FEUCHTGEBIETE

FEUCHTGEBIETE“ von David Wnendt (Co-B + R; D 2012; nach dem gleichn. Roman von Charlotte Roche; K: Jakub Bejnarowicz; 109 Minuten; Start D: 22.08.2013); Achtung Voyeure – hier gibt es nix Anrüchiges zu bestaunen, vielmehr stinkt der Film nur gehörig langweilig ab. Ein neues Film-Gebiet wird dabei abgesteckt: Das SCHEIßHAUS-GENRE. Im wahrsten Sinne. Aber der Reihe nach:

Der gleichnamige Roman von Charlotte Roche erschien hierzulande im Februar 2008 und avancierte mit rd. 2,5 Millionen verkauften Exemplaren zum Bestseller. Dabei ging es um „Schlüpfrigkeiten“ einer 18jährigen in Sachen Körpersaft und Sexualpraktiken. Mit Tabubruch-Geschmack.

Der „dazugehörige“ Spielfilm von David Wnendt („Kriegerin“/2011) ist nett-schweinisch und lahm. Und vor allem feige. Traut sich nicht an eine „richtige“ Roman-Adaption heran. Lässt vielmehr die Protagonistin Helen (CARLA JURI) aus dem Off „unanständig“ quatschen. Erklären. Und provoziert ein wenig mit fein ausgeleuchteten schön-„schmutzigen“ Sequenzen. Als da beispielhaft wären: In der Eingangsszene begibt sich Helen in eine total versiffte öffentliche Toilette. Der Fußboden ist überspült von verschmutztem Piss-Wasser. Der Klodeckel völlig verdreckt. Helen erklärt uns, welch einen Spaß sie jetzt daran hat, „mit meiner Muschi“ diesen verkackten Klodeckel zu säubern. Hygiene sei dank. Ähnliches wird fortan variiert. Wenn mit Gemüse masturbiert wird (Gewinner: Mohrrübe), an Hämorriden freudestrahlend „experimentiert“ wird, ein Tampontausch mit der besten Freundin Corinna (MARLEN KRUSE) „schwierig“ wird und selbige beste Freundin von ihrem Freund dazu aufgefordert wird, ihm auf den Bauch zu kacken. Dabei fließt schon mal – mehr oder weniger – Blut, während Helen an sich weiter gerne „probiert“ und mit unappetitlichem Selbstanfassen und „entsprechenden“ Ausscheidungen hauptsächlich beschäftigt ist. Eine neue Analfrisur misslingt, was einen Krankenhausaufenthalt zur Folge hat. Dort spielt sie ihre „Schritt-Macht“ gegenüber einem naiven, labilen jungen Krankenpfleger genüsslich aus. Und will auch nach der OP nicht so schnell dort ´raus, obwohl Prof. Dr. Notz (EDGAR SELGE) sie gerne entlassen möchte. Als es doch dazu kommen soll, rastet sie einmal mehr heftig blutig aus. (Keine Angst, sieht nicht so schlimm aus wie es sein soll).

Der Grund: Das Mädel ist nämlich traumatisiert. Weil die Eltern sich haben scheiden lassen. Und sie doch die Beiden gerne wieder zusammen sähe. Also rebelliert sie auf ihre Fuck-Weise. Der Papa (AXEL MILBERG/ = in der FAZ-Kritik zum Film „Offroad“ stand am 14.1.2012: „Darsteller wie Axel Milberg haben auf der Kinoleinwand rein gar nichts verloren“) ist ein oberflächlicher Patron. Die Mama (MERET BECKER) eine suizidgefährdete fundamentalistische Katholikin. Also auch „etwas behämmert“. Im Buch ist dies eine Nebenbei-Episode, der Film plustert sich „damit“ auf. Als Zeit- und Alibi-Schiene. Von wegen – das arme Kind. Kein Wunder, dass sie sauer, verstört, irritiert und vor allem bockig ist. Bei SOLCHEN Erzeugern. Da muss sie ja voll angestunken sein und auf Pfui-Baba machen. Feuchte Hand anlegen.

Die Schweizer Schauspielerin CARLA JURI, 1985 in Locarno geboren, gehörte im Februar dieses Jahres zu den zehn europäischen Nachwuchsdarstellern, die im Rahmen der Berlinale zum „Shooting Star“ erklärt wurden. Ein frisches, flottes Girl, das hier als Helen mit vielen Depri-Schüben, kecken „Herausforderungen“ lakonisch hantiert. In der Tat, sie „hat was“. Ist in diesem Kloakenstreich eine mitunter erfreuliche „Bewegung“. Geht aber auch in diesem „Milieu“ hübsch ein. Als Tochter satter, offensichtlich kranker Bourgeoisie. Als gereizte Helen, die sich mit ihrer überkandidelten Aha-Sexualität „austobt“. Behauptet.

Diese filmischen „Feuchtgebiete“ sind koddrig. Freudlos. Langatmig. Völlig banal, überflüssig. Besitzen keinerlei Wert an interessanter Mitteilung. An provokantem Humor. Pointierter Ironie. Stattdessen wird matt „deutsch“, also harmlos – dämlich, unterhalten: Als erbärmliches Kino mit luschigen Körpersaft-Gedanken und blödsinnigen Dazu-Ausführungen (= ½ PÖNI für Carla Juri).

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