„FROST / NIXON“ von Ron Howard (USA/GB/Fr 2008; 122 Minuten; Start D: 05.02.2009); einem langjährigen Hollywood-Schauspieler vom Jahrgang´54 („American Graffiti“/1973; „The Shootist“/1976, neben John Wayne in seiner letzten Rolle), der seit 1977 auch als (zunehmend erfolgreicher) Regisseur arbeitet:: „Splash – Eine Jungfrau am Haken“ (1984); „Cocoon“ (1985); „In einem fernen Land“ (1992/mit Tom Cruise + Nicole Kidman); „Apollo 13“ (1995/mit Tom Hanks); „A Beautiful Mind“ (2001/mit Russell Crowe; „Oscar“ als „Bester Film“ + für den „Besten Regisseur“); „Das Comeback“ (2005/mit Russell Crowe) sowie zuletzt „Sakrileg – Der Da Vinci Code“/2006/nach Dan Brown; mit Tom Hanks). Sein neuer Film ist 5fach „Oscar“-nominiert, darunter als „Bester Film“, für die „Beste Regie“, den „Besten Hauptdarsteller“ (Frank Langella) und für das „Beste adaptierte Drehbuch“. Für DAS war der namhafte britische Autor PETER MORGAN (45) zuständig, der für seine Drehbücher zu „Der letzte König von Schottland“ und „The Queen“ (2006/“Oscar“-Nominierung) bereits vielgelobt wurde und der hier sein eigenes, gleichnamiges Erfolgs-Bühnenstück adaptierte (Premiere am 10.8.2006 in London/2007 am Broadway).
Am 9. August 1974 trat der 37. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika von seinem Amt zurück, das er seit 1969 ausübte: RICHARD NIXON (1913-1994). Stichwort: WATERGATE. 1977: Drei Jahre war von Richard Nixon nichts mehr aus seinem kalifornischen Sonnen-Exil zu hören. Nixon war SEHR unbeliebt, im ganzen Land, galt als übler Schurke, weil er weder Einsicht für sein kriminelles Tun zeigte noch eine Entschuldigung an das „amerikanische Volk“ zu richten bereit war. Ganz im Gegenteil: Nixon war uneinsichtig, glaubte sich damals immer noch zu Unrecht verfolgt, gar das Opfer einer Verschwörung seiner höchst zahlreichen politischen Feinde geworden zu sein.
DAVID FROST, Jahrgang ´39, Sohn eines Methodisten-Pfarrers, hatte in Cambridge Literatur studiert, besaß einen unterschriftsreifen Profivertrag vom englischen Fußballclub Nottingham Forest, bevor er dann beim Fernsehen Karriere machte. Als Moderator im polit-satirischen BBC-Programm (1962/63), mit weiteren Satire-Sendungen wie „Frost Report“ (1966/67), in den USA mit Interview-Sendungen („Frost on America“). Ab 1969 war David Frost populärer Gastgeber in Promi-Talkshows („The David Frost Show“), mit Gästen wie Richard Burton, The Rolling Stones und den Bee Gees, arbeitete sowohl in den USA wie auch in Australien. 1977 war der stete Aufstieg des David Frost etwas „ins Stocken“ geraten. Als er auf die Idee verfiel, ausgerechnet mit Richard Nixon ein vielstündiges TV-Interview für ein Millionenpublikum zu produzieren, war allgemein(e) Skepsis angesagt. Zumal Nixon ja gerade nicht als „Plauderer“ bekannt war. Doch Frost blieb hartnäckig. Und schaffte den Deal: 2,5 Mio Dollar Gesamtkosten waren zum Großteil von ihm selbst aufzubringen, da Sponsoren absprangen und TV-Stationen abwinkten; für eine 40köpfige Crew; einen 13seitigen, größtenteils von Nixon diktierten „Arbeitsvertrag“; einem 600.000 Dollar-Honorar für Nixon, plus einer 20%igen Gewinnbeteiligung an allen Einnahmen; für 12 „Sitzungen“, die in einem Haus im kalifornischen Monarch Bay stattfanden, dessen Inneneinrichtung nach Nixons Wünschen hergerichtet war. Nixon glaubte mit diesem „journalistischem Leichtgewicht“ einfaches Spiel zu haben und erhoffte sich „danach“ eine bessere Reputation in der amerikanischen Öffentlichkeit. Und so gingen ER und sein Team guten Mutes „in diese Schlacht“, die sich zu einem LEGENDÄREN REDE-DUELL entwickeln sollte.
Aus fast 29 Stunden Bildmaterial wurden dann 4 x 90 TV-Minuten hergestellt (= die vollständige Interview-Version ist im übrigen 2008 auf DVD veröffentlicht worden und wird in diesen Tagen nochmal „herauskommen“). Obwohl zunächst kein Sender an der Übertragung Interesse zeigte, erbrachten die Interviews – mit über 45 Millionen Zusehern – schließlich die HÖCHSTEN EINSCHALTQUOTEN einer „Nur“-Informationssendung in der Geschichte des amerikanischen Fernsehens. REDEN als KAMPF, als verbaler Box-Kampf. Als Western im Sinne von „Sheriff gegen Outlaw“. Als ungemein spannender THRILLER. Ja, Suspense-Kino in dramatischer Dauer-Stimmung, in einem ganz und gar außergewöhnlichem Format, von geradezu fesselndem, berstendem Unterhaltungsfeuer. Dabei ist es eine kammerspielartige Szenerie, die einfach überragend unterhält: Mit Worten, die permanent zuschlagen, verletzen, erniedrigen, attackieren, bloßstellen, faszinieren, erklären, ausweichen, lügen, heucheln, taktieren, (Plus-)„Punkte“ machen wollen…..unter die Haut und in den Kopf kriechen, ständig aufregen: Bis Einer geschlagen ist. Endgültig. Knock Out. Verbal am Boden liegt und argumentativ nicht mehr aufzustehen vermag. 3 „Runden“ lang sieht Nixon wie der sichere Sieger aus. Ein Sprach-Profi, wenn es darum geht, zu verzögern, hinzuhalten, lächelnd auszuweichen, listig zu taktieren, den Kontrahenten in den gedanklichen Hinterhalt zu locken, um dann „auszuteilen“. „Der Showman“ David Frost scheint DEM nicht gewachsen zu sein, hat ganz schön einstecken und viel Lehrgeld zahlen müssen, doch dann geht es in die „alles entscheidende“ 4. Talk-Runde.
WAS FÜR EIN SENSATIONELLES (Zu-)HÖR-MOVIE!!!!! Was für eine faszinierende Idee, ein DUELL DER WORTE zu entwickeln. An dem auch unpolitische Interessenten ihren großen Spaß haben, weil es auch um aktuell- tägliche, explosive Spannungsthemen geht: MACHT, MEDIEN, MORAL. Dabei wird hier keiner „niedergemacht“, vorverurteilt, an den unmoralisch-moralischen Pranger gestellt, ganz im Gegenteil: Die Fakten, die Argumente, die historischen Figuren sprechen allein(e) für sich: Einfühlsam, nachvollziehbar, kraftvoll. Dicht, packend in JEDEM MOMENT der Vorbereitungen wie „des Kampfes“-dann. DAS kann natürlich alles nur deshalb so prächrtig funktionieren, weil zwei ganz großartige Darsteller IHRE GROßE BÜHNE haben und „leben“. Sie waren auch schon die Erste Besetzung im Bühnenstück und treten hier nochmal GRANDIOS ins Scheinwerferlicht: MICHAEL SHEEN (39), ebenso wie Richard Burton und Anthony Hopkins aus der walisischen Industriestadt Port Talbot stammend und neulich schon als „Tony Blair“ in „The Queen“ amüsierend, spielt David Frost. Mit überzeugender Körperlichkeit und fiebrig-sensiblem Journalisten-Feuer.
Sein Partner zählt zu den renommiertesten und vielfach ausgezeichneten Bühnen-Schauspielern Amerikas: FRANK LANGELLA (68), den wir auch aus vielen (guten) filmischen Nebenparts-her kennen, etwa aus „Dave“, als Gegenspieler von Kevin Kline; oder als Rundfunk-Boß im George-Clooney-Drama „Good Night, and Good Luck“. Wie er hier in diese Rolle/diese historische Figur/ diesen mit allen Wassern gewaschenen Polit-Profi „Tricky Dick“ Nixon `reinschlüpft bzw. mimt (Dick ist eine Kurzform für Richard, aber auch eine Bezeichnung für Schnüffler und das männliche Geschlechtsteil), ist genial-nah, atemberaubend-„gefährlich“, dabei jederzeit menschlich-faszinierend. Diesen verhaßten Nixon nicht als plumpen Schurken, sondern als „spannenden Bösewicht“ in gespaltener Menschengestalt überzeugend-glaubwürdig vorzuführen, zählt zu den überragenden Darsteller-Leistungen der letzten Jahre. Sowohl in der Bewegung wie auch und vor allem „im Ton“. Natürlich müssen in diesem Zusammenhang dann auch ihre vorzüglichen beiden deutschen Synchronstimmen lobend hervorgehoben werden, denn sie leisten beste sprachliche Schwerstarbeit, passen sich stimmlich dem hohen Niveau voll an: OTTO MELLIES („Nixon“ Frank Langella) und MARKUS OFF („Frost“ Michael Sheen). Übrigens, unbedingt auch zu erwähnen: Drumherum agieren weitere darstellerischen Spitzen-Nebenkräfte wie KEVIN BACON, OLIVER PLATT und Sam Rockwell. „Frost / Nixon“ zählt in dieser sich gerade qualitätsmäßig positiv überschlagenden Kino-Saison zu den definitiven Spitzenfilmen. Große MUß-Unterhaltung!!!!! (= 5 PÖNIs).