Der letzte Wolf

DER LETZTE WOLF“ von Jean-Jacques Annaud (Co-B + R; China/Fr 2012-2014; Co-B: Alain Godard, Lu Wie, John Collee; nach den Roman „Der Zorn der Wölfe“ von Lü Jiamin/2004 unter dem Pseudonym Jiang Rong; K: Jean Marie Dreujou; M: James Horner; 119 Minuten; Start D: 29.10.2015); der französische Filmemacher und (Auslands-)“Oscar“-Preisträger JEAN-JACQUES ANNAUD (1977, Debüt für die Elfenbeinküste: „Sehnsucht nach Afrika“) hat sich ja schon einmal als hervorragender Tierfilm-Spielleiter bewährt, als er 1988 „Der Bär“ schuf (s. Kino-KRITIK). Hier jedoch patzt er. Denn sein vollends in China, in der Inneren Mongolei, mit einem Budget-Volumen von rd. 40 Millionen Dollar gedrehter Streifen – finanziert von der „China Film Group“ -, der in China ein großer Kino-Erfolg war, basiert auf lauter Missverständnissen. Denn das nach einem semi-autobiographischen chinesischen Bestseller-Roman entstandene Werk ist weder Fisch noch Fleisch. Motto: Ein Kuddelmuddel von wunderschönen Landschaftsbildern, bekannten, interessanten Tieraufnahmen von „menschlichen“ Wölfen und partei-politischer Rücksichtnahme.

Mao und seine Kulturrevolution. 1967. Chinesische Studenten „verpflichten“ sich zur fortschrittlichen Lehr-Arbeit in der mongolischen Steppe, im Norden Chinas. Darunter der junge Intellektuelle Chen Zhen (SHAOFENG FENG). Es gilt, den Einheimischen Lesen und Schreiben beizubringen, damit Maos kommunistische Lehre vermittelt werden kann. Dem Nachwuchs aus der Großstadt imponiert vor Ort die stimmige Einheit von Mensch und Natur. Natur und Mensch. Der Mensch und die hier ansässigen Wölfe haben sich „verständigt“ in Sachen Leben und leben lassen. Von wegen: Ökologisches Gleichgewicht. So dass jede Seite „existenzielle Vorteile“ besitzt. Doch die politische Führung greift in diesen bislang so stimmigen Lebenskreislauf unsinnig ein und zerstört massiv wie aggressiv diese „Übereinkunft“. Indem sämtliche Tiere vernichtet werden sollen. Um mehr Platz und Raum für die neuen Menschen zu schaffen. Als Chen einen Wolfswelpen rettet und heimlich aufzieht, ergeben sich zwangsläufig massive Probleme.

Der dumme bis schlechte Mensch mal wieder. Mit seinen vielen Fehlern. Ein Oberster befiehlt und alle gehorchen. Und beginnen untertanenmäßig, Natur und Tiere zu zerstören. Annaud bleibt aber in polit-kritischer Deckung, deutet dies nur vergleichsweise sanft an und schwächt dann brav ab, der Zensur sei Dank, um sich darauf zu beschränken zu zeigen, wie elendig humane Landschaft beschädigt wird und dort lebende Tiere ausgerottet werden. Mit wenigen Ausnahmen. Aber auch das Verhältnis von Chen zu seinem jungen Wolf, den er naiv bis dann dümmlich wie einen eigenen Hund aufzieht und behandelt, ist irritierend. Und dann wird auch noch eine Liebesgeschichte zwischen Chen und einem verheirateten Nomadenmädel angesetzt, die ebenso schnell verpufft wie das nähere Interesse überhaupt an diesem chinesischen Schwank.

Die eigentliche Absicht, den Wolf als natürlichen Nachbarn des Menschen zu betrachten und zu akzeptieren, Verständnis für beide Lebenswelten zu wecken, kommt zwar immer mal wieder durch spektakuläre 3 D-Motive momentweise spannend hoch, bleibt aber letztlich emotional unterkühlt. Und wirkt gekünstelt und zerfahren. Wie dieser gesamte unglückliche beziehungsweise verunglückte Gute-Absicht-Film (= 2 PÖNIs).

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