DIE LEGENDE VON BARNEY THOMPSON

Es gibt zwei britische Schauspieler, deren Spiel ständig das Prädikat „Überragend“ verdient. Beziehungsweise: Exzellent. Trotzdem sind sie hierzulande immer noch verhältnismäßig unbekannt: EDDIE MARSAN, 48, nur drei von seinen vielen hervorragenden Auftritten in dadurch großartigen Spielfilmen will ich nennen: „Happy-Go-Lucky“ (2008/der nervöse Fahrlehrer); „Spurlos – Die Entführung der Alice Creed“ (2009/als brutaler Kidnapper/s. Heimkino-KRITIK) und „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ (2013/als sensibler amtlicher Nachlassverwalter/s. Kino-KRITIK). Der zweite britische Mime, und um den geht es heute ausführlich, ist ROBERT CARLYLE. Der am 14. August 1961 im schottischen Glasgow geborene Schauspieler war einer der „schlimmen“ Anti-Helden aus „Trainspotting “ (1996); war einer der strippenden Arbeitslosen im Sozial-Drama-Hit „Ganz oder gar nicht“ (1997); bleibt als schizophrener Terrorist (mit Stahlplatte im Kopf) im 20. Bond-Abenteuer „007 – Die Welt ist nicht genug“ von 1999 unvergessen; verkörperte 2003 im Fernsehen Adolf Hitler in „Hitler – Aufstieg des Bösen“; war 2009 ein verzweifelter Pfarrer in der gesellschaftlichen Brutal-Orgie „The Tournament“ (s. Heimkino-KRITIK); spielt seit 2011 den Part des „Rumpelstilzchen“ in der US-TV-Serie „Once Upon A Time – Es war einmal…“. Jetzt hat Robert Carlyle seinen ersten eigenen Spielfilm geschaffen, als Regisseur und Hauptdarsteller. Der Film wurde bei uns gleich fürs Heim-Kino übernommen:

DIE LEGENDE VON BARNEY THOMSON“ von Robert Carlyle (GB/Kanada 2014; B: Colin McLaren; Richard Cowan; nach dem Roman „The Long Midnight of Barney Thomson“/1999; deutsch: „Furcht und Schrecken im Frisörsalon“ von Douglas Lindsay/2000; K: Fabian Wagner; M: Antony Genn, Martin Slattery; 96 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 19.05.2016).

Gleich zu Beginn hören wir ihn aus dem Off jammern: „Mein Leben war schon immer langweilig“: Barney Thomson (Robert Carlyle), seines Zeichens Angestellter in einem kleinen armseligen Glasgower Friseursalon und 50-jähriges Muttersöhnchen. Sein Da-Sein ist eine einzige verzweifelte Mittelmäßigkeit. Barney hängt noch an Mutters Schürze, obwohl DIE ständig an ihm herummeckert, zänkisch ist und ihn nur abschätzend behandelt. Aber dieser Typ findet aus seiner armseligen Haut einfach nicht heraus. Irgendwann ist es seinem Chef zu viel mit diesem Barney-Elend: die Kündigung droht. Was Barney versehentlich ausrasten lässt. Was erst einem, dann auch einem zweiten Kollegen das Leben kostet. Natürlich: Mama-Mama, hilf‘ bitte. Und DIE (EMMA THOMPSON) kann auch hier mit Rat und vor allem „Tat“ ihrem großen Jungen helfen. Schließlich….

Parallel. Bei der örtlichen Polizei. Dieses „abgefuckten Ortes“, wie ständig der von diesem städtischen „Pöbel“-Milieu angewiderte Inspektor Holdall (RAY WINSTON) missmutig tönt. Denn er hat ein Problem. Mit einem offensichtlichen Serienmörder. Der Teile seiner Opfer gerne der Polizei mit der Post zustellt. Der überforderte Holdall steht unter Ermittlungsdruck, die Medien und der spleenige Vorgesetzte (TOM COURTENAY) machen Feuer, und kriegt ausgerechnet „eine Emanze“, wie er sie tituliert, als weitere Vorgesetzte zugewiesen. Also wird seine Polter-Laune noch schlimmer. Zugleich stößt er bei seinen Ermittlungen auf diesen hypernervösen Frisör Barney Thomson. Der sich in seiner Hektik mehr als einmal verdächtig macht. Allerdings profitiert Barney von den internen polizeilichen Miss-„Verhältnissen“, die „saubere“ Ermittlungen mehr behindern denn bedingen.

Zudem: Schandmaul-Mama hat ihren schmutzigen Finger ständig mit im fiesen Provinz-Spiel.

Währenddessen kriegt dieser Barney Thomson andauernd „Fracksausen“, aber komischerweise auch „die Kurve“.

Ein gutes schwarz-komisches Stück Briten-Kino. Mit pointierten Farce-Zuständen, wie sie eben nur die „ausgelassenen Spaßvögel“ von der Insel zustande bekommen: Locker, überkandidelt-vertretbar, durchtrieben. Mit raffinierten Bonmots und unheilvoller Amüsement-Frechheit. Und einigen atmosphärischen wie beiläufigen Tarantino-Düften. Wie zum Beispiel dieser „ulkig“-atmosphärische Wald-Schluss-Radau.

Natürlich: Das urige Ensemble. Den sonst in seinen Rollen oft so bösartig auftretenden ROBERT CARLYLE als Schisser Barney zu erleben, besitzt augenzwinkernden Gemein-Geschmack. Der bullige RAY WINSTON, unvergessen als und in „Sexy Beast“ (2000) oder als blutrünstiger „Mr. French“ in „Departed – Unter Feinden“ (2006), darf hier gegen sein Kraft-Image „nur“ wie verbal-vorzüglich poltern; als dauer-wütender, arroganter Polizist Holdall. Während die zweifache „Oscar“-Lady EMMA THOMPSON („Wiedersehen in Howards End“; „Sinn und Sinnlichkeit“) unter ihrer Maske als extrem-hässliche wie listige Mama-Schreckschraube kaum wieder zu erkennen ist und – offensichtlich genüsslich -einen tollen Schmutz-Glanzpart abliefert.

Was Unterhaltungs-Feines für britannische Schwarzhumor-Genießer: „Die Legende von Barney Thomson“ ist prima-lakonisches Spaß-Kino (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Universal Pictures“.

 

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