PÖNIs: (4,5/5)
In der Dachkammer eines schäbigen Hauses in einer nordenglischen Hafenstadt sitzt das Mädchen Laura, die alle nur LV nennen. LV wie „Little Voice“. Weil sie kaum etwas spricht und sich meistens verschüchtert zurückzieht. Ganz im Gegensatz zu ihrer Mutter Mari, einem ebenso lauten wie ordinären und egoistischen Trampel. Die gerne einen zu viel trinkt und ihre Lover wechselt wie ihre engen, kurzen Kleider. Wenn es zuhause wieder einmal zu sehr grölt, verzieht sich LV in ihre Musik-Welt. Die einst auch die Lieblingsmusik ihres verstorbenen Vaters war. LV kennt die Songs von Judy Garland, Marilyn Monroe oder Shirley Bassey in- und auswendig und kann diese inzwischen auch perfekt imitieren.
Als Mama Mari eines Abends den abgehalfterten Impresario Ray nach Hause abschleppt und der die einzigartige Stimme von LV hört, beginnt das Drama. Ray sieht sich endlich auf Erfolgskurs und will LV auf die Bühne bringen. Und LV sagt auch zu: einmal. Für ein einziges Mal. In Gedenken an ihren geliebten Vater. Ihr Auftritt wird zur Sensation. Doch danach verweigert sich LV wieder. Das Aschenputtel zieht sich in ihr Schneckenhaus zurück und möchte nicht mehr behelligt werden. Was ihre Umgebung in ziemliche – geschäftliche – Verzweiflung treibt.
Regisseur und Autor MARK HERMAN konnte vor zwei Jahren auch hierzulande mit seinem Film „Brassed Off – Mit Pauken und Trompeten“ einen beachtlichen britischen Außenseitererfolg im Kino verbuchen. Sein neuer Film:
„LITTLE VOICE“ von Mark Herman (B + R; GB 1998; K: Andy Collins; M: John Altman; 97 Minuten; deutscher Kino-Start: 24.06.1999) basiert auf einem erfolgreichen Bühnenstück des britischen Autors Jim Cartwright. Mit dem und in dem die 34-jährige Schauspielerin JANE HORROCKS Triumphe feierte. Und Jane Horrocks spielt und ist auch DIE LITTLE VOICE in der Verfilmung. Und wie auch schon auf der Bühne singt sie ihre Lieder selber.
“Little Voice“ von Mark Herman ist wieder so ein kleiner, feiner britischer Spitzenfilm, der zwischen Poesie und Realismus originell wie unterhaltsam und berührend–begeistert. Neben der herausragenden Jane Horrocks überzeugen vorzügliche Akteure wie Brenda Blethyn, Ewan McGregor und Michael Caine als heruntergekommener Agent. In der überzeugenden Mischung aus guter Show und proletarischem Melodram ist der neue Kinofilm „Little Voice“ das erste diesjährige Sommerkino-Highlight! Bedeutet: ein Ereignis (= 4 1/2 PÖNIs).