DOLAN’S CADILLAC

PÖNIs: (4/5)

Normalerweise geht man in der Videothek an „solch einem Titel“ glatt vorbei: „Dolan´s Cadillac“? Na und? Zwar ist Hauptakteur Christian Slater auch hierzulande kein Unbekannter („Der Name der Rose“/1986/neben Sean Connery, immerhin, aber da war er 17), dennoch mit seinem „Star“-Namen glänzt es filmisch schon längst nicht mehr „automatisch“. Und wer kennt schon hier seine filmischen Mitstreiter wie Wes Bentley, Greg Bryk, Aidan Devine oder Al Sapienza??? Schließlich bietet der unbekannte amerikanische Regisseur Jeff Beesley auch keinen Grund, gerade nach dieser DVD zu greifen. Also?

Na ja, immerhin ist der Buch-Autor, nach dessen Klein-Roman dieser Film entstand, einer der meist gelesenen und kommerziell erfolgreichsten Schriftsteller der Gegenwart – STEPHEN KING. Der heute 62-jährige Experte für „saftigen Fantasy-Horror“ („Carrie“; „Shining“; „Misery“; „The Green Mile“) verfaßte 1993 eine 24-teilige Sammlung von Kurzgeschichten. Titel: „Alpträume“. Unter diesen Kurzgeschichten befindet sich auch eine mit dem Titel „Dolans´s Cadillac“. Diese wurde 2008, in Co-Produktion Kanada/USA, unter dem Originaltitel der King-Short-Story gleich direkt für den amerikanischen „direct-to-DVD“-Markt verfilmt. Und ist jetzt auch bei uns gleich auf DVD erstveröffentlicht worden:

„DOLAN´S CADILLAC“ von Jeff Beesley (Kanada/USA 2008; B: Richard Dooling; nach der gleich. Kurzgeschichte von Stephen King/1993; K: Gerald Packer; M: James Mark Stewart; 89 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 15.12.2009).

In einer Kleinstadt nahe Las Vegas lebt das nette, solide, freundliche, unauffällige, bürgerliche Ehepaar Tom + Elizabeth Robinson. Beide arbeiten als Lehrer an der örtlichen Grundschule. Als SIE eines schlimmen Tages Zeugin wird, wie ein weißer Menschenhändler und seine Helfershelfer morden, gerät sie in einen schlimmen zufälligen kriminellen Strudel. Der Schurke, um den es geht, heißt James „Jimmy“ Dolan. DER handelt lukrativ mit „frischen Mexikanerinnen“. Die werden profitabel für die Prostitution verkauft und an Bordelle verschachert. Da der örtliche Sheriff sich weigert, „der Sache“ nachzugehen, wendet sich das Ehepaar an das FBI. Dort ist man seit Jahren hinter Dolan her, konnte DEM aber bislang nichts nachweisen. Umso erfreuter ist man jetzt, dass sich Elizabeth als Zeugin für den bevorstehenden Prozess couragiert zur Verfügung stellt. Beide werden unverzüglich in das Zeugenschutzprogramm des FBI aufgenommen. Doch auch DAS hilft nichts, Elizabeth, inzwischen schwanger geworden, wird umgebracht. Ehemann Tom ist außer sich. Und kann nicht mehr „so wie bisher“ weitermachen. Wieder in „die Normalität“ des Alltags zurückkehren/zurückfinden. Wut, Trauer und Schmerz beherrschen fortan sein Dasein. Und: der energische Wunsch nach RACHE. Als erstes beschafft er sich eine Waffe. Die besitze „3 x so viel Mündungsenergie wie die von ‘Dirty Harry‘“, meint freudestrahlend die Verkäuferin im Waffenladen. Und Tom beginnt „zu trainieren“. Zudem lautet fortan sein Motto – beobachten und warten; warten und beobachten. Er hat Zeit. Kennt ja „seinen Gegner“. Weiß, wo der sich aufhält. Dann beginnt er zu planen. Stichwort: die Fallkurve. Vorher kriegt er gehörig noch eins in die Gusche/auf den Körper, weil Dolan ihn quasi bei den Vorbereitungen „erwischt“, aber „zur Strafe“ und von wegen Erniedrigung am Leben läßt. Danach fängt Tom mit der harten Buddelarbeit an.

„Ein Mann sieht rot“. Aber nicht so plump wie einst Charles Bronson in dem gleichnamigen Michael-Winner-Klassiker von 1974 in der New Yorker U-Bahn, sondern viel, viel subtiler. Wie dann auch extremer. Marke: Der „Kleine Mann“ begreift, dass er gegen den/DIE Mächtigen eigentlich keine Chance auf Gerechtigkeit hat, und tritt selber „in Aktion“. Bedächtig, ruhig, zielstrebig. Mit viel List und Energie. Klar: Wenn Du keine Chance hast, dann nutze dies wenigstens…

„Dolan´s Cadillac“ ist eine kernige Spannungsshow. Mal „diskret“, mal mit Volldampf. Aber immer auf einem „höheren Unterhaltungslevel“ als nur „Bumm-Bumm“. Ein Mann ist verzweifelt. Ein Anderer der unverblümte „Herrscher“. DER, der „die Regeln“ bestimmt. Der alles nur erdenklich Böse tut, tun darf, ohne dass ihn irgendjemand „amtlich“ zu stoppen vermag. Belangt. „Wo ER ausspuckt, wird das Gras gelb und stirbt“. Ein typischer Kino-B-Hammer. Mit harten Fakten, aber ohne das sonst übliche Knall-Fall-Hau-Drauf-Thema. Hier dürfen Zweifel, Verzweiflung, hier dürfen Gedanken über Sühne und Schuld „ausgetragen“ werden. Und hier gibt es einen Show-Down, der richtig superb, erregend, bizarr, schräg wie hundsgemein-fiebrig ist.

Der 40-jährige CHRISTIAN SLATER (zuletzt als mörderischer Nobody in dem bei uns auch „nur“ auf DVD herausgekommenen Psycho-Thriller „HE WAS A QUIET MAN“ von 2007 zu erleben) mimt den Saukerl Dolan mit diabolischer, kalter Fratze. Aus der permanent hämischer Philosophie-Rechtfertigungsmüll verlautet. Dolan sieht sich als „notwendiger gesellschaftlicher Chef“, der schließlich für „Arbeit“ und „Brot“ sorgt. Und für „erwünschte Spiele“. Und die Menschen um ihn herum allesamt nur als „Marionetten“ betrachtet, die von ihm geführt werden/werden wollen/werden müssen. ER hat das Sagen, ER hat DIE MACHT, ER befiehlt. Sein Wille geschehe. Widerspruchslos. Bedingungslos. Und ausgerechnet dieser „Führer-Vater“-Figur kommt so ein Nobody wie Tom Robinson ins Gehege. Ein Typ, der sich brav in die Kassenschlange im Supermarkt stellt und sich morgens pünktlich in der Schule zur täglichen Pädagogik-Arbeit einfindet. Der 31-jährige WES BENTLEY (Nebendarsteller in „American Beauty“; der Sohn des reaktionären Nachbar-Soldaten Colonel Fitts alias Chris Cooper) spielt den freundlichen Kerl von nebenan mit sanfter Präzision. Ohne zu viel Worte zu machen. Überzeugend in der schweißtreibenden wie planerischen Gedanken- wie Handwerker-Arbeit. Und der nur mühsam unterdrückten ständigen WUT. Ein scheinbar ungleiches Duell nimmt seinen schließlich vortrefflich pointierten, herrlich absurden und sehr heißen Spannungsverlauf…

„DOLAN´S CADILLAC“, auch auf den Titel gilt es zu achten, weil bedeutungsvoll für die Story, ist ein KLASSE-B-MOVIE, mit einigem kultverdächtigen Ironie-Geschmack; zwischen schwarzhumorig-paranoid und atmosphärisch-kitzlig SEHR kurzweilig-unterhaltsam pendelnd. Und: Der Film sorgt in diesen trüben Schnee-/Dunkeltagen für VIEL propperen Typen-Fight-Spaß (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Sony Pictures Home Entertainment“/München

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