PROFESSOR MARSTON & THE WONDER WOMEN

PÖNIs: (4,5/5)

„PROFESSOR MARSTON & THE WONDER WOMEN“ von Angela Robinson (B + R; USA 2016; K: Bryce Fortner; M: Tom Howe; 108 Minuten; deutscher Kino-Start: 02.11.2017); es war DIE Film-Überraschung, ja Sensation, in diesem Jahr: der „funktionierende“ Hollywood-Blockbuster „WONDER WOMAN“ von Patty Jenkins (s. Kino-KRITIK). Der endliche Durchbruch mit einer prächtigen Frau an der Superhelden-Spitze war großartig geschafft. Und: von einer RegisseurIN realisiert!!!

Zur Erinnerung: Die aus dem Imperium von „DC Comics“ stammende Comic-Figur „Wonder Woman“ wurde vom Ehepaar William Moulton Marston und seiner Ehefrau Elizabeth „Sadie“ – unter dem Pseudonym Charles Moulten – erfunden und hatte ihren ersten Papier-Auftritt 1941 im Magazin „All Star Comics“, Ausgabe 8.

Dieser Film ist keine Fortsetzung des Sommerkino-Hits oder gar eine weitere Comic-Adaption, sondern ein Spielfilm, der faszinierend die Hintergründe der gleichermaßen verwegenen, kühnen wie tatsächlichen Entstehungsgeschichte einer Superheldin beleuchtet, deren „gesellschaftliche Emanzipation“ lange dauerte. Ist dabei eine spannende Geschichte über revolutionäre Ideen, Durchhaltewillen und erheblichen Mut von klugen, eigenwilligen Menschen angesichts von allgemeiner Unterdrückung gegen alles und jeden, der nicht „der Norm“ entsprach. Entsprechen wollte. Dabei interessierten die am 14. Februar 1971 in San Francisco geborene homosexuelle Filmemacherin ANGELA ROBINSON, die auch bei uns durch Filme wie „Spy Girls – D.E.B.S.“ (2004) und „Herbie: Fully Loaded – Ein toller Käfer startet durch“ (2005) sowie „The L-Word – Wenn Frauen Frauen lieben“ (2006) und zuletzt „Girltrash“ (2007) bekannt und geschätzt ist, vor allem die damit zusammenhängenden sozialen und emotionalen Verbindungen und die damit verbundenen sexuellen Interaktionen der Beteiligten.

„Ein Mensch ist dann am glücklichsten, wenn er einer liebevollen Autoritätsperson ergeben ist“, lautet das Credo des US-amerikanischen Psychologen, Feministen-Theoretikers und Comic-Autoren William Moulton Marston. Dessen Erfindung eines Lügendetektoren nicht „anspringen“ will und der privat genau nach diesem Credo heimlich lebt: in einer Dreierbeziehung mit seiner Ehefrau Elizabeth („Ich bin deine Frau, nicht dein Gefängniswärter“) und mit der Studentin Olive Byrne. Aus der Entwicklung und den Geschehnissen in ihrem privaten Leben entwerfen er und „Sadie“ Elizabeth die Abenteuer ihrer erfolgreichen „Wonder Woman“-Wut-Figur, die in der prüden Öffentlichkeit heftig attackiert wird: „Warum enthält jede Ausgabe von ‚Wonder Woman‘ so viel Gewalt, Folter, Sadomasochismus?“

Was ist normal, was nicht? Der packende Spielfilm der Autoren-Regisseurin Angela Robinson ist, nach ihren eigenen Worten, die Lebensgeschichte über „drei außergewöhnliche Rebellen, die sich nicht nur trauten, einander zu lieben, sondern auch den Mut hatten, als Familie zusammenzuleben. Ihre gemeinsamen Erfahrungen führten zur Erschaffung von Wonder Woman, einer der langlebigsten feministischen Ikonen überhaupt“. Eine ungewöhnliche, unkonventionelle Familie und deren Standfestigkeit gegenüber den zahlreichen Attacken „von außerhalb“; mit viel Mut und noch mehr Renitenz bewahren sich drei Menschen ihr selbstbewusstes Ich: Was für eine emotionale Schlagkraft!

Die drei Hauptdarsteller spielen phänomenal. Sind atemberaubend mitreißend. Vor allem: die Britin REBECCA HALL als „Sadie“ (bekannt als Freundin von Scarlett Johansson in Woody Allens „Vicky Christina Barcelona“/2008/“Golden Globe“-Nominierung); die mit einem Charme-Wucht-Mix aus Emma Thompson & Scarlett Johansson in Sprache und Bewegung intensiv an der Rampe ständig begeistert. Mit und in jeder Pore: eine heftig-deftige Vertreterin eigenen, individuellen Glücks. Was für ein überragender Auftritt; eine „Oscar“-Nominierung wäre demnächst verdient. LUKE EVANS („High-Rise“; zuletzt in: „Fast & Furious 8“) handelt als „weiblicher“ Professor und humaner Fantast emanzipatorisch vorausschauend und ironisch-gebrochen; die australische Schauspielerin BELLA HEATHCOTE als „Dritte im Bunde“ besetzt den Tonfall zwischen Neugier und Tragik beeindruckend.

Ein ganz moderner Film: Lasst Menschen leben, fühlen, empfinden, wie sie wollen! Hört endlich auf mit diesen widerwärtigen und vorgestrigen Regularien, irgendjemandem vorschreiben zu wollen, zu müssen, wie er sich individuell, privat, gefühlsmäßig verhalten soll, darf, muss.

„Professor Marston & The Wonder Women“: Was für ein wunderbarer weiterer (nun: intellektueller) Wonder Woman-Gedanken- und Sinne-Streichler-Wucht-Film (= 4 1/2 PÖNIs).

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