PIPPA LEE

PÖNIs: (3,5/5)

„PIPPA LEE“ von Rebecca Miller (B + R; USA 2008; K: Declan Quinn; M: Michael Rohatyn; 98 Minuten; deutscher Kino-Start: 01.07.2010); hatte seine Weltpremiere „außer Konkurrenz“ im vorjährigen Berlinale-Wettbewerb. Thema: eine Ehefrau und ihr turbulentes Seelen-Leben. Dabei adaptierte die 1962 geborene Tochter des Dramatikers Arthur Miller und der „Magnum“-Fotografin Inge Morath, die mit der britisch-stämmigen zweifachen „Oscar“-Ikone Daniel Day-Lewis („There Will Be Blood“; „Mein linker Fuß“) verheiratet ist, ihren eigenen Roman aus dem Jahr 2008 („The private lives of Pippa Lee“; im Vorjahr bei uns unter dem Titel „Pippa Lee“ herausgekommen). Die früher auch als Schauspielerin, Bildhauerin und Malerin arbeitende amerikanische Künstlerin war zuletzt 2005 mit ihrem Film „Proof – Der Beweis: Liebe zwischen Genie und Wahnsinn“ in den Kinos.

Hier stellt sie eine Frau um die 50 in den Blick- und Mittelpunkt des Geschehens. Pippa Lee. „Ehe ist ein Willensakt“, lautet ihr (schützendes) Motto. Dennoch brodelt es in ihr. Mehr und ständig mehr. Obwohl es der charmanten End-Vierzigerin und Vorzeige-Hausfrau eigentlich doch gut-gehen sollte. Weiß sie doch einen drei Jahrzehnte älteren, grantigen, wohlhabenden Verleger-Ehemann an ihrer Seite; zwei erwachsene Kinder sind „aus dem Nest“; man lebt neuerdings in einer komfortablen Seniorensiedlung in einem Vorort von Neuengland/Connecticut. Nach drei Herzattacken ist Gatte Herb Lee „vorsichtiger“ geworden. Smalltalk beim Flambieren, das freundliche Alles-ist-im-Lot-Lächeln, Pippa ist „anerkannt“. Sie sei eine perfekte Muse, bezeichnet sie ein Tischgast, und ein „Mysterium“. Von wegen dermaßen „vollendet“. Doch man braucht die jugendlich gebliebene schöne Frau nur „richtig“ anzuschauen, um zu bemerken, Pippa Lee ist keineswegs perfekt und auch überhaupt nicht zufrieden. Hinter ihrem „Mysterium“ brodelt es „unanständig“. Gedanken-Packungen dröhnen zuhauf. Und unaufhörlich. Rückblick: Ihr Lebensweg war zutiefst „dynamisch“. Nach einer durchgeknallten, pillensüchtigen Mutter, vor der sie schließlich nach New York flüchtete, folgte für die stets von Schuldgefühlen geplagte Pfarrerstochter ein wüstes Hippie-Leben mit Sex & Drogen. Erst der gute Herb holte sie aus dieser Pseudoexistenz, blieb allerdings keineswegs brav. Und vergnügt sich heute mit einer jungen attraktiven Polin. Was die nachtwandelnde und seelisch aufgewühlte Pippa zum deutlich jüngeren, aber „interessierten“ Nachbarn Chris (KEANU REEVES) führt. Soll sie oder soll sie nicht? Beziehungsweise wie überhaupt soll der Rhythmus des Lebens nun weiterlaufen? Wieder in Richtung Zick-Zack-Unruhe? Oder nunmehr permanent betulich, abgesichert, lächelnd? Inmitten einer ordentlichen Versorgungsehe? Mit dann vorhersehbarer totaler Selbstaufgabe. Psychiater, Töpferkurse und Pillen erweisen sich nicht gerade als Erkenntnis-bildend. Also…???

Eine schöne Schöner-Wohnen-Ehefrau in der Sinnkrise. Mit viel Selbstfindungsappeal erzählt Rebecca Miller von einer sanften Emanzipationsrevolte. Das „unorthodoxe“ Gestern, das zwiespältige Heute. Und wie nun soll, wird das Morgen aussehen, bestimmt? Das fundamentale Drama um Ich-Suche und Lust-Bestimmung. Mit viel Promi-Stichwort-Charme von u.a. Winona Ryder, Julianne Moore, Monica Bellucci und Maria Bello „drumherum“ begleitet.

„Oscar“-Preisträger ALAN ARKIN (der Opa in „Little Miss Sunshine“) gibt sich als vitaler Verleger alle großartige Mühe, die Altersängste und Todeszeichen des Herb Lee zu verstecken, zu übertünchen. DIE Performance aber ist die wunderschöne (damals) 42-jährige ROBIN WRIGHT als emotionsgeladene Pippa Lee. Die aus Filmen wie „Forrest Gump“ (1994/wo sie als Titelheld-Freundin Jenny Curran brillierte), „Message in a Bottle“ (1999/mit Kevin Costner) und „Weißer Oleander“ (2002/mit Michelle Pfeiffer) bekannte Akteurin brilliert hier als Zweifel-Frau mit aufkommendem Veränderungsmut und mehr und mehr herausbrechender Identitätsstärke. Eine bemerkenswerte Persönlichkeit, diese Pippa Lee in Gestalt von Robin Wright: Tragikomisch-clownesk, sensibel, überdreht-charmant. Es bereitet ein außerordentliches Vergnügen, die Robin Wright-Pippa anzuschauen, zu fühlen, fein-pointiert zu erleben. Ein Frauenfilm auch für Männerherzen (= 3 ½ PÖNIs).

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