VICTORIA & ABDUL

PÖNIs: (4/5)

„VICTORIA & ABDUL“ von Stephen Frears (GB/USA 2016; B: Lee Hall; nach dem Buch „Victoria & Abdul: The True Story of the Queen’s Closest Confidant“ von Shrabani Basu/2010; K: Danny Cohen; M: Thomas Newman; 112 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.09.2017); gemeinsam mit Meryl Streep und Helen Mirren zählt die heute 82-jährige JUDI DENCH (präzise: Dame Judith „Judi“ Olivia Dench) zu den herausragendsten Schauspielerinnen überhaupt. Der bislang einzige Nebendarsteller-„Oscar“, für ihren 8-minütigen Part als „Königin Elizabeth“ in „Shakespeare in Love“ (1999), ist geradezu ein Witz angesichts ihrer vielen überragenden Premium-Auftritte auf der Leinwand.

In „Victoria & Abdul“ tritt sie – nach „Ihre Majestät Mrs. Brown“ von John Madden aus dem Jahr 1997 – zum zweiten Mal als britische Königin Victoria (*24.05.1819 – †22.01.1901) auf. Die ab dem 20. Juni 1836 nicht nur Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland war, sondern ab dem 1. Mai 1876 zusätzlich den Titel „Kaiserin von Indien“ bekam. Als wir sie kennenlernen, 1886, ist Queen Victoria (JUDI DENCH) 68 Jahre alt und völlig erschöpft. Demoralisiert. Und nun ist auch noch anlässlich ihres Jubiläums als Kaiserin von Indien ein prachtvolles Fest-Essen arrangiert, zusammen mit vielen höfischen Würdenträgern und hohem Ämter-Personal. Die Queen quält sich durch die exquisiten Menü-Gänge, nickt zwischendurch auch schon mal kurz ein, um dann „aufzuwachen“, als ihr ein junger Gesandter aus Indien, Abdul Karim (ALI FAZAL), eine wertvolle Münze überreicht. Der Augen-Kontakt signalisiert gegenseitiges „Interesse“. Und die Königin, die seit dem Tod ihres geliebten Ehemannes Albert im Jahr 1861 sich immer mehr abkapselte und sich innerlich – aus totaler Langeweile – längst aus dem „lästigen Amt“ und von diesen vielen Hofschranzen verabschiedet hat, blüht plötzlich am Hof auf. Der gebildete und formvollendet auftretende Abdul, Sohn eines Gefängniswärters aus Agra, bekommt eine Vertrauensstellung in der ständigen Nähe der Königin und wird im Verlaufe der nächsten 13 Jahre ein enger Vertrauter. Der junge Muslim avanciert zu ihrem „Munshi“ (= Sekretär; Lehrer). Was bei den „Offiziellen“ am Hofe natürlich zusehends auf Unverständnis, Neid und Missgunst stößt. Vor allem auch bei ihrem Sohn „Bertie“, dem späteren Thronfolger Edward VII. (EDDIE IZZARD). Aber die Lady ist wieder-erwacht und nimmt mit vollem Elan sowie genussvoll ihr „neues Leben“ an. Liest mit Abdul im Koran, lernt indische Dialekt-Sprache, lädt seine Familie ein, mit am Hofe zu wohnen. Eklats zuhauf.

Stephen Frears, schon 2006 mit einer royalen Performance prächtig unterhaltend („The Queen“ – mit Helen Mirren, die dafür einen „Oscar“ bekam), und sein Drehbuch-Autor Lee Hall („Billy Elliot – I Will Dance“) konzentrieren sich auf das Adels-Interne und nicht auf hohe Politik. Folglich bleibt alles an JUDI DENCH „hängen“, aber diese außerordentliche Akteurin ist ja immer und überaus verlässlich, wenn es um die faszinierende Interpretation von „speziellen Heldinnen“ geht (und da schließe ich ihre ungemein bereichernden „M“-Auftritte in den Bond-Filmen von 1995 bis 2012 mit ein). Wie sie aus diesem über-behüteten, total umsorgten und völlig lebens-vertrocknetem Majestäts-Wesen eine neue Lebens-Entdeckerin mimt, mit kleinsten und dabei auf den Seelen-Punkt bringenden Nuancen-Bewegungen und entscheidenden Blicken; wie sie überhaupt mit ihrer einmal mehr ungemein kraftvollen, überzeugenden Körpersprache streitbare Präsenz vom Allerfeinsten zelebriert, das ist schon die oberste Stufe höchst unterhaltsamer, vorzüglicher und SEHR vergnüglicher Schauspiel-Kunst. Ihr Partner, der indische Schauspieler ALI FAZAL, 30, erweist sich dabei als ihr Stichwortgeber-Juwel.

Und dass, bei Stephen Frears, Ausstattung und Kostüm pompösen visuellen Glanz ausstrahlen, versteht sich – optisch beeindruckend – von selbst.

Der Film „VICTORIA & ABDUL“ ist der – wieder einmal – große Bühnen-Abend für die bewundernswerte und verehrungswürdige Leinwand-Lady: JUDI DENCH (= 4 PÖNIs).

 

 

 

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