IN THE ELECTRIC MIST

Dass gute Filme des Öfteren nicht mehr die Kinos erreichen, sondern gleich auf dem DVD-Markt verwertet werden, ist nichts Neues. Und das es sich bei DEM neuen Film, den ich heute vorstelle, tatsächlich um einen ganz hervorragenden Thriller handelt, konnte man sich bereits bei der Berlinale 2009 überzeugen, wo er im dortigen Wettbewerbsprogramm lief (und natürlich, Achtung Polemik, von der Jury NICHT preislich bedacht wurde). Allerdings – um diesen Film gab es bereits im Vorfeld „einigen Rummel“, denn er wurde von seiner Produktion/von seinen Produzenten mehrfach umgeschnitten, wobei „darüber“ bedauerlicherweise im Bonusmaterial nichts erklärt wird. Schwierigkeiten zuhauf also um diesen Film, in dem „Amerika + Europa“ sich bemühten, halbwegs gedanklich wie handwerklich wie dramaturgisch zusammenzufinden.

IN THE ELECTRIC MIST“ von Bertrand Tavernier (USA/FR 2008; 112 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 28.05.2010), Deutscher DVD-Zusatztitel: „Mord in Louisiana“.

Geschrieben hat „Im elektrischen Nebel“ das Ehepaar Jerzy Kromolowski + Mary Olsen-Kromolowski. Sie adaptierten einen Roman des 73jährigen Texaners JAMES LEE BURKE. Dessen Krimi-Reihe um den Südstaaten-Polizisten DAVE ROBICHEAUX ist auch bei uns populär geworden. Einer dieser zahlreichen Romane um den alkoholkranken störrischen Schnüffler ist bereits von den Amis verfilmt worden: „MISSISSIPPI DELTA – IM SUMPF DER RACHE“ (Originaltitel: „Heaven´s Prisoners“) von Phil Joanou setzte 1996 ALEC BALDWIN als „harten Hund“ in Bewegung.

Regisseur hier ist der (zur Drehzeit) 67jährige französische Renommee-Regisseur BERTRAND TAVERNIER („Der Uhrmacher von St. Paul“/1974, Berlinale-Jury-Spezialpreis; „Der Saustall“/1981; „Um Mitternacht“/1986, der Jazz-Film mit Dexter Gordon, für dessen Musik Herbie Hancock den „Oscar“ erhielt; „Der Lockvogel“/1995 „Goldener Berlinale-Bär“…..). Der davon erzählt, wie eine ganze Region und Landschaft durch den HURRICAN KATRINA verwüstet wurde, was zur Folge hat, dass sich jetzt „üble Schmeißfliegen“ eingefunden haben, um das geschädigte Land in ihren Besitz zu nehmen.

Der Burke-Roman „In the Electric Mist with Confederate Dead“ wurde 1993 veröffentlicht, deutscher Buch-Titel: „Im Schatten der Mangroven“. „Es ist schwer, dich von deiner Arbeit abzuhalten“, muss sich Dave Robicheaux von seiner bezaubernden Ehefrau Annie sagen lassen, „jetzt trink deine Milch aus und komm´ ins Bett“. Aber der Sheriff, der Kaninchen züchtet, eine kleine Adoptivtochter aus El Salvador hat, die er aus einem Flugzeugwrack einst befreite, und regelmäßig zu den Anonymen Alkoholikern geht, hat „Fährte“ aufgenommen. Eine junge Prostituierte ist bestialisch gekillt worden. Zugleich findet Dave in den Sümpfen die verwesten Knochenreste eines Schwarzen in Ketten, der vor vielen Jahren umgebracht wurde. Wie ein fanatischer Philip Marlowe beginnt Robicheaux zu ermitteln. Lässt sich weder aufhalten noch abschütteln. „Du drehst langsam durch“, rotzt ihn der lokale Pate „Baby Feet“ Balboni sauer an (JOHN GOODMAN mit einer hinreißenden Wut-Performance). Weil Dave seine Geschäfte stört. Doch DER hat sich in seine Aufklärungssuche regelrecht verbissen. Zumal weiteres „Unheil“ droht und geschieht.

Ein Blues-Thriller. Mit „Cajun-Geschmack“. An Originalschauplätzen gedreht, mit stimmungsvoller Musikalität (Komponist: MARCO BELTRAMI), spannend, atmosphärisch in diese hitzige schöne Landschaft eingepackt (Kamera: BRUNO DE KEYZER). Bei dem die heißen Temperaturen schon mal dafür sorgen, dass auch der Geist eines Südstaaten-Texas-Generals von 1865 eine wichtige psychologische Aufklärungsrolle spielt. „Jemand will mich in den Wahnsinn treiben“, konstatiert Dave Robicheaux nicht ganz zu Unrecht.

Es gibt Stars, die FÜLLEN einfach die Leinwand. Oder eben auch den großen Heimkino-Bildschirm. Die brauchen nur DA zu sein, DABEI zu sein, PRÄSENT zu sein, und man ist gefesselt. Solch ein Klasse-Typ ist der 63jährige Texaner und „Oscar“-Preisträger TOMMY LEE JONES („Auf der Flucht“), der ja auch angefangen hat, selbst Regie zu führen und mit „Three Burials – Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“ 2005 ein sensationelles Psycho-Western-Leinwand-Debüt feierte, das Ovationen bei der Präsentation auf den Filmfestspielen von Cannes bekam. Das Debüt-Werk kam danach bei uns allerdings auch „nur“ auf DVD heraus und wird übrigens in dieser Woche, am Donnerstag (10.6.2010), von der ARD in Erstaufführung um 22.45 Uhr ausgestrahlt.

Tommy Lee Jones, mit seiner SEHR atmosphärischen deutschen Dauerstimme RONALD NITSCHKE, benötigt einmal mehr nicht viel, um die Szenerie zu definitiv zu beherrschen. Ist ein sensibles cooles Kraftpaket, auch ohne ständige dunkle Sonnenbrille („Men In Black“). Ist einfach gut, überzeugend, charismatisch. Und kabbelt sich mit hervorragenden prominenten Stichwort-Partnern wie MARY STEENBURGEN, dem irren JOHN GODDMAN oder dem guten alten NED BEATTY in einer Nebenrolle. Ein starkes gutes Stück von wunderbar altmodischem Spannungsfilm, das ist – jetzt auf DVD – „IN THE LECTRIC MIST – MORD IN LOUISIANA“.
Anbieter: „Koch Media“.

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