DIE DOROTHY STRATTEN-STORY

Die Dorothy Stratten-Geschichte – Das kurze, traurige Leben einer Hollywood – Blondine

Die Tötung des Einhorns von Peter BOGDANOVICH (Übersetzung der Stratten-Story)

Es sagt etwas über Hugh HEFNER‘ s Playboy Magazin und seines gesamten Imperiums aus, wenn von dem bekanntesten Playmate aller Zeiten die Tatsache die bekannteste ist, dass es gefoltert und brutal ermordet worden ist. Hunderte von jungen Frauen haben sich in der Hoffnung ausgezogen, vom Klappbild (Anm.: Im Playboy) zu Starruhm zu kommen. aber diejenige, die wohl nicht undiskutiert die talentierteste war, Dorothy STRATTEN war 1980 Playmate des Jahres, ist nur dafür berühmt geworden, dass sie tot ist. Im Moment ist ihre Geschichte wohl bekannter als sie selber es war. Ihre Geschichte wurde in VILLAGE VOICE, in dem TV-Film DAS LEBEN UND STERBEN EINES KLAPPFOTOMODELLS sowie in Bob FOSSE‘s Pseudodokumentation „STAR 80“ erzählt.

Peter BOGDANOVICH, STRATTEN’s Liebhaber im Monat vor ihrer Ermordung durch ihren Ehemann hat nur ein sensationelles Detail den schon bekannten Dingen hinzuzufügen, die so schon genug Sleaze und Brutalität enthalten, die ausreichen würden, genügend Stoff für 8 Filme zu bieten, die eine ganze Sommersaison ausfüllen könnten: Er sagt aus, dass die 18-jährige STRATTEN von HEFNER in ihrer ersten Nacht in Hollywood in einem JACUZZI in Orgiengröße verführt worden sei, er spricht sogar von einer Vergewaltigung. (HEFNER hat den Vorwurf zurückgewiesen).

STRATTEN‘s gesamte Hollywood Karriere war eingebettet zwischen zwei Polen: auf der einen Seite war die erste Nacht in Hollywood und auf der anderen Seite steht ihre Ermordung genau 2 Jahre später. Bevor sie von dem lokalen Möchtegern-Playboy Paul SNIDE entdeckt‘ wurde, lebte sie mit ihrer Mutter in Vancouver und arbeitete in einem Dairy Queen. SNIDER hatte die Dummheit begangen, sich bei den Menschen unbeliebt zu machen. Sie bestraften ihn, indem sie ihn eines Tages kopfüber aus einem Fenster im 30. Stockwerk hängten. Trotzdem fand er immer wieder eine Möglichkeit, auf Gesellschaften zu erscheinen. Er verführte STRATTEN und redete ihr ein, ihre berufliche Laufbahn bei einer Telefongesellschaft aufzugeben. Er überredete sie, sich nackt für den Playboy fotografieren zu lassen, der einen Playmate-Wettbewerb zum 25-jährigen Bestehen machte. Durch die Fotos gewann sie eine Reise nach Hollywood und die Aufmerksamkeit von HEFNER, der, so BOGDANOVICH, für sich die Möglichkeit sah, durch STRATTEN vom Porno-König zu einem Star-Macher aufzusteigen. Sie lernte schnell. Und ganz im Gegenteil zu MARIEL HEMINGWAY’S „STAR 80“ war sie kein dummes, einfältiges Mädchen, sondern sie lernte sich schnell richtig zu benehmen und präsentierte sich normalerweise in Kleidung. Unvermeidlicher Weise betrat sie nun eine Welt, die für SNIDER verschlossen war. Und es war kurz nach einem Zutrittsverbot für SNIDER zum Playboy Mansion, dass SNIDER STRATTEN’s Gesicht durch einen Schuss zerfetzte, um dann seinen Kokain-Wahnsinn zu beenden, der sein Leben geworden war.

Wenn die DOROTHY STRATTEN-GESCHICHTE eine Lektion erteilt, dann die, die die feministischen Antipornographen schon immer gelehrt haben: Porno führt zu Vergewaltigung und Mord, Frauen sind immer die Opfer und die meisten Männer, ob sie nun Millionäre wie HEFNER oder Gernegroß wie SNIDER sind haben nur Böses im Sinn. Zu diesem Ergebnis kommt BOGDANOVICH. Und um diese Message zu unterstreichen, dämonisiert er HEFNER (was auch nicht zu schwer fällt) und spricht STRATTEN förmlich heilig. HEFNER erscheint in der Geschichte als ein Mephistopheles, welcher ständig in seinen Seiden-Pyjama auftritt und den Verdammten freien Sex und Pepsi anbietet. ‘Auf der anderen Seite war da etwas Geheimnisvolles um Dorothy STRATTEN‘ ‚ sagt uns BOGDANOVICH mit einer Einfältigkeit, die nicht mit dem Verlust erklärt werden kann, den er erlitten hat. Das letzte Kapitel mit dem Titel ‘Gottes Vermächtnis‘ macht eine bizarre Reise in die Welt des feministischen Spiritualismus, in welcher STRATTEN zwar nicht für alle Frauen dieser Welt steht, so doch aber für die Große Göttin des jungsteinzeitlichen Matriarchats. Eines der Symbole, so stellt sich heraus – ist ein Lieblingssymbol von STRATTEN gewesen und wurde von ihr auf Karten und Briefen verwendet: das Einhorn.

Der Effekt des ganzen Popanz ist nicht nur der, dass der Leser sich wünscht, SNIDER hatte lieber seinen Rivalen umgebracht als STRATTEN, sondern auch der, dass er die Realität des Viererverhältnisses STRATTEN, SNIDER, HEFNER UND BOGDANOVICH heruntermanipuliert zu einer Geschichte, in der nur die beiden Letztgenannten über ein klares Bewusstsein und einen klaren Willen verfügen. STRATTEN dagegen ist zu verklärt damit beschäftigt, ein ‚Image‘ oder ein Bestandteil eines kosmischen Gesamten zu sein als mit dem Wunsch, einfach ein Mensch zu sein. Und SNIDER, dessen Wiedergabe durch Eric ROBERTS in „STAR 80“ alles beherrschte, stand so tief unter dem Interesse von BOGDANOVICH, dass er ihn noch nicht einmal für seine Tat verantwortlich macht. Hier ist HEFNER der Schuldige, weil sein Heraushalten SNIDERS die Tat erst auslöste. Ein Standpunkt übrigens, von dem BOGDANOVICH glaubt, dass er von HEFNER vorhergesehen worden sei. Diese Position eröffnet die Möglichkeit, zwei Protagonisten herauszuarbeiten: HEFNER, den sexuellen Helden und BOGDANOVICH, den Liebhaber; HEFNER, der grobe Aufsteiger, BOGDANOVICH, der Hollywood-Insider; der Eine repräsentiert die Pornographie und der Andere die Kunst; es steht guter Geschmack gegen schlechten Geschmack; das böse Prinzip der Sinnlichkeit gegen den durch die Liebe einer Frau erlösten Mann.

Aber die Polemik schlug auf den Polemiker zurück: je mehr sich BOGDANOVICH an HEFNER rieb, umso mehr bekam seine Beziehung zu dem alten Wüstling den Beigeschmack von Intrigen. In ihrem Artikel in ‚VILLAGE VOICE‘ nannte Teresa CARPENTER die beiden Männer ‚enge Freunde‘. Diese Feststellung wurde von BOGDANOVICH niemals korrigiert. Es gibt auch keine Möglichkeit, die DOROTHY-STRATTEN-Geschichte zu erzählen, ohne sich selber darin zu verwickeln: BOGDANOVICH war ein ’ständiger Gast‘ in HEFNERS Haus, ebenso wie James CAAN. BOGDANOVICH hat ebenso an den Übermütigkeiten eines HEFNERS teilgenommen wie er auch dieselben Frauen wie HEFNER bevorzugte und umwarb. Auch wenn er sehr zurückhaltend war, was seine Beziehung zu STRATEN anbetraf, so vertraute er sich doch HEFNER an. Sollte BOGDANOVICH nicht gerade der Freund HEFNER’s gewesen sein, so war er doch wohl von ihm abhängig. So war er stets damit beschäftigt, HEFNER zu beleidigen, er wartete ständig auf HEFNERS Rückrufe, nichts von all dem steht in „KILLING of the UNICORN“. So kommt es, dass ein gewisses Geheimnis um die Beziehung zwischen BOGDANOVICH und HEFNER liegt, ob nun sexueller Natur oder nicht.

HEFNERS Haus mag kitschig gewesen sein, aber BOGDANOVICH benutzte es, um bei jungen Frauen Eindruck zu machen. So wie es eine Frage des Bewusstseins und des Geschmacks sein mag, was Pornographie ist und was nicht, so verhält es sich auch mit der Einschätzung der Rolle der drei Männer, BOGDANOVICH, SNIDER und HEFNER, die im Leben der STRATTEN auftraten. Wenn man wirklich etwas Neues in der STRATTEN – Geschichte entdecken will, und BOGDANOVICH leistet das nicht, ist es erforderlich, sich auf die Beziehung zu konzentrieren, die bisher kaum Beachtung fand: die Beziehung zwischen Dorothy STRAATEN und Paul SNIDER.

Das Mysteriöse an STRATTEN: sie heiratete SNIDER, nachdem ihr HEFNER den Rat gegeben hat, ihn zu verlassen und sie fuhr fort ihn zu sehen, obwohl sie die Beziehung zu BOGDANOVICH hatte. BOGDANOVICH sieht dieses Verhalten als einen Beweis ihrer Verklärtheit an. In „STAR 80“ behauptete MARIEL HEMINGWAY allerdings, dass es wohl eher ein Zug von Masochismus gewesen wäre. Diese Aussage erscheint insofern wohl wahrscheinlicher, weil STRATTEN immer gesagt hat, dass sie SNIDER liebe. Möglicherweise wollte STRATTEN mit dieser Beziehung Hollywood herausfordern. Mit einer Beziehung, die ‚althergebracht‘ war und mehr dem entsprach woher die STRATTEN kam als dem wo sie sich aufhielt um Karriere zu machen.

Gibt es überhaupt einen Sinn für das Buch, so kann man sagen, dass es lediglich etwas zu tun hat mit dem Konflikt zwischen Ambitionen und Loyalität zu den Hinterbliebenen. Nicht jeder, der von den unteren Schichten aufsteigt überlebt den Aufstieg. Schade nur, dass STRATTEN, die nicht die Absicht hatte sich persönlich zu ändern, diesen Aufstieg nicht überlebt hat.

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