DIE PÄPSTIN

DIE PÄPSTIN“ von Sönke Wortmann (D/It/Sp 2008; 148 Minuten; Start D: 22.10.2009); basiert auf dem historischen Bestseller-Roman der amerikanischen Schriftstellerin DONNA WOOLFOLK CROSS aus dem Jahr 1996, der bei uns über 4 millionen-mal verkauft wurde. Für die Regie war zunächst „Oscar“-Preisträger Volker Schlöndorff („Die Blechtrommel“) vorgesehen, doch als der mit kritischen Äußerungen in einem Essay für die „Süddeutsche Zeitung“ über das deutsche Fernseh-Kino („Amphibienfilme“) an die Öffentlichkeit ging, wurde er ´rausgeschmissen. Und in der Tat, von dieser aufwändigen Produktion, die über geschätzte 20 Millionen EURO gekostet hat und u.a. in Sachsen-Anhalt (z.B. auf der Burg Querfurt), in Nordrhein-Westfalen (Schmidtheim) und in Marokko (Quarzazate) realisiert wurde, wird es auch eine zweiteilige TV-Version von 180 Minuten geben, die auch bereits fertig geschnitten ist. Zunächst aber KINO: Zu dem der am 25. August 1959 in Marl geborene Wortmann höchst unterschiedlich-qualitätvolle Werke beisteuerte. Neben Erfolgsfilmen wie „Der bewegte Mann“ (1994), „Das Superweib“ (1996), „Der Campus“ (1998) sowie den Fußball(er)-Streifen „Das Wunder von Bern“ (2003) und der Dokumentation „Deutschland. Ein Sommermärchen“ (2006) sind auch Flops wie „Mr. Bluesman“ (1993), „St. Pauli Nacht“ (1999) und der missratende USA-Ausflug „Der Himmel von Hollywood“ (2001) zu annoncieren.

Hier nun inszenierte er einen monumentalen „Schinken“, wie wir sie in den naiven 60er Kinojahren zuhauf in unseren Lichtspielhäusern hatten (allerdings nicht so lang und beileibe nicht so direkt-aggressiv). Das sind Ge- bzw. Verbrauchsfilme, „groß“ aufgeplustert, aber simpel in der Gut-Böse-Machart. Wie hier: Da wächst vor Urzeiten, 814 n.Chr., in unseren Breitengraden (Ingelheim) ein Mädchen auf, Johanna. Die zeigt sich bald als außerordentlich wissbegierig, klug, lernbereit. Was dem Vater, einem religiösen Übereiferer und Widerling, überhaupt nicht passt. Nicht nur, dass Mädchen damals offensichtlich als „Unwert“ betrachtet und behandelt wurden, nein, ihnen wurde auch geistige Armut und Geschlechter-Dummheit gegenüber DEM MANNE attestiert. Frauen, die waren zur Haus-Arbeit und zum Kinder-Kriegen verdammt. Kein Widerspruch möglich. Schon ein Buch in ihrer Nähe, und sie konnten zur Ketzerin verteufelt werden. Von Gott „verdammt“. So lernt Johanna „heimlich“, trotz Prügel und ständiger väterlicher Bedrohung. Und sie lernt viel und begreift schnell. Doch: Der Vater ist und bleibt eine bedrohliche Sau, die Mutter ist zu schwach, also haut sie in die Welt ab.

Landet – als erstes Mädchen überhaupt – bei einem progressiven Bischof in einer Domschule. Beeindruckt durch ihre Gelehrsamkeit, zieht Feinde und Neid auf sich, entdeckt die erste Liebe, einen Grafen, kann einen Normannenüberfall überstehen und verkleidet sich künftig als Mann, um „in Ruhe gelassen“ ihren humanen Interessen nachgehen zu können. Unter dem Namen Johannes Angilcus verlebt sie als „Doktorantin“ im Benedikterkloster von Fulda glückliche Jahre. Wenngleich die Angst, entdeckt und böse gemaßregelt zu werden, immer allgegenwärtig ist. Sie strandet schließlich in Rom, wo sie sich dank ihrer Heilkunst schnell den Ruf eines Wunderheilers erwirbt. Landet „am Hofe“ von Papst Sergius, der erkrankt ist und von seiner Umgebung bereits „ausgetrickst“ und „als erledigt“ betrachtet wie behandelt wird. Johannes-Johanna vermag ihn zu heilen, was zum Job des Papst-Beraters führt und den Feindeskreis immens erhöht. Nach vielerlei Hin und Her, ihr gräfischer Liebster von einst taucht – als Militär – nun auch wieder auf, wird der Papst vergiftet und sie bzw. ER vom Volk zum neuen Papst bestimmt.

Die Folge(n): Ein Intrigantenstadl hinter den Kulissen, weil Sie-Er „forsch“ ans aufklärerische,, also emanzipatorische Werk geht. Motto: Arme werden gefüttert, Frauen fortan gefördert. Eine letzte Kinoviertelstunde erleben wir nun ihren (Titel-.)Auftritt, bevor es mit Johannes-Johanna zu Ende geht. Vorhang. Dies ist Bunte-Bühne-Kintopp. Mit sofort verteiltem, „riechendem“ Gut-Böse-Schema. Die männlichen Bösen hauen, grunzen, stechen und blicken dauerhaft-düster in die Szenerie, erfüllen ihre schurkische Bestimmung, sind aggressiv, listig, gemein bis aufs Blut, dauer-fies, während GEGENÜBER die Netten zwar viel leiden, aber auch immer „irgendwie“ durchkommen. Wenn sie denn nicht vorher gemeuchelt wurden. Zwischendurch Choräle. Die sakrale Stimmung. Johanna ÜBER ALLEN, zeigt schöne weiße Zähne, ist nur-lieb, besitzt eine Super-Intelligenz und hat viel Heilungserfolg. Mit so manchen Angst-Schüben dazwischen, klar, aber….sie muß ja durchhalten…siehe Titel. Die Pointe. Die, wie gesagt, es aber nur in den letzten 15 Minuten gibt.

Zuvor ist still-erfolgreiches feministisches Hilfs-Rebellentun angesagt. In Männer-Wäsche. Immerhin erweist sich Johanna nicht als eine so tränige Kräuterheilige a la Hildegard von Bingen, die neulich im Margarethe von Trotta-Film so spannungsarm verkrustete. Nein, in „Die Päpstin“ wird auch gehauen, flott geritten, gefochten, rollen Köpfe, weist die aufgeregte Musik auf den bevorstehenden Story-Pfad, bevor uns dann wieder ein Off-Erklärer erklärt, was wo wie wann und warum. Ein aufwändiger Historien-Quatsch mit viel Alt-Kleider-Atmo und Blut-Soße. Anfangs auch ordentlich zubereitet, halbwegs spannend, dann aber immer mehr in die Längen kommend. Alles ist so nach 90 Minuten gesagt, gezeigt, gedacht; die Positionen von Heldin gegen Fieslinge sind eingenommen, man wartet jetzt LANGE nur noch auf den Absch(l)uß. Franka Potente („Lola rennt“) war einst mal für den Titelpart vorgesehen, jetzt mimt die 33jährige Freiburgerin JOHANNA WOKALEK brav die Titelfrau. Sie hatte 2005 ihren ersten Achtungserfolg im Til-Schweiger-Film „Barfuss“. Wurde von Regisseur Philipp Stölzl in „Nordwand“ (2007) geradezu plärrig (vor-)geführt und hatte einen fulminanten Auftritt als Terroristin Gudrun Ensslin in „Der Baader Meinhof Komplex“ von Uli Edel (2008). Hier nun bedient sie umgänglich ihre Rolle, ohne sich groß verausgaben zu müssen. Kommt auf freundliche Sympathiewerte. Ohne darstellerische Spuren zu hinterlassen.

DIESE hinterlässt aber Hollywood-Akteur JOHN GOODMAN („King Ralph“) als „eigendynamischer Pope“. In der Oliver-Hardy-Version: Dick, verschmitzt, mit einem ständigen ironischen Augenzwinkern, wie in einem katholischen Schwank. Goodman spielt seine ganz eigene, individuelle Show und zeigt eine Karikatur von Gott-Vertrauten. Wirkt zwar befremdlich, bietet aber wenigstens mal etwas Abwechslung. Komödien-Laune. Ansonsten sind als weitere Mitwirkende der Australier David Wenham (als Graf Gerold, so ein Typ wie im ZDF-Sonntag-Abend-20.15 Uhr-Schön-Film), der Schotte Iain Glen (als Johannas Ekel-Vater), die hervorragenden Kinder Tigerlily (als Johanna zwischen 6+9 Jahren) und Lotte Flack (als Johanna zwischen 10+14 Jahren) sowie Alexander Held (als „typischer“ Kaiser Lothar) und der unverwüstliche Christian Redl (als autoritärer Abt von Fulda) ausgemacht. Was ist/soll das nun? Kintopp halt, wie es die Amis und die Spanier und die Franzosen seit Jahrzehnten immer mal wieder (mehr oder weniger) erfolgreich machen, zur allgemeinen „Belustigung“, und nun machen wir das federführend und förderungsstark auch. Na und bzw.: Mein Gott, warum denn nicht???

Das Urteil der hiesigen Filmbewertungsstelle (FBW) aus Wiesbaden: Das höchste Prädikat „Besonders wertvoll“. Begründung: „Ein eindrucksvoller und gefährlicher Lebensweg, ein monumentales und faszinierendes Filmepos“. Na bitte (= 3 PÖNIs).

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