THE BIG SICK

PÖNIs: (4/5)

„THE BIG SICK“ von Michael Showalter (USA 2016; B: Emily V. Gordon, Kumail Nanjiani; Co-Produzent: Judd Apatow; K: Brian Burgoyne; M: Mike Andrews; 119 Minuten; deutscher Kino-Start: 16.11.2017); am 20. Januar 2017 lief dieser Streifen beim „Sundance“-Festival, und danach war die Welt für KUMAIL NANJIANI (und seinen Spielleiter MICHAEL SHOWALTER) nicht mehr dieselbe. Der aus Pakistan stammende Stand Up-Komiker und Schauspieler Kumail Nanjiani steht im Blick- und Mittelpunkt von „The Big Sick“, denn diese Tragikomödie basiert auf der wahren Geschichte, wie er seine spätere Ehefrau EMILY V. GORDON – mit der er auch gemeinsam das Drehbuch verfasste – kennen- und lieben-lernte. Und vor allem: Wie ihnen hierbei die traditionellen, sprich kulturellen Konventionen „erheblich(e)“ Schwierigkeiten bereiteten.

Kumail ist längst in Chicago angekommen, seine Eltern eher weniger. Deshalb bemühen sie sich andauernd, ihm eine „anständige“ pakistanische Frau als kommende Ehefrau zu vermitteln. Doch dem ziemlich erfolglosen Comedian und Über-Fahrer interessiert dies nicht, er bringt es aber nicht übers Herz, dies seinen Eltern mitzuteilen. Auch nicht, dass er weder Anwalt noch Arzt werden möchte, sondern sich als Komiker durchbeißen will. Ebensowenig wie er ihnen nicht sagen kann, dass er „diese täglichen vielen Gebete“ schon lange nicht mehr betet. Und schon überhaupt nicht bringt er es fertig, mit seinen Eltern über seine Freundin Emily (ZOE KAZAN) zu reden, geschweige denn, sie ihnen vorzustellen. Er hat Emily, die schlagfertige Psychologiestudentin, während eines Auftritts kennengelernt, und seitdem „entwickelt“ sich zwischen ihnen „was“. Als sie mitbekommt, dass er sie in seiner Familie aus Vorsicht verschweigt, trennt sie sich von ihm. Was folgt, ist Kino aus dem Leben: Sie erkrankt schwer und er muss „Gefühlsfarbe“ bekennen. Was angesichts IHRER Eltern (großartig: HOLLY HUNTER & RAY ROMANO) nun zu einer immensen Herausforderung wird.

Tatsächlich und wieder einmal: Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst. Ein junger Mann, eine junge Frau. Zwei Kulturkreise begegnen sich. Treffen zwangsläufig familiär aufeinander. Was sich als „impulsive Begegnungen“ erweist. Der spielerische Beziehungsfilm ist geistreich und wortwitzig aufbereitet; als Duell der leisen bis provokanten Pointen; dabei stets völlig unangestrengt und keinen Klischee-Richtlinien folgend, sondern sich völlig normal gebend, dabei mit feinen Gedanken zündend und von empfindsamen Störungen begleitet. Hoch und Tiefs werden behutsam oder intensiv abgesteckt, inmitten einer völlig selbstverständlichen, nie überhasteten Sensibilität. Von wegen: Wo geht es hier bloß schnell und schmalzig zum Happy End? Nix von dem.

KUMAIL NANJIANI – der gerne auf der Comedy-Bühne über den Plural von „Oktopus“ spricht oder auch über seine Herkunft philosophiert: „Keine Sorge, ich bin einer von den Guten“ -, ist bekannt aus der HBO-Serie „Silicon Valley“, spielt sein Leinwand-Ich wie ein gepeinigter Woody Allen Jr.: Gepiesackt von (zu) vielen tatsächlichen Lebens(nach)fragen; dadurch aber auch diese Fremdbestimmung durch seine Eltern langsam, aber immer sicherer kritisch hinterfragend; und natürlich mit dem ewigen Geschlechter-Rätsel behaftet: Wie, woran und überhaupt erkenne ich, wenn ich der Richtigen/dem Richtigen begegne? Wo und was sind die „sicheren Zeichen“ dabei?

Apropos: ZOE KAZAN, die Enkelin des großen Elia Kazan, ist hier als Emily, obwohl sie viel Zeit im (Kranken-)Bett verbringt, ein taffes Mädels-Pfund.

Regisseur MICHAEL SHOWALTER, bislang eher wenig Kino-bekannt, sein Debütfilm war 2005: „Baxter – Der Superaufreißer“, danach war er viel fürs US-Serien-Fernsehen tätig, hat einen kleinen-großen Volltreffer gelandet: schelmisch-amüsant; bescheiden-charmant. Hier wird nicht die große Klamauk-Problem-Posaune geschmettert, sondern eine liebenswerte Seelen-Harfe ausgebreitet, über die enorm viel listig-originelle Stimmungswürze verbreitet wird. Den möglichen Einwänden sympathisch widersprechend. Von wegen: Dies hat man doch schon so oft gesehen, tatsächlich: doch hier auch wieder – schön neu – zum speziellen Fühlen (= 4 PÖNIs).

Teilen mit: