VERLEUGNUNG

PÖNIs: (4/5)

„VERLEUGNUNG“ von Mick Jackson (GB/USA 2015/2016; B: David Hare; basierend auf dem Buch „Betrifft: Leugnen des Holocaust“ von Deborah E. Lipstadt/1993; K: Haris Zambarloukos; M: Howard Shore; 110 Minuten; deutscher Kino-Start: 13.04.2017); dieser Film passt in die heutige Zeit wie die berühmte Faust aufs Auge. Zwar fand dieser Prozess vor nunmehr 17 Jahren statt (Beginn: am 11. Januar 2000), doch die Fakten sind aktuell wie eh und je.

Ausgangspunkt: die amerikanische Autorin DEBORAH E. LIPSTADT. Sie hatte 1993 ein Buch veröffentlicht, Titel: „BETRIFFT: DAS LEUGNEN DES HOLOCAUST“, in dem sie den britischen Geschichts-Autoren David Irving (TIMOTHY SPALL) als Rassisten, Antisemiten und Holocaust-Leugner bezeichnete. Daraufhin verklagte Irving sie wegen Verleumdung. Das britische Rechtssystem legt fest, dass bei Zivilklagen die Beweislast bei den Beklagten liegt. Also müssen ihre Anwälte beweisen, dass Irving tatsächlich mit übler Absicht bewusst Tatsachen verdreht, um seine Behauptung, einen Holocaust habe es nie gegeben, aufrechtzuerhalten. David Irving hat sich eine „Wahrheit“ zurechtgestrickt, die in der Tat zum Himmel stinkt. Doch das muss in und bei diesem Prozess, dem Film-Inhalt, erst einmal bewiesen werden. Was im Grunde völlig absurd ist und sich als ebenso aufwendig wie kompliziert erweist, aber im Namen des demokratischen Rechts „getan“ werden muss.

„Verleugnung“ ist ein spannendes Justiz-Drama. „Auschwitz“ war also kein Vernichtungslager für Menschen, sondern eine Art „Tötungsstation für Ungeziefer“, und damit meint Irving tatsächlich diese vielen kleinen Läuse, die es hier auszurotten galt. Menschen kamen nicht zu Schaden. Dies zu widerlegen, erweist sich juristisch-schwierig. In diesem weltweit aufsehenerregenden Prozess, bei dem – aus taktischen Juristen-Gründen – keine Shoah-Überlebenden als Zeugen aussagen, damit sie nicht öffentlich gedemütigt werden können, aber auch nicht die wütende Deborah Lipstadt (RACHEL WEISZ) als Angegriffene in den Zeugenstand soll, obwohl es in ihr an jedem Prozess-Tag brodelt. Ihr außerordentlich cleverer Anwalt Richard Rampton (TOM WILKINSON) hat eine ganz genaue wie eigene Vorstellung davon, wie diesem Lügner und Rassisten Irving beizukommen ist.

Das Thema ist wichtig, die Darsteller großartig. TIMOTHY SPALL, einer der besten britischen Schauspieler, siehe neulich eine darstellerische Wucht in und als „Mr. Turner – Meister des Lichts“ (s. Kino-KRITIK), offenbart diesen selbstgefälligen, arroganten Lügner-Historiker in einer fulminanten Mixtur aus Biedermann-Brandstifter, Schleimigkeit und teuflischer Bosheit, der sich gerne in der Sonne der Öffentlichkeit suhlt. Während Rachel Weisz als die quirlige Intellektuelle von der amerikanischen Ostküste ihren Seelen-Tornado kaum zu unterdrücken weiß. Der Brite MICK JACKSON, populär geworden durch sein Hit-Drama „Bodyguard“ mit Kevin Costner und Whitney Houston (1992), hat einen Film hergestellt, der in unseren „postfaktischen Zeiten“ und durch den globalen Anstieg des Rechtspopulismus ungemein wichtig und dabei sehr gut unterhaltsam ist.

Nach der kommerziellen Kino-Auswertung gehört „Verleugnung“ unbedingt ins hiesige Schul-Kino-Programm (= 4 PÖNIs).

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