PÖNIs: (4/5)
„CATFIGHT“ von Onur Tukel (B; R + Schnitt; USA 2015/2016; K: Zoe White; M: Chopin, Bach, Mozart, Verdi, Tschaikowsky, Beethoven u.a.; 96 Minuten; deutsche Heimkino-Veröffentlichung: 26.05.2017); was für eine herrlich schräge, konsequent brutale und politisch völlig unkorrekte gemein-komische Entdeckung.
ONUR TUKEL, geboren am 5. August 1972; türkisch-stämmiger US-Künstler. Als Schauspieler, Maler, Autor, Filmemacher und Cutter unterwegs; wird vom Ami-„Wikipedia“ wie folgt beschrieben: „Eine bemerkenswerte Figur in der New Yorker Independent-Film-Community; seine Filme befassen sich oft mit Fragen der Geschlechter und Beziehungen“. Als „seine Filme“ werden Spielfilme wie „House of Pancakes“ (1997), das Vampir-Drama „Drawing Blood“ (1999), „The Pigs“ (2005) sowie die Vampir-Horror-Komödie „Summer of Blood“ (2014) genannt. Sein neues Werk „CATFIGHT“ ist ein Hammer.
Handelt nicht von Vampiren, sondern von Hyänen. Weiblichen Furien namens Veronica (SANDRA OH) und Ashley (ANNE HECHE). Sie kennen sich von der High School, wo sie sich schon überhaupt nicht ausstehen konnten. Aus Veronica ist die Ehefrau eines erfolgreichen Lobbyisten-Rechtsaußen geworden, der in seiner Rüstungsfirma bemüht ist, am bevorstehenden USA-Krieg im Nahen Osten reichlich Dollar-Kohle verdienen zu können. Veronica ist eine typische An-seiner-Seite-Ehefrau, die im Alkohol Flucht sucht und im Übrigen ihren 17-jährigen Sohn vergöttert und fördert. Ashley dagegen hängt als Malerin mit ihren düsteren Bildern (z.B.: „Ein enthauptetes Spermium“) ab.
Im Fernsehen werden ständig wie stupide die neuesten Kriegs“erfolgs“meldungen mit spöttischem Unterton heruntergeleiert, und damit es auch etwas zum Lachen gibt, flitzt dazu andauernd ein Unterhosen-Typ – genannt: „Furz-Maschine“ – pupsend durchs TV-Bild. Ulkig. Zurück zu Veronica & Ashley. Als man sich eines Abends auf einer Nobel-Party über den Weg läuft, Veronica als Mit-Veranstalterin und besoffen, Ashley als genervte Bedienung, gibt es handfesten Zoff. Aber nicht nur etwa „nette Backpfeifen“, sondern eine richtige Prügelei. Mit „allem Drum und Dran“. Die totale In-die-Fresse-Klopperei. Brutal wie blutig. Die Folge: Veronica im Voll-Koma. Liegt ganze zwei Jahre im Krankenhaus. Eigentlich wollte man gerade die Geräte bei ihr abstellen, weil ihre Krankenversicherung ausgelaufen und im kommerziellen Krankenhaus demzufolge für sie kein Platz mehr ist, da wacht sie auf. Und alles ist – scheiße. Der Mann tot (Verkehrsunfall), ihr Sohn hat sich freiwillig zum – neu eingeführten – Militärdienst gemeldet (der vom Präsidenten bereits „frei gemacht“ wurde für Jugendliche ab 17 Jahren) und im Front-Dienst gestorben; sie kommt vorübergehend bei ihrer einstigen schwarzen Haus-Mamsell unter („Sie waren kein Arsch. Sie hatten nur viel Geld“).
Währenddessen ist Ashley zur „Entdeckung“ avanciert, „die wütende Kunst der wütenden Künstlerin“ verkauft sich prächtig. Jetzt ist SIE oben. Plant mit ihrer Lebenspartnerin ein Kind. Alles könnte gut sein, doch dann taucht Veronica auf. Das nächste Duell. Klopft an. Mit umgekehrten Zeichen: 2 Jahre Koma jetzt für Ashley. Und als sie aufwacht, geht es IHR total scheiße. Alles geht fortan „umgekehrt“ weiter. Ashley ist jetzt im Besitz der Arschkarte. Während Veronica auf dem Land, bei ihrer Tante, endlich Ruhe findet. Und sie von ihrer aufgeweckten esoterischen Verwandten die „hippe“ Bedeutung von Bäumen erklärt bekommt: „Dort, Bernie (= Sanders), das ist ‘ne gute Eiche; anmutig und bodenständig“; daneben „Hillary (= Clinton) ist stark, aber nicht sehr vertrauenswürdig“; „Donald (= Trump) heißt hier ein Baum und ist ein Arschloch!“. Während der alte Haudegen an anderer Stelle süffisant verlauten lässt: „Unsere Gesellschaft wertschätzt weder das Leben noch die Erde; es geht nur noch ums Geld!“. Was für eine Ansprache. In dieser Abgeschiedenheit.
In die es schließlich auch Ashley verschlägt, frei nach dem Motto: auf zum letzten Gefecht!
Der selbstverständliche Krieg. Hat im Ami-Land die Denk-Weisen und den sozialen Umgang völlig verändert. „Verrohung“ ist an der Tagesordnung. Motto: Der Krieg hat uns alle zwar reich und wohlhabend gemacht, unsere Waren verkaufen sich besser denn je, nun auch im Nahen Osten, dem neuen riesigen Konsum-Markt, doch „besser“ geht es uns dadurch keineswegs. Lautet die fröhlich-satirische-hinterhältige Botschaft dieses inhumanen, ständig unanständigen, großartig satirischen Films. Mit dem grandios-bösartigen Blick eines klugen, cleveren Filmemachers auf die kaputten inneren wie äußeren Zustände in seiner Heimat. Mit „saftigen“ Prügel-Orgien, wie sie einst nur „Rocky“ Balboa und seine jeweiligen Kontrahenten im Ring veranstalteten. Hier: „messen“ sich zwei Frauen, ohne Rücksicht auf Verluste. Mit dauerhaft „explosiven“ Emotionen. Ohne Ringrichter…
Ein ununterbrochen dampfender, ironischer und dabei völlig unorthodoxer Wut-Film. Ebenso listig wie höchst tief-blickend. Durchtrieben-unterhaltend. Mit zwei „Girlies“ im Dauer-Ring: ANNE HECHE, die ständige Wut-Else, gab einst in der meisterlichen Polit-Satire „Wag the Dog – Wenn der Hund mit dem Schwanz wedelt“ (1997) als US-Präsidenten-Beraterin einige komische Kabarett-Einlagen zum Besten, um im Jahr darauf Harrison Ford in „Sechs Tage, sieben Nächte“ zur komödiantischen Weißglut zu treiben. Hier darf sie sich einmal – im wahrsten Sinne – richtig „austoben“. Mit Partnerin SANDRA OH, bekannt als „Dr. Cristina Yang“ aus der TV-Serie „Grey’s Anatomy“ (2005 gab es dafür den „Golden Globe“), die zwangsläufig wie prächtig „dagegen“ mithält.
Ein wundersamer überhöhter Streich ist „CATFIGHT“; einziges Manko: Leider wurden die Audiokommentare und Interviews im Bonus-Material nicht untertitelt. Was natürlich das Film-Erlebnis „davor“ nicht schmälert: Es existieren tatsächlich noch herrlich sauerstoffhaltige, urige Heimkino-Entdeckungen (= 4 PÖNIs).
Anbieter: „Koch Media“.