ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN

25 JAHRE “ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN“/25 JAHRE DER JUNGE DEUTSCHE FILM (WDR/08.01.1993)

Wie war das damals: Januar 1968??! Wir um die Zwanzig hatten diese ekligen Nyltest-Hemden abgestreift. Trugen die Haare gegen den Widerstand der Alten tapfer immer länger, schließlich standen die “Beatles“ mit ihren Pilz-Köpfen in voller Song-Blüte. Und dann kam auch noch ein deutscher Film daher, der uns in unserem “Aufruhr“ voll unterstützte:

„ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN“ von May Spils (Co-B + R; D 1967; Co-B: Werner Enke; Rüdiger Leberecht; K: Klaus König; M: Kristian Schultze; Schwarz-Weiß; 81 Minuten; Kino-Start BRD: 04.01.1968). Vorher hatte sie zwei Kurzfilme gedreht und den väterlichen Bauernhof verpfändet. Der Erlös reichte für ein Schwarz-Weiß-Filmchen, das Furore an der Kinokasse und in den Köpfen des Nachwuchses hierzulande machte. Dabei erzählte der gar nichts Weltbewegendes, ganz im Gegenteil.

May Spils filmte ein paar Freunde bei ihrem sommerlichen Treiben im Münchner Stadtviertel Schwabing ab. Und in dieser Welt der Gammler, Trinker, Künstler und verkannten Genies konzentrierte sie sich auf Martin und Henry. Die leben in den Tag hinein und dabei meistens auf Pump. Müßiggang als Pflichtprogramm. Das Leben, eine Abfolge von kleinen, sorglosen Abenteuern. Die Narrenkappe auf und los geht es. Mal auf der Straße, mal im Zoo, mal im Schwimmbad und am Allerliebsten zuhause im Bett. Dann aber taucht Barbara auf. Martin menschelt ein bisschen wie gehabt herum und spürt auf einmal… da ist “mehr“. Aber was?

“Zur Sache, Schätzchen“ sprach vor 25 Jahren genau das Lebensgefühl einer jungen Generation an. Man hatte von der allgemeinen Spießigkeit und speziellen Ordnungsliebe die Faxen dicke. Und: Humor war angesagt. Lachen und Lächeln war plötzlich erlaubt, und das in einem deutschen Film. Werner Enke und Uschi Glas wurden mit ihrem subversivem Charme zu nationalen Kinohelden. “…das wird bös‘ enden“ wurde ebenso zum geflügelten Studentenwort wie etwa “…verflixt, jetzt hab‘ ich doch gefummelt!“ Die „Glas“ ist seitdem “das Schätzchen“ nie mehr losgeworden. Während Munter-Macher und Sprüche-Klopfer Werner Enke ebenso wie Regisseurin May Spils bald wieder in der Münchner Szene verschwanden. Ihr Film aber hatte Signalwirkung: “Zur Sache Schätzchen“, diese kesse Aneinanderreihung von ironischen Wortspielen und pointierten Gags, zählt auch heute noch zum Fröhlichsten, was das deutsche Kino je hervorgebracht. Und fand viele Nachahmer.

Selbst der strenge katholische “Film-Dienst“ zeigte sich damals entzückt und stellte fest: “Das Verhältnis von diskutablen zu uninteressanten oder minderwertigen Filmen beträgt nur noch 1:12“ (= 4 1/2 PÖNIs).

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