RADIO ROCK REVOLUTION

PÖNIs: (5/5)

„RADIO ROCK REVOLUTION“ von Richard Curtis (B + R; GB 2008; K: Danny Cohen; M: Hans Zimmer; 135 Minuten; deutscher Kino-Start: 16.04.2009); gibt im Originaltitel schon das heiße Thema vor = „THE BOAT THAT ROCKED“! Aber der Reihe nach: Richard Curtis, gebürtiger Neuseeländer des Jahrgangs ‘56; hat sich vor allem mit seinen Drehbüchern zu britischen Filmhits wie „Das lange Elend“ (1989); „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ (1993); „Bean – Der ultimative Katastrophenfilm“ (1997), natürlich „NOTTING HILL“ (1999); „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“ + „Bridget Jones – Am Rande des Wahnsinns“ (2001 + 2004) einen hervorragenden Namen gemacht. Mit der inzwischen (gerne um die Weihnachtszeit) oftmals im Fernsehen laufenden Komödie „Tatsächlich… Liebe“ schuf er 2003 seinen ersten eigenen Regie-Erfolg, nun kommt sein zweiter eigener Spielfilm ins Kino und, ganz klar prognostiziert: DER wird auch ein Riesen-HIT. Weil er packt, in Stimmung bringt, phantastisch rockt. In jeder Seelen-Beziehung.

Die Handlung geht auf die authentische Geschichte des ersten britischen Privatsenders, „RADIO CAROLINE“, zurück. „The Boat That Rocked“ spielt in den 60igern. 1966. Eine rebellische, eine unruhige Zeit. Vor allem musikalisch. Während der Rock´n´Roll auch in Großbritannien auf dem Vormarsch ist, mit Gruppen wie den Stones, den Kinks, The Who, The Hollies, The Tremeloes oder Procol Harum, und mit Interpreten wie Dusty Springfield, David Bowie oder Jimi Hendrix, findet er in den staatlichen, also den öffentlich-rechtlichen Sendern kaum statt: gerade mal zwei Stunden Rock-Musik „duldete“ die BBC damals pro Woche. Kein Wunder also, dass sich ein paar „finstere Typen“ aufmachten, um diese Lücke zu füllen. Also ankert ein illegaler Piratensender auf einem Frachter vor der Küste Englands, in der „neutralen Nordsee“, und läßt musikalisch 24 Stunden täglich „die Sau ‘raus“. Was viele elektrisiert: ein Schiff bringt die Massen zum Schwärmen, Tanzen, Jubeln. Es ist die Zeit der „RADIO ROCK REVOLUTION“. Ein gutes Dutzend DJs lebt auf dem Schiff in einer Wohngemeinschaft. Zwei riesige Sendemasten, von Deck dröhnt Rockmusik.

Die Anekdoten zum Thema „Sex, Drugs & Rock´n´Roll“ werden über die Geschichte des 18-jährigen Carl (TOM STURRIDGE) zusammengehalten. Der Boy ist wegen Marihuana-Rauchens von der Schule geflogen. Als unkonventionelle Erziehungsmaßnahme schickt ihn seine Mama (EMMA THOMPSON als Ex-Groupie mit einem „listigen“ Cameo-Auftritt) zu seinem Patenonkel Quentin (BILL NIGHY/der alternde Sänger mit dem Weihnachts-Pop-Hit in „Tatsächlich… Liebe“), dem „Kapitän“, dem Chef des illegalen Senders. Dort soll Carl gewissermaßen „das Leben“ kennenlernen. Also weist ihn Onkel Quentin zunächst einmal in die Freuden von Cannabis, Rock´n´Roll und freier Liebe ein. Unterstützt wird er dabei von den verschiedenen Typen-hier, die auf engstem Raum für die landesweite Fröhlichkeit sorgen. Der aus den USA stammende Moderator „The Count“ („Oscar“-Preisträger PHILIP SEYMOUR HOFFMAN/“Capote“) ist der Star und verkörpert ebenso die Rebellion wie die Liebe zur Musik mit seinen sarkastisch-frechen, schlüpfrig-„aufrührerischen“ Texten. Um ihn herum formieren sich Kollege Dave (NICK FROST/“Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis“), als sexsüchtiger Gemüts-Dicker; der nett-naive Simon (CHRIS O´DOWD), der ständig auf der Suche nach der wahren Liebe ist und – zunächst – bitter enttäuscht werden soll; der schweigsame „Midnight Mark“ (TOM WISDOM) und der fusselbärtige Bob (RALPH BROWN), ein Liebhaber von Folk Music und Drogen, der in den späten Nachtstunden vor dem Mikrophon sitzt und sich ansonsten in seine Koje zurückzieht, so dass seine Kollegen erst nach einiger Zeit von seiner Existenz-überhaupt erfahren. Später stößt dann noch der sagenumwobene DJ Gavin (RHYS IFANS/der bekloppte Mitmieter von Hugh Grant in „Notting Hill“) hinzu, der sich zwischenzeitlich in den USA der Drogenkultur widmete und nun zu einem argwöhnisch beäugten Konkurrenten für den „Count“ wird.

Die einzige Frau inmitten dieser „freundlichen“ Männer-Clique ist Köchin Felicity (KATHERINE PARKINSON), die lesbisch ist, was für Gäste wie Neuankömmlinge immer wieder betont werden muß. Und nun kann er abgehen, der Sound jener Jahre/ mit den Hymnen d e r Epoche der Rock-Pop-Musik. Mißtrauisch wie übellaunig verfolgt von der erzkonservativen Politik, die Rock-Pop-Musiker wie „diese Gestalten“ haßt. Der zuständige, eifrige Minister Dormandy (KENNETH BRANAGH), mit strengem Scheitel, pomadigem Haarschnitt und dunklem Anzug, hält das Party-Ensemble auf dem Schiff für Teufelsgestalten, die schnellstens zu bekämpfen und zu vertreiben sind. Also setzt er seine beamteten Spürhunde und Schleimer auf Quentin & Co. an. Die aber lassen sich nicht beeindrucken, geschweige denn ‘runterkriegen und antworten rotzfrech-selbstbewußt rund um die Uhr mit dem Sound ihrer Musik und Stimmen. Ein irres Ding von Kino. Mit viel Show-Dampf. Und originalen Ohrwurm-Songs. Selten hat ein Film dermaßen cool, lässig, stimmungsvoll wie pointiert die Seele von Musik ausgelotet: hier fetzt ununterbrochen bester Rock´n´Roll, währenddessen eine überzeugende Hommage an Freundschaft, die Musik und die Lebensweise einer ganzen Generation abhottet. Ein Klasse-Feel-Good-Movie um D E N SOUNDTRACK des Lebens. Bis ganz zum Schluß, wenn sich die Boat-People mit Titanic-Rock verabschieden. Und sich z.B. die – berechtigte – Frage stellt, welche Lieblings-Vinyl man unbedingt „retten“ muß, bevor das Schiff absäuft. Für Einsiedler Bob ist es eine Platte der britischen Psychedelic-Folkies von der „The Incredible String Band“, die dann allerdings von „The Count“ als „keineswegs rettenswert“ eingestuft wird.

Mitreißend, unterhaltsam, wohlfühlend, ein typischer Richard-Curtis-Knaller. Mit propperer Ensemble-Arbeit, wenngleich natürlich Star-Bekanntheiten wie Philip Seymour Hoffman („Owning Mahony“; „Tödliche Entscheidung“; „Die Geschwister Savage“; „Der Krieg des Charlie Wilson“) und Shakespeare-As KENNETH BRANAGH („Henry V.“; „Viel Lärm um Nichts“; „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“) besonderes Augenmerk bekommen. Branagh mimt dabei genüßlich die brillante Karikatur eines reaktionären Beamten-Arsches; formidabel. Aber der eigentliche STAR hier ist natürlich die Musik/der Sound(track)/der Rock´n´Roll. Die Musik dominiert eindeutig und gibt den guten Power-Ton vor. Anfangs, in der Planungsphase, gab es einen Katalog von ungefähr 200 Songs, die für Richard Curtis und seinen Musik-Supervisor NICK ANGEL in die engere Wahl kamen. Als die Dreharbeiten im März 2008 begannen, bestand die Liste aus ungefähr 70 Songs. Im fertigen Film sind schließlich 54 zu hören. Das Resultat ist ein Rock-Pop-Music-Jahrgangsfest der 60er; mit Titeln von The Rolling Stones („Jumpin´ Jack Flash“ + „Let´s Spend the Night Together“); The Kinks („All Day And All of the Night“); The Who (mit u.a. „My Generation”); Small Faces (“Lazy Sunday Afternoon”); Jimi Hendrix (“The Wind Cries Mary”); Leonard Cohen (“So long, Marianne”); The Supremes (“The Happening”); Smokey Robinson and The Miracles (“Ooo Baby Baby”) oder Procol Harum (“A Whiter Shade of Pale”) oder Cream (“I Feel Free”). Das am 17. April auf den Markt kommende Soundtrack-Double-Album beinhaltet 36 Songs, die im Film vorkommen. Richard Curtis wollte auch „Break on Through“ von „The Doors“ haben, doch die verlangten dafür 1,4 Millionen Dollar. „Dafür hätten sie Jim Morrison wieder lebendig machen können. In der Gesamtheit haben wir aber bekommen, was wir wollten“.

„RADIO ROCK REVOLUTION“ ist ein Hammer für Genießer, Fans, Nostalgiker, Stimmungsfanatiker, Oldies und solche, die es noch werden wollen… Unterhaltungssüchtige werden super bedient (= 5 PÖNIs).

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