IT COMES AT NIGHT

PÖNIs: (4/5)

„IT COMES AT NIGHT“ von Trey Edward Shults (B + R; USA 2016; K: Drew Daniels; M: Brian McOmber; 91 Minuten; deutscher Kino-Start: 18.01.2018); selten so gegruselt und selten dabei so wohlgefühlt: „IT COMES AT NIGHT“, auf dem vorjährigen „Fantasy Filmfest“ bei uns erstmals vorgestellt, ist ein kluger Spannungsfilm mit viel Niveau-Geschmack. Ein Horror-Kopf-Thriller der Extra-Klasse.

Warum eigentlich – und verdammt nochmal – lebt „Mensch“ eigentlich noch. Wo alles verwüstet ist. Durch eine weltweite Epidemie. Es gibt nichts mehr „zum Leben“. Es gibt nur noch ein Hausen. Ein Selber-Warten auf den Tod. Paul (JOEL EDGERTON) hat sich mit Ehefrau Sarah (CARMEN EJOGO) und dem 17-jährigen Sohn Travis (KELVIN HARRISON) in ein abgelegenes Waldhaus zurückgezogen. Offensichtlich haben sie nichts „abbekommen“. Ganz im Gegensatz zu ihrem Vater, der nackt auf einem Stuhl sitzt, mit Pestbeulen übersät, und von der Tochter mit Gasmaske verabschiedet wird. Draußen wird er erschossen und verbrannt. Damit ist die „normale“ Stimmung hier vorgegeben. Die Familie, die sich „abgesondert“ und „eingerichtet“ hat, viele Waffen besitzt und kämpfen will, falls es Angreifer geben sollte. Der Titel sagt es voraus: in einer Nacht bricht Will (CHRISTOPHER ABBOTT) in ihr Haus ein. Wird vom Hausherren überwältigt. Will behauptet, für seinen Sohn und seine Familie „draußen“ Wasser gesucht zu haben und dachte, das Haus sei leer. Zugleich erklärt er, dass es dort, wo er herkomme, Ziegen, Hühner und genügend Nahrung zum Tauschen gäbe. Pauls Frau überredet ihren Mann, Wills Familie mit ihrem Vieh und ihren Ressourcen aufzunehmen. Doch das gegenseitige Misstrauen ist erheblich. Die Paranoia winkt aus jeder Ecke, jedem Winkel. Wir befinden uns in einer Waldhaus-Hölle, in der nichts und niemandem ge- bzw. vertraut wird und die zivilisatorischen, also sozialen wie kulturellen Beziehungen von Menschen auf ein Minimum gesunken sind. Im Grunde unterscheidet sich zwischen „Mensch“ und dem, was wir „Monster“ nennen, nicht mehr viel. Die Verrohung ist komplett. Eigentlich ist es doch besser, sich von solch einer Welt schnellstmöglichst zu verabschieden. Signalisieren die vielen ungeheuerlichen nervösen Motive.

Nein, kein Hackebeil-Streifen mit viel Blut-Geruch. Also kein 08/15-Horror von der gewöhnlichen Gewalt- und Schock-Stange. Dafür der innere Dauer-Grusel. Unerklärlich, aber begreifbar. Mit rasantem Tempo, was für ein unterschwelliges, furchtbar-logisches wie entsetzlich-gemeines, also menschenunwürdiges Verhalten sorgt. Von wegen: allgemeine Verzweiflung, riesige Angst, irrer Überlebenswille. Mensch, was bist du bloß für ein schreckliches Wesen heute. Oder bald. Beziehungsweise: DU Homo sapiens, was ist aus dir geworden?

Der 28-jährige US-Autoren-Regisseur TREY EDWARD SHULTS (den Namen unbedingt merken!) hat für rund 5 Millionen Dollar einen großartigen Independent-Hit geschaffen, der mit Sicherheit bald mit dem Geruch „Kult“ umgeben sein wird (= 4 PÖNIs).

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