THE HUNTER

====Selten war der Blick, die Bewegung des Körpers, so traurig wir hier. ER hatte das Tier gejagt, ES hatte ihn schließlich gefunden. Als wollte es sagen – hör‘ auf, mich zu suchen. Ich bin jetzt da. Als er anlegte, war der Blick des Tieres nur noch unendliche Trauer. Mach‘ endlich Schluss. So in der Art. Ich komme sowieso nicht zur Ruhe. Ich bin der Letzte meiner Art. Einsam und müde. Und fertig mit der Welt. Plötzlich war auch er von dieser Melancholie beseelt. Und traf eine folgerichtige Entscheidung. Die einzig mögliche. (HUP) ======

Es ist ein Gebiet mit einer „wunderbar spektakulären Landschaft“ („Stern“). Einer herrlichen, vielfach atmenden grandiosen Natur. Die blühenden Bäume. Die Farben des Bodens. Diese schwarzen Wasserteiche. Das ständig wechselnde Wetter. Eben die Sonne, jetzt mal kurz ein Schneesturm. „Diese Landschaft hat etwas Melancholisches“, meint Regisseur Daniel Nettheim im umfangreichen (untertitelten) „Making Of“-Bonusmaterial. Und meint TASMANIEN. Die Insel, die sich ungefähr 240 Kilometer südlich des australischen Festlandes befindet. Meint diesen eigenen australischen Bundesstaat, zu dem auch mehrere kleine, meist unbewohnte Inselgruppen in der Region gehören. Und dessen Hauptstadt Hobart heißt. Wo auch die Welturaufführung dieses Filmes stattfand. Denn hier, in Tasmanien, spielt die Geschichte. Und der Film konnte folglich auch nur hier entstehen. Gedreht werden. Mitten in dieser weiten, noch unberührten Natur. Übrigens, der prominenteste „Tasmane“ ist ERROL FLYNN, der am 20. Juni 1909 in Hobart geboren wurde (und am 14. Oktober 1959 im kanadischen Vancouver starb). Aber für diesen Film, der hierzulande gleich für das Heimkino angeboten wird, spielt das keine Rolle. Vielmehr steht ein „richtiger“ Kämpfer im geheimnisvollen Mittelpunkt des Geschehens, der TASMANISCHE TIGER:

THE HUNTER“ von Daniel Nettheim (Australien 2011; B: Alice Addison, K: Robert Humphreys; 102 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 24.07.2012).

Es existieren Schätzungen: Nach denen sind seit Beginn der Gründung der Erde 500 Millionen Tierarten ausgestorben. Heutzutage sollen TÄGLICH 130 Tier- und Pflanzenarten dazukommen. Ausgelöst bzw. ausgelöscht durch den Menschen. 1999 kam der Roman-Erstling der (damals) 29jährigen australischen Autorin JULIA LEIGH heraus: „The Hunter“ (2002 bei uns erschienen). Nach Ansicht der Londoner Zeitung „The Observer“ zählt Julia Leigh jetzt schon zu den „21 Schriftstellern, die das 21. Jahrhundert am meisten beeinflussen werden“. Die filmische Adaption ihres Romans blickt auf Martin David (WILLEM DAFOE). Martin ist Jäger. Industrie-Söldner. Ein wortkarger Bursche. Der für einen neuen lukrativen Job angeheuert wird. Von einem Biotech-Unternehmen. Dem „Spuren“ des – eigentlich – vor 72 Jahren verschwundenen und als ausgestorben geltenden Tasmanischen Tigers viel Wert sind. Um diese Rasse profitabel „wiederauferstehen“ zu lassen. Martin David soll diese seltenste und damit wertvollste Kreatur auf unserem Planeten aufspüren, erlegen und sein Gen-Material sichern.

Vor Ort sind „die Gegebenheiten“ schwierig. Die Einheimischen, Waldarbeiter, die die Bäume hier abholzen sollen, halten ihn für einen Öko-Freak und begegnen ihm feindlich. In der Familie, wo er untergebracht ist, ist der Vater in der Wildnis verschwunden. Ehefrau Lucy Armstrong (FRANCIS O’CONNOR) ertränkt ihren Kummer in Tabletten, ihre zwei Kinder, die kesse (etwa 9jährige) Sass (MORGANA DAVIES) und ihr kleiner stummer Bruder Bike (FINN WOODLOCK), „händeln“ so gut es geht die häusliche Hütte. Unterstützt von Jack Mindy (SAM NEILL), einem älteren Freund der Familie. Und von undurchsichtigem Charakter, wie Martin bald bemerkt. Der sich viel in der Wildnis herumtreibt. „Recherchiert“. Spuren aufnimmt. Fallen aufstellt. Wartet. Abwartet. Und bei der Rückkehr immer mehr in diese kleine Familie „hineinkommt“. Hineinwächst. Sich dort „ohne große Aufregung“ wohlzufühlen beginnt. (Machen Sie sich aber bitte jetzt keine falschen = plumpen Weitergehstory-Happy-Gedanken). Was für den Solisten eine ganz neue emotionale Erfahrung bedeutet. Auch, weil er mitgewirkt hat, dass sich Mutter Lucy inzwischen „berappelt“ hat. Und wieder begonnen hat, mit ihren Kindern und mit der Nachbarschaft „mitzuleben“. Doch sein Auftraggeber „drängelt“. Will Ergebnisse. Zudem „mischt“ sich auch Jack Mindy im Hintergrund „unangenehm“ ein. Der „Hunter“ steht unter Druck. Und bemerkt, dass er „draußen“, in der Wildnis, längst nicht mehr menschen-alleine ist…

„The Hunter“ ist ein aufregend-ruhiger, außerordentlich packender Öko-Thriller. Nach dem Spannungsmotto: Das „Passieren“ ist das viele „Nicht-Passieren“. Im herkömmlichen Sinne. Vielmehr: Geräusche. Bewegungen. Die Sprache der Luft. Der Wolken. Der überwältigenden Natur. Blicke, Gesten, stumme Bewegungen. Diese sensible und dabei zutiefst dramatische Körper-Sprache von WILLEM DAFOE. Der 56jährige Amerikaner ist ja bekannt für seine „zweiteiligen“ Rollen: In Blockbuster-Movies (wie „Speed 2“, „Spider-Man“, „John Carter – Zwischen zwei Welten“) mitzumischen, um sich Mitwirkungen in preiswerten Filmen wie „Basquiat“, „Ripley Under Ground“ oder „Ein Leben für ein Leben – Adam Resurrected“ „leisten“ zu können. Hier nun kann er als abgebrühter, ausgemergelter Profi-Jäger wie als selbstbestimmendes Job-Individuum Martin David charismatisch voll „zuschlagen“. Gewinnen: Vermag einmal mehr seine begeisternde, stimmungsvolle Intensität als Charakter-Darsteller „auszubreiten“. Ausspielen. In einem vorzüglichen, spannenden Seelenzwiespalt-Part.

Musikalisch übrigens auch ganz superb, fein suspense-sanft begleitet. Willem Dafoe, der in fast jeder Einstellung mit-dabei ist, „saugt seine Figur vollkommen auf und liefert eine meisterhafte Charakterisierung voll feiner Details“ („Urban Cinefile“). Ein Mann, die Natur, seine – endliche – Berufung. Was für eine faszinierende Performance dieses ausdruckstarken Schauspielers!!! Dem sich FRANCES O’CONNOR („A.I. – Künstliche Intelligenz“ von Steven Spielberg) und der australische Routinier SAM NEILL („Jurassic Park“ von Steven Spielberg) stichwortmäßig eng anschließen. Wobei SIE das leitende Gedankenmotiv einmal erklärt: „Besser ausgestorben zu sein als ständig von profitgierigen Menschen gejagt zu werden“. Während der kleine Junge, FINN WOODLOCK, als Bike, an seiner Seite, mit seinen fragenden, traurigen Augen und seinem gedankenverlorenen Gesicht, sensationell darstellerisch „blüht“. Was für ein kleiner, tapferer Seelen-Ritter der Wildnis. Unglaublich, dieser tolle Bengel. Als Partner von Willem Dafoe.

Ein atmosphärischer Thriller mit Familiendrama-Geschmack: „THE HUNTER“ ist ein faszinierender filmischer Gewinn für das Kino Zuhause (= 4 1/2 PÖNIs).

Anbieter: „Ascot Elite Home Entertainment“

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