FLORENCE FOSTER JENKINS

PÖNIs: (4/5)

„FLORENCE FOSTER JENKINS“ von Stephen Frears (GB 2015; B: Nicholas Martin; K: Danny Cohen; M: Alexandre Desplat; 110 Minuten; deutscher Kino-Start: 24.11.2016); SIE ist ein charmant-anarchistisches Dauer-Thema im Kino; jedenfalls seit dem Vorjahr, als sie das erste Mal in einem französischen Spielfilm auftauchte: FLORENCE FOSTER JENKINS (*19.7.1868 in Wilkes-Barre, Pennsylvania – †26.11.1944 in New York). Der Film hieß „Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne“ (s. Kino-KRITIK/Hauptrolle: Catherine Frot) und versetzte die Lebensgeschichte der Amerikanerin nach Frankreich. Vor zwei Wochen startete ein deutscher Dokumentarfilm von Ralf Pleger in unseren Kinos, „Die Florence Foster Jenkins-Story“ (s. Kino-KRITIK/mit Joyce DiDonato), und nun erreicht uns sozusagen der Haupt-Film dazu.

Und wer anders ist geeicht für eine solch wunderbar schräge komische Partitur? Natürlich: Die vielfache „Oscar“-Lady MERYL STREEP. Sie kriegt diese steinreiche, exotische, tragikomische Lady Pompadur in Styling, Bewegung, Charme, Charisma wunderbar an die Bühnen-Rampe. Premium-Prädikat: vorzügliche Herzens-Unterhaltung über eine legendäre Gesellschafts-Dame.

Lady Florence, wie sie sich gerne nennen ließ. Als reiche Erbin, die von ihrem ersten Ehemann, 18-jährig, mit Syphilis angesteckt wurde, starke Medikamente nehmen muss und eine Perücke trägt, kann sich ihren Lebenstraum erfüllen: ein Gesangs-Star zu werden. Auf pompöser Opern-Bühnen-Seligkeit. Sie gründet den „Verdi-Club“ und ist dort in überfüllten Vortragsabenden zu hören. Singt dabei dermaßen lauthals und inbrünstig schlecht, Ton-daneben, dass sich ihr „spezieller“ Ruf schnell verbreitet. Die Gesellschaft hat ihren Spott und ihre hämische Lust. Was Lady nicht mitbekommt beziehungsweise was von ihrem Ehemann und Manager St. Clair Bayfield (HUGH GRANT) vor ihr geheim gehalten wird. Madame ist angesagt. Glaubt sie jedenfalls. Weil „Anhänger“ ihr zureden. Sie will „größer“ auftreten. Dafür wird ein eigener (entsetzter) Pianist, Cosmé McMoon (SIMON HELBERG/“The Big Bang Theory“), engagiert. Ein großzügiges Honorar kann ihn ebenso besänftigen und zum Mitspielen verpflichten wie Maestro Carlo Edwards (DAVID HAIG), dem Assistenzdirigenten an der Metropolitan Opera. Und nun auch Madames Coach. Die „Übungen“ verlaufen temperamentvoll. Während Ehemann St. Clair jetzt viel „zu tun“ bekommt. Erst wird eine Schallplatte gepresst (= von der heutzutage sogar Elton John und Barbra Streisand eine besitzen sollen), dann steuert Florence auf ihr Ziel zu: ein Konzert in der weltberühmten New Yorker Carnegie Hall. Die Diva sorgt für Furore. Das Haus ist binnen kürzester Zeit restlos ausverkauft. Viele Interessenten müssen abgewiesen werden. Am 28. Oktober 1944 ist es dann soweit. Auftritt: FLORENCE FOSTER JENKINS. Ihr Motto: „Die Leute können behaupten, dass ich nicht singen kann, aber nicht, dass ich nicht gesungen hätte“!

Lächerlich, berührend, mutig. Frei nach dem Motto: Gesang ist, wenn man singt. Natürlich war/ist diese exzentrische Meryl Streep-Florence lächerlich. Zugleich aber ist sie dabei sehr berührend. Und erstaunlich mutig. Konsequent unnormal. Ihr die Würde zu belassen, sie nicht zu veralbern, zu denunzieren, was ein Leichtes wäre, schafft Regisseur STEPHEN FREARS unaufgeregt-spielend. Er hat ja auch ein phantastisches Unterhaltungshändchen für berühmte Themen- wie Film-Frauen. Nach Glenn Close & Michelle Pfeiffer in „Gefährliche Liebschaften“ (1988); Julia Roberts in/als „Mary Reilly“ (1996); Helen Mirren in/als „The Queen“ (2006) oder Judi Dench in/als „Philomena“ (2013) bringt er nun die begnadete MERYL STREEP zum phantastischen wie erfolgreichen Daneben-Singen. Die dreifache „Oscar“-Preisträgerin (bei bislang 19 Nominierungen) hatte offensichtlich einen köstlichen Spaß, diese eigenwillige Selbstdarstellerin stilvoll und elegant-falsch-zirpend zu interpretieren. Und mit dieser präsenten Lust zieht das gesamte Ensemble augenzwinkernd-fröhlich mit. Allen voran: Der lange Zeit nicht mehr so luftig-lockere, herrlich spitzzüngige HUGH GRANT-Ehemann St. Clair Bayfield.

Ein gut situierter Mensch gibt sich – völlig unnötigerweise – ständig eine öffentliche Blöße. Gegen jeden „Anstand“. Mit vollen Widersprüchen. Was für ein Vergnügen! Meryl Streep darf die nächste, die 20. „Oscar“-Nominierung erwarten (= 4 PÖNIs).

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