AILOS REISE – GROßE ABENTEUER BEGINNEN MIT KLEINEN SCHRITTEN

„AILOS REISE – GROßE ABENTEUER BEGINNEN MIT KLEINEN SCHRITTEN“ von Guillaume Maidatchevsky (B + R; Fr/Finnland/D 2017/2018; K: Daniel Mayer; M: Julien Jaouen; deutsche Erzählerin: ANKE ENGELKE; 86 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.02.2019); französische Filmemacher haben sich schon öfters mit Langzeit-Dokumentationen in Sachen Natur, Ökologie und vor allem TIERE hervorgetan; siehe „Die Reise der Pinguine“ (s. Kino-KRITIK) und „Die Reise der Pinguine 2“ (s. Kino-KRITIK). Außerdem möchte ich diskret auf meinen Text zu einem Beitrag für „Deutschlandradio Kultur“ vom 03.08.2008 verweisen: „Genre TIERFILM“.

Der Franzose GUILLAUME MAIDATCHEVSKY ist ein Wildlife-Filmemacher. Er begann als Biologe, um dann mit der Dokumentararbeit in Richtung Natur zu starten. Maidatchevsky wird als talentierter Geschichten-Erzähler hofiert. Seine ursprüngliche Art, Menschen und Tiere zu erschließen, wurde vielfach auf internationalen Festivals prämiert. Mit „Ailo: Une odyssée en Laponie“ stellt er jetzt seinen ersten dokumentarischen wie spielerischen Kino-Langfilm vor.

LAPPLAND im April. Es ist ein Bild des Herzens: Eine unendliche, schneebedeckte weiße Weite. Ein Rentier wird abseits der Herde im eiskalten Schnee geboren und die Mutter ist dabei ihr Junges zu verlassen. Zurückzulassen. Ist sich offensichtlich nicht sicher, ihr Junges durchzubringen. Und sie muss schnell ihre Herde einholen. Doch dann besinnt sie sich, und Ailo bekommt seine Lebens-Chance. In den folgenden knapp anderthalb Stunden werden wir ihn, seine Mutter und die Herde begleiten auf ihrem Weg zur Nahrungssuche und in Richtung ihres Halbjahresplatzes, auf den Gipfeln wo sie sich alljährlich in den Sonnen-Monaten aufhalten, um sich von Flechten zu ernähren. Ein immer wiederkehrender Zyklus.

Mit dem neugeborenen Rentier, das sie Ailo nennen, hatte das Team um Guillaume Maidatchevsky einen Helden gefunden: „Der Kleine hat keine Klauen, keine Reißzähne, noch nicht einmal ein Geweih. Ich möchte, dass die Zuschauer mit ihm fühlen und ihn beschützen und verteidigen wollen. Man identifiziert sich ganz automatisch mit ihm. Dabei war es mir auch wichtig, die Rentiere nicht übermäßig zu vermenschlichen. Dazu bin ich zu sehr Biologe“ (Guillaume Maidatchevsky im Presseheft).

Der mit faszinierenden Natur- und Landschaftsmotiven prächtig gefüllte Dokumentarfilm, der von Anke Engelkes ruhigem, besonnenen Kommentar „geführt“/begleitet wird, ist das packende Ergebnis einer zweijährigen Beobachtung der Wanderungen einer Rentierherde und ihren zahlreichen „Begegnungen“ mit sehr unterschiedlich „interessierten“ anderen Wildtieren wie Wölfe, Hermeline, Iltisse, Vielfraße, Lemminge, Polarfüchse oder Adler. Und Bären. Oder Schnee-Eulen. Ailo muss, an der Seite seiner (be-)schützenden Mutter, schnell begreifen, wer wie „zu nehmen“ ist. Oder vor wem man besser flieht.

Der Dreh musste sich den Lebensgewohnheiten der Tiere anpassen. Über einen Zeitraum von 16 Monaten waren die Filmemacher dreimal in Lappland, insgesamt 24 Wochen lang, um die wichtigsten Etappen in Ailos Leben einzufangen: die Geburt, die Migration der Rentiere im Frühling und schließlich zu Beginn des Winters die Rückkehr in die Berge. Dabei waren Temperaturen um die minus 40 Grad „auszuhalten“. Weil die Tiere immer in Bewegung sind, musste ihnen das Filmteam hinterherziehen und – genau wie sie – gefrorene Seen, Berge und Flüsse überqueren. Dabei wurde für die Dreharbeiten eine spezielle, schwere Ausrüstung benötigt, die immer so eingesetzt werden musste, dass die Tiere nicht erschrecken. „Ich hätte kein Tier filmen können, dass von uns gestresst gewesen wäre. Wenn ich jemals das Gefühl hatte, ein Eindringling zu sein, habe ich mich zurückgezogen“ (Guillaume Maidatchevsky).

Insgesamt – ein Familienfilm-Programm-Ereignis par excellence: Zum Lernen, Staunen, Begreifen, Mitbekommen, Spaß-Haben, Bilder-Genießen über ein letztes Stück unberührte, vom Menschen – noch – nicht vereinnahmte, ursprüngliche Natur, wo inzwischen – auch – der Klimawandel wie auch die ständigen Abholzungen und die illegale Jagd auf diese Tiere immer mehr bedrohliche Auswirkungen zeigen. So dass es dieser prächtige Naturbewohner immer schwerer hat, seinen Natur-Platz zu behaupten.

Der Film „AILOS REISE“ spricht nicht nur das Herz, sondern viel auch angemessen den Kopf an (= 4 PÖNIs).

 

 

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