HEUTE BIN ICH SAMBA

PÖNIs: (3,5/5)

„HEUTE BIN ICH SAMBA“ von Éric Toledano und Olivier Nakache (B + R; in Anlehnung an den Roman „Samba Pour La France“ von Delphine Coulin; Fr 2013/2014; K: Stéphane Fontaine; M: Ludovico Einaudi; 118 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.02.2015); wenn Ihnen vielleicht die Namen der beiden Autoren-Regisseure nichts sagen, ihren Film davor haben Sie bestimmt gesehen: „Ziemlich beste Freunde“ (s. Kino-KRITIK) avancierte auch hierzulande mit über 9 Millionen Kinobesuchern zu einem Hit. Ihre neueste Tragikomödie führt wieder in die gesellschaftlichen Tiefen, zum Prekariat des (französischen) Alltags. Wo „sie“ leben: die Zugereisten, die Fremden, „die Anderen“. Wie Samba (OMAR SY/der schwarze Pfleger aus „Ziemlich beste Freunde“). Einst aus dem Senegal nach Frankreich gekommen, schlägt er sich immer noch mit Gelegenheitsjobs wie Tellerwäscher durch und lebt illegal bei seinem Onkel. Weil ein fester Restaurant-Job lockt, will er seinen „Status“ endlich, nach einem Jahrzehnt, legalisieren. Will endlich in die französische Gemeinschaft offiziell aufgenommen werden. Was prompt in Richtung Abschiebung (ver-)läuft.

Sie heißt Alice (CHARLOTTE GAINSBOURG), war im Wirtschaftsbusiness erfolgreich tätig, bevor sie mit einem Burn-out absackte. Nun versucht die labile, ausgebrannte junge Frau („Ich bin völlig durchgeknallt“), übergangsweise, bevor es in den alten Beruf zurückgehen soll, durch ehrenamtliche Mitwirkung bei einer Flüchtlingsorganisation auf die seelischen Beine zu kommen. Wo jede Hilfe, jede Person, höchst willkommen ist. Als sie Samba begegnet, beginnt für beide das kuriose emotional-soziale Realitäts-Abenteuer in der gesellschaftlichen Parallelwelt. Während sie ihn unterstützt, hilft er auch ihr. Klarer zu sehen, deutlicher zu denken, „normaler“ zu empfinden. Überhaupt: so langsam wieder mit sich klarzukommen.

Die beiden Filmemacher verstehen es erneut geschickt, die lakonische Balance zu setzen zwischen Abscheu, vor diesen alptraumhaften Unterschicht-Verhältnissen, und Respekt, vor den gesellschaftlichen „Zweit“-Menschen. Ohne zu moralisieren oder Anklage zu führen. Mal begibt sich ihr Grundton in die Charme-Region einer Farce, mal ist es bitter schauerlich, wenn es um den demütigenden Existenz-Stress „der Illegalen“ geht. Ihr Film ist das gute alte und prickelnd pointierte Lied: Anonym werden „SIE“ nicht wahrgenommen; bekommen „SIE“ aber ein Gesicht, kommen wir ihnen näher. Ist „Interesse“ vorhanden. OMAR SY als Samba öffnet durch seine schlaksige Melancholie und seinen eigenwilligen Humor Herz und Kopf. Besitzt als Unterschichten-Schelm die Sympathie-Kraft, triste trockene Alltagsskizzen emotional aufzubrechen. Ohne sie dabei zu diffamieren. Ein faszinierender Komödiant. Mit sehr viel sensiblem Ausstrahlungsvermögen. Dem Charlotte Gainsbourg als „spezielle Bürgerliche“ eine herrlich uneinheitliche, charismatische Partnerin ist.

„Frankreich“ kriegt es also filmisch erneut hin, von außergewöhnlichen Themen, Figuren und Erlebnissen glaubhaft wie reizvoll zu erzählen.

„Heute bin ich Samba“ ist ein unterhaltsames Intelligenz-Vergnügen (= 3 ½ PÖNIs).

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