„THE IDES OF MARCH – TAGE DES VERRATS” von und mit George Clooney (Co-B, Co-Prod., D+R; USA 2011; Co-B: Grant Heslov + Beau Willimon; Co-Prod.: Leonardo DiCaprio; 100 Minuten; Start D: 22.12.2011); dieser gut-aussehende Clooney-Typ vom Geburtsjahr 1961 ist auch schlau. Als Schauspieler, als Produzent, als Drehbuch-Autor und als Regisseur. Mal ist er der coole Hollywood-Charmeur vom Dienst („Ocean´s 11-13“), der viel Geld einfährt, mal der kraftvolle, begeisternde Star in besseren Spannungsfilmen („Michael Clayton“; „The American“), mal der Typ für skurrile Figuren („O Brother, Where Art Thou?“; „Burn After Reading – Wer verbrennt sich hier die Finger?“). Und dann ist George Clooney immer wieder auch der politische Film-Aktivist, um auf speziell „amerikanische Gesellschafts-Wunden und -Narben“ aufmerksam zu machen, siehe „Geständnisse – Confessions of a Dangerous Mind“, „Syriana“; „Up in the Air“. Der engagierte liberale „Oscar“-Preisträger wurde im Januar 2008 vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Kimoon, zum „UN-Botschafter des Friedens“ ernannt. In seinem – nach „Geständnisse“ (2002), „Good Night, and Good Luck“ (2005) und „Verlockendes Spiel (2008) – 4. eigenen Spielfilm zeigt sich George Clooney einmal mehr hochpolitisch. Adaptierte das Bühnenstück „Farragut North“ des jungen Dramatikers BEAU WILLIMON, das im Jahr 2008 uraufgeführt wurde. Willimon hatte die Idee für sein Stück im Sommer 2004 entwickelt, als er im Kampagnenstab des Demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Howard Dean während der Vorwahlen in Iowa arbeitete. Er bemerkt im Presseheft zum Film, dass es sich bei seinen Figuren um „fiktive Vermischungen hunderter Charaktere aus der Welt der Politik handelt, die bei verschiedenen Kampagnen meinen Weg kreuzten“. Und weiter: „Aber was immer im Stück erwähnt und nun auch im Film reflektiert wird, ist absolut realistisch: die Bereitschaft Gesetze zu brechen, in Hinterzimmern schmutzige Deals auszuhandeln und den demokratischen Prozess zu manipulieren. Es ist erschreckend, wie weit Menschen zu gehen bereit sind, um am Ende das wichtigste Amt des Landes zu bekleiden. DU WIRST NICHT PRÄSIDENT IN DIESEM LAND, WENN DU SAUBER NACH DEN OFFIZIELLEN REGELN SPIELST“. An den Iden des März – das ist der 15. des Monats – wurde bekanntlich vor rund 2050 Jahren, 44 v. Chr., in der Antike, Gaius Julius Caesar von den Senatoren Roms angegriffen und ermordet. Sogar sein Freund Brutus fiel über ihn her. Seitdem sind die Iden des März das Sinnbild für Verrat, aber auch für den Sturz eines hochrangigen, mächtigen Politikers. Der Eröffnungsfilm vom diesjährigen Venedig-Filmfestival handelt nicht davon, wie heute solch ein Polit-Promi gemeuchelt wird, sondern blickt auf die moralischen Polit-Themen von Loyalität und Integrität. Stellt zunächst eine mögliche neue politische Lichtgestalt in den Blickpunkt amerikanischen Geschehens: Den liberalen Gouverneur Mike Morris (George Clooney). DER will der nächste Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei in den USA werden. Muss sich derzeit aber noch mit einem Partei-Konkurrenten auseinandersetzen. Weil von den Republikanern keine „ernsthafte Gegnerschaft“ zu erwarten ist, wird der Gewinner aus diesem parteiinternen Duell zweifellos der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Und Mike Morris zeigt sich tatsächlich wie wahrhaftig als neue politische Lichtgestalt der USA. Kommt gut ´rüber. Wirkt charismatisch, überzeugend. Hält „gute Reden“: Mit Inhalten wie: „Die Reichen in diesem Land müssen endlich ihren fairen Anteil beitragen“. Tosender Applaus. Yes, we can. Und wir werden es. Tun. Das Land, unser Land, wieder auf Vordermann bringen. Friedlich, ökologisch wie ökonomisch. Und nicht (mehr) kriegerisch. Mike Morris hat es – fast – geschafft. Hat nur noch die Vorwahl in Ohio zu gewinnen. Und dabei hilft ihm sein junger, dynamischer, engagierter Pressesprecher Stephen Meyers (RYAN GOSLING). Der hat es mit scharfem Verstand und beeindruckender Rhetorik zum zweiten Spitzenorganisator „seines Herrn“ gebracht. Weil er an DEN glaubt. Stephen ist Idealist. Und hält Mike Morris für den wirklich „Besten“. Also setzt er sich für ihn ein. Geführt vom eher nüchternen, kampferprobten Kampagnenleiter Paul Zara (PHILIP SEYMOUR HOFFMAN). Alle sind, alle scheinen in der richtigen Spur. Erfolgsspur. Doch dann betritt der Kampagnenleiter des Partei-Konkurrenten, Tom Duffy (PAUL GIAMATTI), den Ring und wuchtet die Geschehnisse um. Völlig um. Ortet die Schwachstellen der Gegenseite. Stellt eine tückische Falle. Und plötzlich ist nichts mehr so wie es war. Plötzlich gelten diese anderen Regeln. Vereinbarungen. Kompromisse. Faule Kompromisse. Die eben noch hochgehaltenen, verkündeten Werte wie Ehrlichkeit, Wahrheit und Glauben verkommen zu hohlen Redefloskeln. Plötzlich ist es so „wie es immer ist“. Und dieser aufstrebende, wache, auf sich so stolze Anfänger Stephen Meyers hat sich nun „groß“ zu entscheiden: zwischen Karriere und Abtauchen, zwischen Verstand und Charakter, zwischen persönlichem Sieg oder bitterer Niederlage. Und dies alles auch wegen des bekannten Sexy-Geruchs um: Wenn die Praktikantin dreimal klingelt. Und fortan ständig aus der Ferne mit-winkt. Gegenwärtig stecken wir in der Diskussion. Global. Ist DEMOKRATIE verbraucht? Aufgebraucht? Ein Auslaufmodell? Am Ende? Weil sie von Vielen gar nicht mehr genutzt, benutzt, erwünscht sei? Die vielen Nichtwähler sprechen eine deutliche Krisensprache. Heißt es. Der Film „The Ides of March“ belegt spannende Gedanken. Sortiert sie. Seziert sie superb. Stellt Beunruhigung nach: Ist Demokratie überhaupt noch „machbar“? Also EHRLICH machbar? Oder gibt es sie nur noch als Abziehbild? Ist sie nur noch Symbol für gestrige Redlichkeit? Und für verkommene Korruption heute? Manipulation? Täuschung(en)? Längst nur noch ein bequemer, ein fauler Spielball für die Reichen? Schlitzohrigen? Für ausgefuchste Spieler? Für Macht-Haber? Für die Macht-Willigen? Nur noch für Klientel? Lobbyisten? Die Marktstärksten? Die Schreihälse? Die Ver-Sprecher? Die Ver-Führer? Sind WIR nicht längst „außen vor“? Von wegen Betäubung, Ekel, Wut, Desinteresse? Gleichgültigkeit? Müdigkeit? Lähmung? Dieser Film jedenfalls mobilisiert faszinierend wie nüchtern: Nix. Bei uns ist diesbezüglich Schämen angesagt. Für viel zu viel banalem Null-Filmplunder. Rubbeldiekatz nochmal. „The Ides of March – Tage des Verrats“ ist ein Klasse-Werk zum guten Hinschauen UND SEHR viel be-denklichen Zuhören. (Viel) Mehr davon (= 4 1/2 PÖNIs). |
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