PÖNIs: (4/5)
Jetzt ist sie wieder in filmischer Hab-Acht-Stellung. In wütender Laune. Und wir kriegen’s gefühlt. Die 12-jährige Bailey (sensationelles Debüt: NYKIYA ADAMS) lebt mit ihrem älteren Halbbruder Hunter (JASON BUDA) und ihrem Vater Bug (BARRY KEOGHAN) wüst zusammen, mit einer Reihe weiterer Menschen in einem besetzten Haus in der Hafenstadt Gravesend im Norden von Kent, unweit von London. Anstatt sich um sein „Kind“ Bailey zu kümmern, konzentriert sich der Halberwachsene Bug, wenn er nicht gerade zugekokst die Nächte durchfeiert, lieber auf seine neueste Geschäftsidee: Er will aus dem Sekret einer speziellen südamerikanischen Kröte eine halluzinogene Superdroge entwickeln und teuer verkaufen. Nachdem sie im Streit mal wieder von daheim abgehauen ist, trifft Bailey auf den freundlichen Vagabunden, auf den sonderbaren Bird (FRANZ ROGOWSKI), der in Purzelbäumen und im Faltenrock wie aus dem Nichts (als Engel?) auf sie zukommt. In einer Welt, in der sich niemand um sie kümmert, wird Bird zu Baileys engstem Vertrauten. Doch wer ist der sanftmütige Bird wirklich?
In Lauerstellung: Die harte, konsequente Wackelkamera hinterlässt enorme seelische Bird-Spuren.
ANDREA ARNOLD erzählt in und mit ihrem nächsten Outlaw-Streifen eine wüst-berührende und bedrückend poetische Geschichte, die irgendwo zwischen Märchen und Drama einzubinden ist. „BIRD“ hatte seine Weltpremiere im Wettbewerb der 77. Filmfestspiele Cannes und weiß provokant wie aufregend zu gefallen. „Time Magazine“ notierte: „Das ist es, was Arnold gut einfangen kann: Menschen, die einfach ihr Bestes geben, was oft bedeutet, dass sie jede Erwartung übertreffen, ohne es zu wissen. Ihre Großzügigkeit gegenüber ihren Figuren ist auch Großzügigkeit uns gegenüber.“ (= 4 PÖNIs)