FREE FIRE

PÖNIs: (4,5/5)

„FREE FIRE“ von Ben Wheatley (Co-B + R; GB/Fr 2015; Co-B: Amy Jump; Co-Produzent: Martin Scorsese; K: Laurie Rose; M: Geoff Barrow, Ben Salisbury; 90 Minuten; deutscher Kino-Start: 06.04.2017); angeblich wurden „nur“ 6000 Schuss Munition verwandt, gefühlt ist es das Zehnfache. 500 pyrotechnische Explosionen sollen gezündet worden sein. Okay. Beziehungsweise: ohne Scheiß: „FREE FIRE“ ist derzeit das Schärfste, was es im Genre-Pulk so gibt. Von der ersten Sekunde an: die pure, knisternde Action-Spannung. Mit dann einem Baller-Effekt, der großartig wie dauerhaft-wüst an die Birne knallt. Zum Mitreißen irre. Apropos:

Irre ist auch das gesamte Personal. Von Anfang an: Alpha-irre. 9 Männchen und Justine (BRIE LARSON). Sie ist die Vermittlerin. Für einen Waffen-Deal, anno 1978 in Boston/Massachusetts. Ort: Eine riesige zerfallende, düstere Lagerhalle. Hier treffen sich die Beteiligten. IRA-Vertreter aus Irland mit örtlichen „Geschäftsleuten“. Von Anfang an herrschen überhebliche Töne. Anmachereien. Beleidigungen. Die sich aber auch immer wieder „beruhigen“, denn der Blick geht ja auf beiden Seiten in Richtung Business. Ein schneller Abschluss ist das Ziel. Und dann bloß weg von hier. Und wir ahnen, so wie das hier cool-formuliert und heftig-annonciert ist, kommt es garantiert gleich ganz anders. Werden wahrscheinlich nicht alle lebend hier ‘rauskommen. Dann scheint aber alles klar, als „die Anti-Chemie“ buchstäblich explodiert. Der Funke: ein klitzekleines Personal-Motiv. Zwischen zweien. Und der Funke zündelt erst und zündet dann. Hochkarätig. Abgrundtief hasserfüllt. Fortan herrscht die totale Existenz-Frage. Motto: Wer ist wo getroffen worden und macht trotzdem lautstark („kommunikativ“) weiter. Die gegenseitigen Sprüche toben sich genauso aus wie die vielen fotogenen Duelle. Beruhigen sich nur momentweise. Dazu rocken Songs von „Creedence Clearwater Revival“ bis – wie völlig absurd-fein – John Denver (mit seinem Country-Hit „Annie’s Song“). Anderthalb Stunden fetzt es in Richtung Immer-auf-die-Zwölf. Politisch korrekt… Scheiß drauf! Man kreucht und fleucht. Und dann tauchen auch noch zwei Sniper aus dem Dunkeln auf.

Team-Arbeit ist gefragt. Bei diesem knallvollen, köstlich schwarz-schwarz-ironischen Power-Movie, das sich eindeutig inspiriert zeigt vom Quentin Tarantino-Debütfilm „Reservoir Dogs“ aus dem Jahr 1992. In einem Reste-Rampe-Lagerhaus explodieren Emotionen. Und wie! Hören gar nicht mehr auf. Zu kreischen und zu toben. Mit namhaften wie Rollen-paranoiden Team-Playern wie ARMIE HAMMER („Lone Ranger“) als blasiertem, trockenhumorigem „Grandezza“-Vollbart-Typen Ord, der sich vor allem darüber aufregt, dass sich eine Kugel in seiner elegant-teuren Jacke verfangen hat. Und mit Rotzlöffel-Prolls wie SAM RILEY („Stolz und Vorurteil & Zombies“); CILLIAN MURPHY („Red Lights“); SHARLTO COPLEY („District 9“) oder eben die mit-eingebundene und ebenfalls voll-mit-austeilende BRIE LARSON (die mit dem „Oscar“ belohnte „Mama“ aus „Raum“; s. Kino-KRITIK) als taffes Geschäftsmädel Justine.

Dass ein MARTIN SCORSESE sich hierfür als Co-Produzent beteiligte ist verständlich und adelt diese exzentrische, glänzend inszenierte Choreographie der Spaß-Gewalt. „FREE FIRE“ ist eine Klasse B-Movie-Show, deren ausgefuchste Fieber-Kamera den Puls mit atmosphärischer Bravour an- und hochtreibt. Der britische Co-Drehbuch-Autor und Regisseur BEN WHEATLEY („Kill List“/2011; „Sightseers“/2012; zuletzt: „High-Rise“/2015; s. Kino-KRITIK) hat ein fantastisches Meisterwerk des Schmutzes geschaffen, für das garantiert bald der Kult-Status ausgerufen werden wird (= 4 1/2 PÖNIs).

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