WHISTLEBLOWER – IN GEFÄHRLICHER MISSION

Beim heutigen ersten DVD-Film des Jahres 2012 waren vor allem FRAUEN engagiert. Vor wie aber auch hinter der Kamera. Die Credits-Liste nennt überwiegend weibliche Verantwortliche. Der Nachspann erklärt die Notwendigkeit: „Menschenhandel ist eines der am Schnellsten wachsenden kriminellen Gewerbe. Nach Schätzungen sind annähernd 2,5 Millionen Menschen Opfer dieses Handels“. Die meisten von ihnen sind Frauen. Die „profitabel verwertet“ werden. Von Männern. „Der Sex-Handel hat sich mittlerweile ausgebreitet wie Krebs“, heißt es an einer Stelle dieser Low-Budget-Produktion mit dem Titel:

WHISTLEBLOWER – IN GEFÄHRLICHER MISSION“ von Larysa Kondracki (Co-B+R; Kanada/D 2010; 112 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 02.01.2012).

DIE natürlich vor allem nur deshalb zustande gekommen ist, weil namhafte Akteurinnen wie die „Oscar“-Preisträgerinnen RACHEL WEISZ („Der ewige Gärtner“) und VANESSA REDGRAVE („Julia“) sowie MONICA BELLUCCI bereit waren, sich für diesen Debütfilm der Drehbuch-Autorin und Regisseurin Larysa Kondracki zur Verfügung zu stellen. Der von der Drehbuch-Autorin Eilis Kirwan „nach wahren Begebenheiten“ mitgeschrieben wurde. Denn diese Kathryn Bolkovac gibt es wirklich. Dieser Film ist ihren Erlebnissen nachempfunden.

Als WHISTLEBLOWER werden Informanten bezeichnet, die Insiderwissen publik machen, um auf Firmen-Missstände hinzuweisen, um diese anzuprangern und um allgemeine Gefahren abzuwenden. Kathryn Bolkovac (Rachel Weisz) ist beruflich erfolgreich und privat gescheitert. In ihrem Beruf als Polizistin in Lincoln/Nebraska weiß sie gut zu punkten, doch mit der Partnerschaft hatte sie nur Pech. Gerade ist sie das zweite Mal geschieden, und ihre halbwüchsige Tochter zieht mit dem Vater, der die Fürsorgepflicht zugesprochen bekam, und seiner neuen Familie weg. Kathryn würde sich gerne in die Nähe des neuen Wohnortes ihrer Tochter versetzen lassen, doch das erweist sich als schwierig. Zudem belasten sie Schulden. Da kommt das Angebot, für ein halbes Jahr nach Sarajevo in Bosnien-Herzegowina zu gehen, um in einer internationalen Polizeieinsatzgruppe als „Friedenswächter“ mitzuwirken, gerade recht: „100 Riesen, 6 Monate, steuerfrei“, lautet das Angebot. Das sie annimmt. Kathryn wird Teil des „DEMOCRA SECURITY“-Unternehmens.

Diese global agierende Firma, mit Hauptsitz in Großbritannien, wurde von der amerikanischen Regierung hochbezahlt beauftragt, im Namen der USA als Beobachter im Rahmen der UN-Mission vor Ort „den Übergang von Krieg zu Frieden zu begleiten“. Schon bald wird der jungen, „aufmerksamen“ Wächter-Polizistin klar, warum an diesem Ort das Motto gilt: „Frieden ist schwerer zu gewinnen als Krieg“. Immer noch herrschen hier vielfach Gesetzeslosigkeit und individuelle Nachkriegsgreuel. Vor allem Frauen bekommen DAS zu spüren. Doch Kathryn lässt sich nicht vom „Abstand gehört zu unserem Job“ der meisten Kollegen entmutigen. Sie handelt. Sorgt für die erste gerichtliche Verurteilung von häuslicher Gewalt seit Ende des Bosnien-Krieges. Was für Aufsehen sorgt. Und sie in das Amt der Leiterin des Frauen- und Gleichstellungsbüros hieft. Hiefen lässt. Wo sie auf einen ebenso ekligen wie dubiosen Handel mit Frauen aus dem Ostblock stößt. An dem sich scheinbar niemand so „richtig“ stört. Warum, wird ihr im Verlaufe der Ermittlungen bald klar: Weil ebenso Friedenswächter-Kollegen wie Blauhelm-Offiziere wie sogar hochrangige Diplomaten in dieses „attraktive Business“ verwickelt sind: „In Bosnien lacht man über Frauen“ lautet deren einnahmeträchtige Devise. Mit dieser/nach dieser Prämisse pflegt man „guten Handel“. Dieser aber wird nun durch Kathryns Aktivitäten empfindlich „gestört“. Gefährdet. Also „antwortet“ die mächtige Gegenseite „entsprechend“. Kathryn Bolkovac gerät in höchste Gefahr. Steht auf der Abschussliste.

Ein kleiner großer Film. Bärenstark in seinem spannenden Ausdruck von Behördenwillkür und Machtmissbrauch. Vom Vorzeigen der viehischen männlichen „Ich bin der Stärkere“-Gewalt. Dabei nicht aalglatt, auf „Hollywood“ getrimmt, mit Solo-Heldin gegen eine ganze Armada von übermächtigen Feinden, sondern mit klarem, widerlichen Blick auf das Stieg Larsson-„Verblendungs“-Thema: Was Männer Frauen antun, um sich gierig „zu mästen“. Ohne Rücksicht. Im „geschützten“, offiziellen Rahmen: Die Arbeit der „Internationalen Hilfs-/Helfergemeinschaft“ für das ehemalige Jugoslawien ist ganz offensichtlich geprägt von Desinteresse und Korruption. Von umfangreichem Missbrauch. Davon handelt, dies zeigt dieser Film, der auf geradezu ungeheure wie dramatische Einblicke in die Welt internationaler (Friedens-)Missionen blickt. Wie immer und überall geht es vor allem um den lukrativen Zugewinn. Den Profit. Um viel, SEHR viel Money: „Der private Auftragnehmer…macht auch weiterhin Geschäfte mit der US-Regierung, ausgestattet mit Milliarden-Verträgen für sein Engagement im Irak und in Afghanistan“, beginnt der Nachspann.

Ein aufwühlender Thriller. Als großartiger Absichtsfilm. Bei dem SINN wichtiger ist als schwächelndes kino-technisches Know How: Schießereien werden nicht benötigt. Ebenso wenig Heldinnen-Posen. RACHEL WEISZ spielt eine couragierte Frau und „Ordnungshüterin“, deren Entsetzen, deren Fassungslosigkeit über dermaßen Unzivilisiertheit, deren Wut über solche menschenunwürdigen Zustände sich auf Uns-Zusende überträgt. Weil dies eben nicht – schnell wieder abzulegende – Fiktion ist, sondern „ganz in der Nähe“ passiert. Tatsächlich passiert ist. Wie die (leider nicht deutsch untertitelten) Interviews im Bonusmaterial bestätigen. Und weil DIES in den täglichen Nachrichten kaum einmal benannt wird.

„Whistleblower – In gefährlicher Mission“ ist ein außerordentlich wichtiger, packender neuer „Unterhaltungsfilm“ auf DVD. Der DVD-Start ins neue Jahr konnte gar nicht aufregender sein.

Anbieter: „Universum Film“

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