HELL OR HIGH WATER

HELL OR HIGH WATER“ von David Mackenzie (USA 2015; B: Taylor Sheridan; K: Giles Nuttgens; M: Nick Cave; Warren Ellis; 102 Minuten; Start D: 14.01.2017); ein Texas-Movie von einem Briten: DAVID MACKENZIE, geboren am 10. Mai 1966 in Cambridge, bisher aufgefallen durch sein exzellentes Zivilisations-Drama „Perfect Sense“ (s. Kino-KRITIK). Dazu ein Hochkaräter von Drehbuch-Autor: TAYLOR SHERIDAN, der 2014 für das „heiße“ Skript zum analytischen Polit-Thriller „Sicario“ verantwortlich war und dessen neues Drehbuch seit 2012 in Hollywood hoch-gehandelt wurde. Im Übrigen: „Hell or High Water“, wortwörtlich: „Möge die Hölle oder Hochwasser kommen“, hier im gemeinten Übertragenen bedeutend: „Komme, was da wolle“, lief im letzten Mai bei den Filmfestspielen von Cannes, dort innerhalb der („Forums“-)Reihe „Un Certain Regard“. Ihn allerdings im texanisch-ländlichen Slang original ohne Untertitel zu hören, wie wir bei der Pressevorführung, ist ein hartes Stück Verständigungs-Arbeit, denn hier wird genuschelt und Slang-gebrabbelt, was einheimische Südstaaten-Münder nur so hergeben. Untertitel wären hier unbedingt detail-angebracht gewesen. (Im „normalen“ Kino läuft er jetzt natürlich synchronisiert).

Texas hat es auch erwischt. Die US-Wirtschaftskrise hat auch diese Region fest im Griff. Auf Schritt und Tritt: Zerfall, Staub, viel Leer-Lauf. Stillgelegte Industrie-Landschaften. Trostlose Fassaden. In West-Texas zum Beispiel, wo einst das Farm(er)-Leben pulsierte: die weite Trübnis. Die Banken haben nach dem Platzen der Immobilienblase Grund und Boden fest in ihrem Besitz. Resignation allerorten. Nicht so bei den Brüdern Tanner (BEN FOSTER) und Toby Howard (CHRIS PINE). Sie stammen aus dieser Gegend und wollen unbedingt das Familien-Land retten. Ihre Mutter ist gestorben, auf dem kümmerlichen Farm-Flecken bestehen Schulden. Weil hier Öl vermutet wird, hat die Bank die baldige Zwangsversteigerung angeordnet. Wenige Tage noch, dann ist es hier vorbei. Mit dem eigenen Anwesen. Nicht so für Tanner & Toby. Sie „holen“ sich ihr Geld von den Banken zurück, die ihnen ihr Eigentum „klauen“ wollen. Jedenfalls aus ihrer Sicht. Sie beginnen erfolgreich, Provinz-Banken zu überfallen. Rebellen-Tun wie in alten Western-Stories. Und es scheint auch, als kämen sie damit durch. Doch dann werden sie „übermütig“. Aus lakonischem „Spaß“ wird bitterer Ernst. Zudem hat sich Texas Ranger Marcus Hamilton (JEFF BRIDGES), der sich kurz vor dem Ruhestand befindet, gemeinsam mit einem Kollegen an die Fersen der Brüder geheftet. Der routinierte Schlitzohr-Wolf ahnt, was hier geschieht und setzt sich gemütlich vor das Bistro, gegenüber einer Bank. Und wartet. Geduldvoll.

Die Geschichte ist packend. Die Dialoge doppelbödig-lakonisch. Die staubige Atmosphäre faszinierend eingefangen. Die Darsteller sind großartig unaufgeregt. Charakter-stark eingebunden. Dieser listige Spannungs-Blick als sarkastisches Porträt von Leute & Land. Irgendwo steht an der Wand einer Bank geschrieben: „Drei Einsätze im Irak, aber für Leute wie uns gibt es keinen Kredit“. Deshalb treten die letzten Cowboys noch einmal an, um für eine „gerechtere Verteilung“ zu sorgen. Man befindet sich lange Zeit voll auf ihrer (Geschäfts-)Seite. Beeindruckend melancholisch unterstützt durch die Musik und Songs von Nick Cave und Warren Ellis.

„Hell or High Water“ ist ein Klasse-Neo-Western. Gut-Böse nie glatt formulierend. Zählt jetzt schon und garantiert, Anfang des Jahres 2017, mit zu den besten US-Filmen dieses Jahrgangs. BEN FOSTER, einer der mittleren Wilden im amerikanischen Radau-Kino („Warcraft: The Beginning“; „Todeszug nach Yuma“), mimt den inneren Dauer-Unruheherd, Bruder Tanner, mit aufreizender Wärme-Kälte; CHRIS PINE, ebenfalls Jahrgang 1980, seit 2009 als James T. Kirk-Junior und William Shatner-Nachfolger auch auf der neuen „Star Trek- Enterprise“ aktiv, lässt als geschiedener Familienvater Toby Howard (mit zwei Kindern) die charismatischen Willens- und Gefühlsmuskeln vorzüglich spielen. Erinnert zuweilen und aus der Ferne an den legendären explosiven Besonnenen James Dean. Und „Oscar“-Hero JEFF BRIDGES („Crazy Heart“) kann man immer zusehen, was er macht, wie er sich bewegt, was er spricht. Wohin er blickt: Ein faszinierender, stets präsenter Welt-Mime. In jedem Part.

„Komme, was da wolle“ wäre der günstigere, weil verständlichere Titel für diesen großartigen UNBEDINGT ANSEHEN-Spannungsfilm „HELL OR HIGH WATER“ (= 4 ½ PÖNIs).

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