NOTIZEN zum ersten Beatles-Spielfilm „A Hard Days Night – Yeah – Yeah – Yeah“ vom 07.09.1984
Fingiertes Interview
HUP: George – Wie nennen Sie Ihre Frisur?
George Harrison: Arthur!
HUP: Ringo wären Sie zu einem Gespräch bereit?
Ringo Starr: Wie lang?
HUP: 10 bis 15 Minuten.
Ringo Starr: Zu lang.
HUP: Sag wir 5 Minuten.
Ringo Starr: Auch zu lang!
HUP: Drei…
Ringo Starr: Zu lang!
HUP: Zwei…
Ringo Starr: Zu lang!
HUP: Eine Minute lang!
Ringo Starr: Einverstanden.
HUP: Ringo, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
1964 war ein schlechtes Jahr. Hans-Jürgen Bäumler hatte einen Hit mit ‘Wunderschönes fremdes Mädchen“, Heinrich Lübcke wurde unser neuer Bundespräsident und in Rotchina, so hieß das noch damals im offiziellen Sprachgebrauch, wurde die erste Atombombe gezündet. Es gab erste Skandale mit Oben-ohne-Badeanzüge, der 1. FC Köln wurde Deutscher Fußballmeister und auf der Insel begannen am 12. März die Dreharbeiten zu einem Film, dessen Titel “YEAH! YEAH! YEAH“ hieß. Der vornehmlich in England arbeitende 32-jährige Amerikaner Richard Lester, der bis dahin durch kurzweilige, modisch geschickt verpackte Werbefilme und TV-Komödienserien aufgefallen war, schuf seinen ersten abendfüllenden Kinospielfilm. Und ausgerechnet mit dieser vierköpfigen unappetitlichen Musikgruppe, die sich “The Beatles“ nannte, seit zwei Jahren die Hitparaden stürmte und meistens wegen ihrer pilzkopf-ähnlichen Haartracht Schlagzeilen machte. Und über die kein geringerer als Nikita Chruschtschow, der sowjetische Ministerpräsident, wusste: „Die Beatles sind Neandertaler und Sumpfblüten westlicher Dekadenz!“
Das konnte ja nicht gutgehen beziehungsweise, was sollte dabei schon rauskomnen? Und folglich waren die ersten Kritikstimmen nach der hiesigen Kino-Premiere am 23. Juli 1964 auch verheerend. „Handlungsarmer Schlagerfilm über ein paar Dutzend Arbeits- und Freizeitstunden aus dem Alltag der englischen Beatles…“, äußerte sich abfällig der Rezensent vom katholischen “Filmdienst“ und fuhr damit im Detail voll drauf ab: „Immer noch ist der Film der Gipfel des flüchtigen Tagesruhms. Also so müssen wir die Beatles auf der Kinoleinwand hinnehmen. Der wahrhaft phänomenale Aufstieg der Liverpooler Sängerknaben mit den mädchenhaften Pilzkopfhaarschnitten hätte den Film zu einer soziologischen und psychologischen Aufschlüsselung verleiten können. Aber es langte nicht einmal zu einem flott-schmissigen Unterhaltungsstreifen.
Mein Gott, was war das damals bloß für eine traurige Zeit. Man verstand eben keinen Spaß. Und: Damals brauchte es auch äußerlich nicht allzu viel, um die “anständigen Leute“ zu schockieren: die Haare verwegen ins Gesicht gekämmt, die Ohren halb verdeckt, dazu ein paar respektlose Sprüche, und schon waren die langsam zur Ruhe gekommenen Wirtschaftswunderenthusiasten aus dem Häuschen. Dabei war und ist “A Hard Days Night“, wie der Film heute heißt, eine trocken -ironisch – persiflierende Supershow mit duften musikalischen Slapstick-Elementen, die Debütant Richard Lester mit für damalige Zeiten überraschenden, verblüffenden, unorthodoxen und bisweilen sogar surrealistischen Ideen und Gags versah. Der Newcomer barst förmlich vor Lust und Laune, hatte haufenweise verrückte Einfälle und entpuppte sich, im Vergleich zu dem Kino-Muff bei uns, beispielsweise zu „Happy-End am Wörthersee“, als ein Komödienregisseur erster Güte.
Die Kids waren natürlich happy. Sie schrien sich die Seele vor Begeisterung aus dem Leib, stürmten die Kinos, tobten, brüllten, heulten und fielen reihenweise in Ohnmacht, wenn John, Paul, George und Ringo nur mit den Mundwinkeln zuckten. Und noch ein Plus: Anders als bei so vielen heutigen Eindeutschungen kam die damalige Synchronisation voll an, weil sie sich der Stimmung, dem Rhythmus, dem Tempo des Films voll anpasste. Wolfgang Gruner hielt sich mit Paul McCartney angenehm zurück, Rainer Brandt machte aus John keinen Hampelmann, Wolfgang Draeger, die heutige Woody Allen-Stimme, und Horst Gentzen, der “Sesam-Kermit“, waren bei George Harrison und Ringo Starr stimmlich voll drauf.
Ulrich Gregor nennt in seinem Buch “Geschichte des Films – ab 1960“ diesen irren Unterhalter „vielleicht Lesters brillantesten Film überhaupt“, während der amerikanische Kritiker Andrew Sarris “A Hard Days Night“ 1975 im “International Film Guide“ als den “Citizen Kane“ des Musikautomatenfilms“ bezeichnete. 1984 macht er, ob in der Originalfassung in Dolby-Stereo-Ton oder in dem prächtigen deutschen Ton, jedenfalls wieder mächtig Spaß (= 5 PÖNIs).