EIN DORF SIEHT SCHWARZ

PÖNIs: (4/5)

„EIN DORF SIEHT SCHWARZ“ von Julien Rambaldi (Co-B + R; Fr 2015; Co-B: Benoit Graffin, Kamini Zantoko; K: Yannick Ressigeac; M: Emmanuel Rambaldi; 96 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.04.2017); am 31. Oktober 1958 kam in der BRD ein deutsches Lustspiel in die Kinos. Titel: „Die Landärztin“. Der Regisseur war Paul May. Die Titelrolle spielte Marianne Koch. In einem kleinen bayerischen Dorf stemmt sich alles gegen die „NEUE“. Land-Ärztin. Es benötigt viel depperte (Ulk-)Zeit und Unruhe, bevor die Dörfler zur Besinnung kommen und „ihre Ärztin“ endlich anerkennen.

2017 erleben wir in einem französischen Polit-Lustspiel ähnliches. Allerdings – die Zeiten heuer sind beängstigender, es geht jetzt nicht mehr „nur“ um Geschlechter-Diskriminierung, sondern um offenen Rassismus. Zwar im Jahr 1975 versteckt, doch brisant-aktuell kurz vor den bevorstehenden Wahlen in Frankreich. Das Kaff, pardon, heißt Marly-Gomont, liegt im Norden des Landes, wo die Einheimischen noch nie „einen Schwarzen“ gesehen, geschweige denn „begrüßt“ haben. Doch nun kommt er, „der Fremde“, mit der dunklen Haut, ausgerechnet hier her. Seyolo Zantoko (MARC ZINGA /“James Bond 007: Spectre“) hat gerade an der Medizinischen Fakultät von Lille seinen Doktor-Abschluss gemacht. Trotz des verlockenden Angebotes, Zuhause, im Kongo, Leibarzt von Präsident Mobutu zu werden, will Seyolo nicht nach Kinshasa zurück, sondern in Frankreich bleiben. Nimmt das Bürgermeister-Angebot an, in der Walachei zu arbeiten und mit seiner Familie – entsetzte Ehefrau, zwei Kinder – „als Medizinmann“ zu leben.

Fortan spielen sich erst einmal genau d i e Vorurteils- und Verachtungs-Dinge ab, die wir jetzt im Kopf haben. Allerdings mit gebremstem „französischen Charme-Schaum“. Niemand wird hier so „richtig“ denunziert und diffamiert, obwohl die politischen Ambitionen deutlich benannt und hervorgekehrt werden, etwa wenn ein machthungriger Bürgermeister-Konkurrent die fiese Gerüchte-Küche innerhalb der kleinen Gemeinde übel schwingt, um demnächst ans rechtsnationale, intolerante Führer-Ruder zu gelangen. Doch Familie Zantoko hat keineswegs die Absicht, die demütigende Opferrolle zu akzeptieren. Zudem: „Fußball“ und „Weihnachten“ verhelfen schließlich, den Starrsinn bei den meisten zu vertreiben.

Co-Drehbuch-Autor und Regisseur Julien Rambaldi geht listig den Demagogen an den braunen Kragen. Und meldet eine kleine, feine unterhaltsame wie subversive Strategie an, bei der er vor populistischem Schwachsinn ironisch warnt. So etwas würde ich, nach der pikanten wie erfolgreichen Willkommens-Kultur „bei den Hartmanns“, auch hierzulande viel öfters im Kino sehen, erleben, genießen wollen. Frankreich ist uns diesbezüglich viele unterhaltsam-clevere Film-Meilen voraus (= 4 PÖNIs).

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