HALLO-zusammen,
1.) PÖNI-privat: Man muss sich folgendes vorstellen: Da sitzen zwei Kerle ein paar Wochen lang an jedem Tag gegen Mittag auf der Terrasse vom Café und klönen. Ziehen ironisch her über Gott und die Welt, über die eigenen Befindlichkeiten und Wehwechen sowie - natürlich fach- und sachkundig - über die weltpolitische, ländliche, regionale Lage. Man kommt von dem vielen Babbern und Frozzeln kaum los. Listiges Amüsement pur. Mit witzigen Bonmots. Und deftigen spitzzüngigen Pointen. Viel verschmitztes, hinterhältig-tückisches Lachen ist stets garantiert. Zwei alte Laus-Buben kommen permanent in stimmungsvolle Verbal-Laune, sobald sie sich begegnen. Wo? Wann? Wie?:
Es gibt nichts Interessanteres als interessante Menschen. Spannende Typen. Die kennenzulernen, mit denen Sich-Auszutauschen, eine ständige wahre Freude ist. Weil: Bauch- und Kopf-Pegel stets angenehm berührt werden. In Wallung geraten. Solch einen sympathischen, humorvollen, angenehm-neugierigen Menschen lernte ich vor vielen Jahren auf der ostfriesischen Nordseeinsel BORKUM kennen. Wo ich bekanntlich seit 1983 jährlich mindestens einmal Urlaub mache. Manchmal auch verbunden mit einer Kur. Sein Name: GÖTZ SCHMIDT. Ich lernte Götz im Strand-Bistro "Matrix" kennen, wo er beinahe täglich Schach spielte. Und ich mein zweites Frühstück einnahm. Irgendwann kamen wir ins Gespräch, und ich merkte, die "Chemie" zwischen uns stimmt. Ist "spöttisch"-optimal. Locker. Leger. "Vom Hocker". Götz - seines Zeichens pensionierter Lehrer - mit seiner unbändigen Neugier auf den "unruhigen Städter" mit dem anpflaumenden Lästermaul; Icke mit der Lust, gerne in das "so ganz andere", also mehr besonnene wie völlig entschleunigte Innere eines "Provinz"-Insulaners einzutauchen. Bald schon verstanden wir uns prima. Die tägliche Portion von gegenseitigem Ironie-Häme-Austausch tat uns Beiden richtig gut. Die Lach-Muskeln hatten zu tun. Götz trug zum jährlichen Borkumer Urlaubs- oder Kur-Erfolg mächtig bei.
Und: Götz war überhaupt: Mittelpunkt. Sobald er entweder im "Matrix" oder im "Coffee?"-Kaffee in der Bismarckstraße gegen 11 Uhr Platz genommen hatte, trafen dort auch bald darauf immer "Gleichgesinnte" ein, die entweder mit ihm Schach spielen oder nur eben mal sich gerne mit diesem freundlichen, witzigen Menschen-Typen gemütlich zusammensetzen wollten, um sich über alles Insel-mögliche lästerlich-herb auszutauschen. Wen habe ich dabei alles kennengelernt: zum Beispiel diesen urigen Strandzelt-Vermieter, dessen Namen ich vergessen habe; der ausschaut wie ein Pirat, die Welt abgereist hat, auf Borkum gestrandet ist und jetzt mit einem kleinen schwarzen lieben Dackel zusammenlebt, der ihn nicht aus den Augen lässt und ihn sogar bis zur Bistro-Toilette begleitet, um davor treu und brav auf Herrchen zu warten. Und: Was habe ich nicht alles im Verlaufe der Jahre an "viel Schlimmem" in Sachen Insel-Querelen erfahren. Von wegen Borkum - heile Welt. Dass ich nicht lache. Da zofft es (sich) oft mächtig hinter den (Touristen-)Kulissen. Der scharfe Borkum-Klatsch & -Tratsch, zum Beispiel DER um das Gebäude, wo sich einst zwei gut funktionierende Kinos befanden, meine Güte: Können Insulaner bitter-böse und so etwas von stur und Geld-gierig mit- bzw. gegeneinander umgehen. Heute existiert in Sachen Lichtspiel auf Borkum ja nur noch ein unappetitliches Dauer-Provisorium von (architektonisch-lächerlichem) Kurhaus-Kino.
Aber zurück zum guten Götz: Auch "dazwischen" blieben wir in Telefon-Kontakt. Zwischen Berlin & Borkum glühten so einige Male im Jahr die Drähte. Aus einer touristischen Zufallsbegegnung entwickelte sich über viele Jahre eine herrlich friesisch-berlinerische Freundschaft. Und umgekehrt. Götz adelte jedes Jahr jeden Aufenthalt. Dann wurde er krank. Musste sein geliebtes Borkum verlassen. Am 13. Mai 2017 ist er, auf dem Festland, in einem Heim in der Göttinger Nähe seiner Tochter, im Alter von 78 Jahren gestorben. Die Trauer hält an. Bis heute. Und 2018 war ich das erste Mal seit 35 Jahren in meinem Frühjahrsurlaub nicht auf Borkum.
Guter Götz, es war mir eine große Freude, Dich kennenlernen zu dürfen. Du warst einer jener Menschen, die andere wunderbar zu bereichern verstehen. Vergessen, nein, vergessen werde ich Dich bestimmt niemals, guter Freund.
2.) LITERATUR: Habe ein tolles Buch gelesen. Titel: "DER TOD IST EIN MÜHSELIGES GESCHÄFT". Autor: Der syrische Schriftsteller KHALED KHALIFA. Die Story: Eine Reise durch Syrien. Drei Geschwister transportieren in einem Minibus ihren in einem Damaszener Krankenhaus verstorbenen Vater. Denn sein letzter Wunsch es war, unbedingt in seinem Heimatdorf bestattet zu werden. Was in früheren Zeiten problemlos zu bewerkstelligen gewesen wäre, wird heute, im Krieg, zu einer fast unlösbaren Aufgabe. Mit melancholischer Schmerz-Komik erfahren wir von einem der ungewöhnlichsten Road-Trips überhaupt. Thema: Kinder und Väter, aktuelle Verwüstungen und zeitlose Hoffnungen. "The New York Times" über Khaled Khalifa: "Der aufsteigende Stern in der arabischen Literatur". Ein Roman, so menschlich und so spannend wie das Leben.
Ich wünsche Euch eine erkenntnisreiche Woche. Mit auch viel Fußball-WM-SPIEL-Spaß.
PÖNI Pönack grüßt und bleibt am Ball
***
Pönis Podcast mit ausführlichen Besprechungen der Filme der Woche:
http://bit.ly/poeni_aktuell
Feed zum Abonnieren: http://podcasts.markusdreesen.de/feed/poenis_podcast/
iTunes: nach "Pönis Podcast" suchen