DER DUNKLE TURM

PÖNIs: (1/5)

„DER DUNKLE TURM“ von Nikolaj Arcel (Co-B + R; USA 2016; Co-B: Akiva Goldsman, Anders Thomas Jensen, Jeff Pinkner; nach Motiven der gleichn. Romanreihe von Stephen King; K: Rasmus Videbaek; M: Tom „Junkie XL“ Holkenborg; 95 Minuten; deutscher Kino-Start: 10.08.2017); zunächst die einfache Betrachtung: Da ist ein 11-jähriger Junge, Jake Chambers, der träumt jede Nacht schlimme Dinge, von einem Mann mit Revolver und von einem Mann ganz in Schwarz gekleidet. Beide befinden sich in einem Parallel-Universum. Natürlich wird er – einschließlich von seiner Mutter und dem Stiefvater – für verrückt erklärt. Soll in einer speziellen Klinik behandelt werden. Doch in den Personen, die ihn von Zuhause abholen, um ihn in die Anstalt zu bringen, erkennt der Boy „Helfer“ des schwarzen Traum-Mannes. Haut ab, findet in einem New Yorker Haus ein Portal, gelangt dadurch in diese tatsächlich existierende Parallel-Welt, genannt „Mittwelt“, trifft den Revolvermann Roland Deschain (IDRIS ELBA), der unterwegs ist, um „End-World“ zu erreichen, wo sich „der dunkle Turm“ befindet. Das Zentrum der Macht, das alle Universen zusammenhält. Wenn der dunkle Turm fallen würde, könnte auch die Erde nicht mehr existieren. Deshalb muss er den Turm unbedingt vor dem schwarzen Mann erreichen, namens Walter (MATTHEW McCONAUGHEY), der den dunklen Turm zerstören will. Deschain und der kleine Jake (TOM TAYLOR) machen sich also auf den gefährlichen Weg. So in etwa müssen wir uns den Film vorstellen, wenn wir ihn nur als puren Fantasy- und Action-Krawall annehmen. Er wirkt platt gedacht und inszeniert, findet keine klare Erzähl- und Gefühlslinie, wirkt unentschlossen, verhuscht, ermüdend bis langweilig. Schließlich kehrt man, also im Film, in die reale Welt von New York-heute zurück, um das Gewalt-Werk simpel zu beenden. Dies, wie gesagt, die einfache erste Betrachtung.

Die weitere empört viel mehr. Stichwort: Detail-Treue ade. Der erfolgreichste Spannungs- und Fiction-Autor der Welt, STEPHEN KING, Jahrgang 1947, mit weltweit über 400 Millionen verkauften Exemplaren seiner Romane, veröffentlichte zwischen 1982 („Schwarz“) und 2012 („Wind“) acht Romane zu seinem „Dunkle Turm-Zyklus“. „Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm“: mit diesem Signal-Satz beginnt der erste Band der Reihe. Was folgt, ist eine epische Fantasy-Saga mit Western-, Horror- und Science Fiction-Elementen. Und weiteren Mitstreitern als – wie in der Verfilmung – nur den genannten Dreien: Revolvermann, Kind, schwarzer Mann (= den Tod symbolisierend). Auf diese einzugehen geht hier nicht, denn der Film sperrt sie völlig aus. Wie er überhaupt bemüht ist, sich nicht nur aus dem ersten Stephen King-Band „zu bedienen“, sondern auch gleich Motive aus anderen Bänden „mitzunehmen“. Einzubinden. Also überspitzt, man wagte es tatsächlich, die 8 Bände des King-Kult-Klassikers zusammengeschustert in einem 95 Minuten-Film (einschl. Nachspann) unterzubringen. Ergebnis: Was für ein Wahn-Sinn, was für ein Desaster, was für eine Beleidigung für die sagenhafte Vorlagen-Literatur des Spannungs-Meisters.

Taucht man in die sich über viele Jahre hinziehende Produktionsgeschichte von „Der dunkle Turm“ ein, kriegt man auch das Warum mit. Kurz gesagt: (Zu) Viele haben sich hieran versucht, bemüht, wieder versucht. Verschlissen. 2007 verkaufte King an J. J. Abrams („Star Wars: Das Erwachen der Macht“) die Rechte, der aber sah sich nach zwei Jahren außerstande, das Projekt in Angriff zu nehmen. In der folgenden Zeit sollte der zweifache „Oscar“-Preisträger Ron Howard („A Beautiful Mind“) den Stoff realisieren, der heute als Co-Produzent auftaucht. Das Skript wurde in den Jahren vielfach überarbeitet, ganz umgeschrieben, verändert, bis schließlich dem dänischen Drehbuch-Autoren und Regisseur NIKOLAJ ARCEL („Die Königin und der Leibarzt“/2013) die Verantwortung übergeben wurde; mit drei (genannten) Drehbuch-Autoren im Schlepptau. Als Hauptdarsteller waren in der Zwischenzeit namhafte Akteure wie Russell Crowe, Daniel Craig, Christian Bale, Javier Bardem und Viggo Mortensen im Gespräch; schließlich wurde der britische Hüne IDRIS ELBA verpflichtet (zuletzt: „Bastille Day“), der bei uns auch durch seine Darstellung als John Luther in der BBC-Serie „Luther“ bekannt ist und dem dafür 2012 ein „Golden Globe“ zuerkannt wurde. Seinen Revolver-Typen Roland mimt er routiniert als eine robuste, flache Bedienungs-Figur. Ohne Reiz und Tiefe. Als sein Kontrahent tritt „Oscar“-Preisträger MATTHEW McCONAUGHEY („Dallas Buyers Club“), 47, so schlicht wie noch nie auf. Mager und hager steht er nur säuerlich in der Gegend herum, brüllt Befehle: leistet „Überschaubares“. Wenn er sich dann doch mal bewegt: Hokuspokus von der Gebraucht-Stange.

Kopfschütteln ist dauer-angesagt; der Film düstert spannungslos-vorhersehbar vor sich hin und trübt gegen Ende mit einer schießwütigen Action-Orgie völlig ein. Die paar „Gags“ im dann zivilen Heute-New York, geschenkt/verschenkt. Verpuffen umgehend. Der Film „Der dunkle Turm“ ist ein einziges Ärgernis, egal, ob man den Stuss „ohne oder mit King“ betrachtet. „Mit King“ im Kopf allerdings tut er weh, präzise: macht er richtig wütend (= 1 PÖNI).

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