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Irland hat soeben abgestimmt. Trotz des vehementen Dagegen-Seins der (in Irland traditionell mächtigen) katholischen Kirche haben über 60% der wahlberechtigten Bürger für die gleichgeschlechtliche Ehe ihr Votum abgegeben. Als neues Verfassungsgebot. Da kommt dieser Film gerade richtig. Er spielt zwar nicht in Irland, sondern in New York, behandelt aber „solch“ ein Thema. In einer außergewöhnlich wunderbaren, leisen Art: „LIEBE GEHT SELTSAME WEGE“ von Ira Sachs (C-B, Co-Produzent, R; USA 2014; Co-B: Mauricio Zacharias; K: Christos Voudouris; M: Frédéric Chopin; 91 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 30.04.2015). Am Anfang gibt es das – ansonsten – filmtypische Happy-Ende: Die Hochzeit. Zwischen dem 71jährigen Ben (JOHN LITHGOW) und dem jüngeren George (ALFRED MOLINA). Beide leben seit 39 Jahren zusammen und lassen nun ihre Liebe amtlich „bestätigen“. Was George den Job kostet. Er ist Musiklehrer an einer katholischen Schule, und dort will man ein „derartiges Verhalten“, also die standesamtliche Trauung zweier Männer, nicht akzeptieren. Was ein wohnliches Problem mit sich bringt: Beide können sich ihre Eigentumswohnung, mit den immensen monatlichen Folgekosten, in der New Yorker Mitte nicht mehr leisten. Familie und Freunde leisten Wohn-Hilfe. Dabei müssen sich die Beiden allerdings räumlich trennen. Was emotional natürlich nicht so einfach ist. Dazu kommt, dass man sich nun jeweils inmitten anderer Lebensverhältnisse „befindet. Denn in den dortigen Wohnungen ist zwangsläufig „Beengung“ angesagt. Geduld und Anpassungsfähigkeit lautet das Umgangsgebot der Stunde. Allerdings entsteht aus der bisherigen Routine des Alltags nun auch eine ungewöhnlich neue, interessante Erfahrungszeit. Der Rezensent vom „Film-Dienst“, Franz Everschor, seit vielen Jahrzehnten in den USA lebend, schreibt (in der Ausgabe 10/2015, vom 14. Mai): „Love Is Strange“ (Originaltitel) ist „weit davon entfernt, ein argumentativer Schwulenfilm zu sein. Er ist im Gegenteil einer der selbstverständlichsten Filme über Schwule, die bisher gemacht wurden“. Und hat so etwas von Recht. Hier erwartet uns kein trockener, lieb gemeinter, fahnenträchtiger Streifen der speziellen Botschaftsart, sondern eben ein Film der unaufgeregten, dabei sehr unterhaltsamen Normalweise. (Dass filmisch „so etwas“ überhaupt noch „existiert“, sei spöttisch angemerkt.) Mit faszinierenden Charakteren anstatt polternden Typen. Mit ungewöhnlichen wie verblüffenden Ruhe-Motiven. Szenen werden „ausgespielt“. Nicht schnittmäßig verhackstückt. Auf Tempo gedrillt. Man nimmt sich Zeit für „echte“ Figuren. Deren Gedanken, Entwicklungen. Für das spannend-sensible Mitteilen von Empfindungen. Für faszinierende Seelen-Bewegungen. Bei sämtlichen Beteiligten. Wie zum Beispiel auch beim Sohn von Bens Neffen. Joey (CHARLIE TAHAN). Der in seiner Pubertät Mühe hat, die wohnliche und damit räumliche Einengung zu akzeptieren. Und mit dem neuen Mitbewohner Ben ein ums andere Mal aneinander gerät. Was zu bemerkenswerten „Erkenntnissen“ führt. Auf beiden Seiten. Die Melancholie des Seins in einer charmanten Köstlichkeit. Dabei, nochmal, geht es nicht um explizit Schwule und ihre Befindlichkeiten, sondern um die ganz normalen, allgemeinverbindlichen „Abenteuer“, die im Zusammenleben von Menschen entstehen. Passieren. Bewältigt werden müssen. Auf meinem Notizzettel steht: Emotionales Denken über das Leben und seine erstaunlich vielen komischen Banalitäten. Nicht im Sinne von Schenkelklopfen, sondern mit liebevollem Ironie-Blick. Und in Begleitung von wunderschön passender Chopin-Klaviermusik. Die, augenzwinkernd, bestens eingestimmte Schauspieler grandios kultiviert. IRA SACHS. Jahrgang 1965. Aus Memphis, Tennessee stammend. Studierte an der Yale-Universität, Bachelor Abschluss. Schuf erfolgreiche Kurzfilme (u.a. „The Delta“/1997), bevor er mit eigenen Langfilmen wie „Forty Shades of Blue“ (2005), „Married Life“ (2007/mit Chris Cooper, Rachel McAdams und Pierce Brosnan) und zuletzt „Keep the Lights On“ (2012/“Teddy Award“ bei der Berlinale 2012) viel Aufmerksamkeit erreichte. Seine Filme liefen auf vielen internationalen Festival: „Keep the Lights On“ erhielt 2012 auf der Berlinale, im Rahmen der „Panorama“-Sektion den „Teddy Award“, und auf dem renommierten „Sundance“-Festival ist Ira Sachs mit seinen Filmen Stammgast. Auch „Love Is Strange“ war im Frühjahr im Berlinale-„Panorama“-Programm zu sehen, bevor er bei uns gleich fürs Heimkino gebucht wurde. Im umfangreichen „Making Of“-Bonusmaterial erklärt Co-Drehbuch-Autor, Mit-Produzent und Regisseur Ira Sachs, der nach eigener Aussage seit 30 Jahren in einer guten Beziehung lebt, sein Anliegen: „Ich will Liebe nicht mehr als etwas ansehen müssen, das zwei Menschen zerstört. Ich wollte einen Film über die Schönheit eines gemeinsamen Lebens machen“. Ira Sachs, der auch noch mit der großartigen MARISA TOMEI als Joeys Mutter darstellerisch charmant punkten kann, hat einen herrlich liebevollen Beziehungsfilm geschaffen, in dem ein überzeugendes Ensemble glaubhaft glaubhafte Menschen zum amüsanten Leben erweckt. Während die vorzüglichen Straßen-Bilder von New York von Kamera-As Christos Voudouris die behutsame Atmosphäre „malend“ ergänzen. JOHN LITHGOW erklärt im Bonusmaterial, das er sehr stolz auf diesen „kleinen, zarten Independent-Film“ sei. Die Empfehlung gilt! Anbieter: „Sony Pictures Home Entertainment“ |
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