PÖNIs: (4/5)
„LEERGUT“ von Jan Svérák (Tschechische Republik/GB/Dänemark 2007; B: Zdenék Svérák; K: Vladimír Smutny; M: Ondrej Soukup; 100 Minuten; deutscher Kino-Start: 24.01.2008); der als der erfolgreichste tschechische Regisseur gilt. Der heute 42-jährige ist der Sohn des Zuhause sehr berühmten Drehbuch-Autors und Schauspielers ZDENÉK SVÉRÁK. Seine Filme gewannen mehrere international renommierte Preise: 1989 wurde „Die Ölfresser“ mit dem Studenten-„Oscar“ ausgezeichnet. 1992 wurde „Die Volksschule“ für den „Oscar“ in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert. 1997 erhielt „KOLYA“ den „Oscar“ in dieser Kategorie.
„Leergut“, eine 1,2 Millionen EURO teure Produktion, wurde im Frühjahr 2006 in Prag und Umgebung gedreht. Sie ist quasi als Abschluss der „Lebensalter-Trilogie“ von Jan Svérák zu betrachten, nach „Die Volksschule“, der sich mit dem Thema Kindheit beschäftigte, und „Kolya“, der von der Verantwortung im Erwachsenen-Alter handelte. Hier nun geht es um das Alter im Alter: Josef, ein Charmeur alten Schlages, hat die Schnauze als (Vertretungs-)Lehrer gründlich voll, mit 66 beansprucht er nun die „endgültige Auszeit“/die Pension. Doch schon nach wenigen Rentner-Tagen fällt ihm Zuhause die Decke auf den Kopf, erscheint ihm der „Dauer-Alltag mit seiner Frau“ viel zu langweilig. Sie möchte „gemütlich altersgemäß kuscheln“, er wird von ständiger innerer Unruhe (an-)getrieben und hat zudem nun auch genügend Zeit für „feuchte (Alte-Kerle-)Träume“.
Nach einem kurzen, aber schmerzhaften Zwischenstopp als Fahrradkurier landet er schließlich in der Flaschen-Leergut-Annahmestelle eines Supermarkts. Was seine Holde-Zuhause nur noch argwöhnisch-mürrisch zu kommentieren vermag. Doch Josef blüht hier sichtlich auf. Motto: Die vielen neuen sozialen Kontakte, die Möglichkeiten, bei seinen Mitmenschen „etwas in Bewegung zu bringen“, zum Beispiel in Sachen „glücklicheres (Beziehungs-)Leben“. Doch dann soll die Getränkeannahme wegrationalisiert und durch einen Automaten ersetzt werden…
Sohn inszeniert einmal mehr Papa. Denn der 71-jährige ZDENÉK SVÉRÁK ist hier der temperamentvolle Zampano-Charmeur Josef, der keine Lust auf das öde Nur-Einfach-Alt-Sein verspürt und sich für sein Alters-Dasein einfach eine neue Aufgabe sucht. Sehr zum Leidwesen seiner „überforderten“, genervten Ehefrau, die sich dabei zu sehr „benachteiligt“ fühlt. Aber: Er braucht „Luft zum Weiter-Atmen“ und sucht nach „kreativem Sauerstoff“. Was ihn nicht unbedingt immer als Sympath durchgehen lässt, keineswegs.
Eine warmherzige, menschelnde und dabei fein-augenzwinkernde „schwejk`sche“ Schelmen-Komödie über einen „unruhigen Alten“. Den immer noch die „Lebens-Hummeln“ piken. Der aber weder ein Ehemann-Scheusal noch ein Lebe-Blödmann ist, sondern nur eben weiterhin die pure Lebens-LUST verspürt und dies auch auszuleben versucht/gedenkt. Mit dabei allen emotionalen wie seelischen Problemen/“Schikanen“. Das Kino entdeckt nun AUCH die Alten. Ob neulich „Die Herbstzeitlosen“ (Schweiz) oder kürzlich „An ihrer Seite“ (Kanada/“Golden Globe“ für Julie Christie) oder jetzt auch Hollywood (s. oben/mit Star-Lock-Appeal), die sich am schnellsten vermehrende Generation XXL wird nun von innen wie außen thematisch „abgetastet“. Wie hier. Mit einem lächelnden wie auch mit einem ernsten Auge: sowohl als charmante wie auch als bisweilen überkandidelte Zeitgenossen. Wie hier: „Leergut“ ist eine atmosphärische Prag- wie spielerische Menschen-Komödie über einen „selbstbewussten Ego-Kauz“ und seine Ganz-Schön-Macken.
In der unaufdringlich-fein-lakonischen Ironie-Mischung aus Frechheit, Melancholie und Denkanregung. Mit Tupfern aus kesser Situationskomik, weisem Humor und sanftem Spott. Dabei/dafür trifft der „wunderbare Narr“ ZDENÉK SVÉRÁK genau den richtigen Ton/die passende, völlig überzeugende Körpersprache. Ihm zuzusehen/zuzuhören ist köstlich-vergnüglich. DAS haben seine Landsleute im Übrigen ähnlich gesehen, denn mit über einer Million Kino-Zuschauern (bei gerade einmal 10 Millionen Einwohnern) hat sich „Leergut“ inzwischen zum ERFOLGREICHSTEN TSCHECHISCHEN KINOFILM ALLER ZEITEN gemausert. Man bedenke: mit „solch einem OLDIE-Thema“… (= 4 PÖNIs).
P.S.: Weitere Festival-Erfolge sind noch zu vermelden – „Publikumspreis Cottbus 2007″/“Publikumspreis Karlovy Vary 2007″/“Publikumspreis beim Filmfest Hamburg 2007“! Das filmende Tschechien jedenfalls schlägt in dieser Premieren-Woche das Star-Kino aus Hollywood um Qualitäts-Längen…!!!!