DIESES BESCHEUERTE HERZ

PÖNIs: (4/5)

„DIESES BESCHEUERTE HERZ“ von Marc Rothemund (D 2016; B: Maggie Peren, Andi Rogenhagen; nach dem gleichn. Buch von Daniel Meyer mit Lars Amend/2013; K: Christof Wahl; M: Johnny Klimek; 104 Minuten; deutscher Kino-Start: 21.12.2017); diese Geschichte gab es wirklich: Zwischen 2011 und 2012 wurde der schwerkranke Teenager Daniel Meyer vom Journalisten Lars Amend begleitet, beide-zusammen schrieben darüber ein Buch, das 2013 unter dem heutigen Film-Titel herauskam. Daniel Meyer ist heute 20 Jahre jung.

Er heißt Lenny (ELYAS M’BAREK), ist Anfang Dreißig, hat ein Medizinstudium abgebrochen, feiert als verantwortungsloser Tunichgut mit Papas Geld – einem verwitweten, reichen Herzspezialisten – nächtlich Partys ohne Abwinken, lässt es sich gedankenlos gut-gehen. Bis sein Erzeuger die buchstäbliche Schnauze voll hat und ihm die Kohle sperrt. Und ihm einen Auftrag erteilt: Wenn er sich um einen seiner Patienten, um den 15-jährigen David (PHILIP NOAH SCHWARZ), künftig kümmert, besteht die Chance auf die Geldgaben-Rückkehr. „Du bist ignorant, schusselig und egoman – das Beste, was einem todkranken Kind passieren kann“: David ist von Geburt an herzkrank und überlebt von Tag zu Tag. Ob er seinen 16. Geburtstag erreichen wird, steht in der Sternen. Der genervte Lenny macht sich also auf den „beschwerlichen“ Weg. Begibt sich in den 9. Stock in die Münchner Sozialwohnung von Davids Mutter Betty (NADINE WRIETZ), um „zu helfen“. Die Frage ist, kriegt er bei diesem beziehungsweise für diesen Jungen ein wahres Mit-Gefühl hin oder nicht. Vermag er David beizustehen, der vom Leben außerhalb von Krankenhäusern und der Wohnung nicht viel mitgekriegt hat und oftmals ganz schön „rüde“ drauf ist, zudem ständig mit einer Sauerstoff-Flasche begleitet werden muss, oder wird aus einer solchen ungleichen Verbindung nichts?

„Ziemlich beste Freunde“ winken, und dennoch funktioniert auch das deutsche Pendant. Regisseur Marc Rothemund, Jahrgang 1968, einer der ernstzunehmenden Spielleiter in diesem Land, was er mit Filmen wie „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ (2005), „Heute bin ich blond“ (2013) und zuletzt mit „Mein Blind Date mit dem Leben“ (2016) bewiesen hat, vermag Situationen und Emotionen zu entwickeln, derer man sich nicht zu schämen braucht, sondern die stimmig und Menschen-spannend und mit originellen Pointen ausgestattet sind, also: großartig menscheln. Wozu ein absolut passendes Ensemble beeindruckend-ausdrucksstark beiträgt. Barek, dem Göhte-Fuck-Proll entwichen, setzt als Luftikus Lenny auf reizvolle Charakter-Läuterung ohne Schmarren-Kitsch; der 15-jährige Kino-Debütant PHILIP NOAH SCHWARZ kniet sich fantastisch-sensibel und ohne falsche Töne in seinen wütenden, Erlebnis-süchtigen David ‘rein; die auf der Leinwand ebenfalls debütierende Nadine Wrietz als gestresste Mutter kriegt genau die notwendige Tonlage zwischen Bangen, Hoffen und Erschöpfung mit mütterlichem Glucken-Charme zustande. In den Nebenparts mimt UWE PREUSS den herzensguten Lenny-Vater, während JÜRGEN TONKEL urig den übertölpelten Nachbar-Depp ablässt.

„Dieses bescheuerte Herz“ geht ans selbige, verbreitet gute Gefühls-Luft, weist unangestrengt auf die unterhaltsame Prämisse: Sei Mensch, das hilft. Prima (= 4 PÖNIS).

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