Art liebevoller Umarmung ausschwärmen läßt. Sie entpuppen sich dabei nicht als lärmende Doofköppe wie in so vielem amerikanischem Teenager-Quatsch, auf der Suche nach zotigen Fäkal-Gags, sondern entdecken ihr Potenzial an kessem Temperament und einfallsreichen Willens“kundgebungen“. „Hübsche Fabeln sind auch immer zeitgemäß“, sagt der Regisseur im Presseheft. Und: „Diese erzählt von unserer bisweiligen Unfähigkeit, lächerliche Querelen und Alltagszwist zu überwinden. Wie in allen guten Geschichten liegt auch unserer die Hoffnung für eine bessere Welt zu Grunde“. Ich fühle, sympathisch naiv, ERICH KÄSTNER und bin mit dem filmischen Unterhaltungsergebnis ganz schön zufrieden (= 4 PÖNIs).