DAS LÖWENMÄDCHEN

PÖNIs: (3/5)

„DAS LÖWENMÄDCHEN“ von Vibeke Idsoe (B + R; nach dem gleichnamigen Roman von Erik Fosnes Hansen/2006; Norwegen/Schweden/D 2016; K: Dan Lausten; M: Uno Helmersson; 118 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.09.2017); wir können eintauchen. Wie in einem lang-ausgebreiteten Roman. Für den wir uns Zeit nehmen müssen, dabei mit hochinteressanten Entwicklungen und packenden Emotionen bedacht werden.

Zurück. Ins anno 1912. In einer kleinen Provinzstadt in Norwegen kommt im tiefen Winter ein Mädchen zur Welt. Dessen Körper ist ganz von feinen blonden Haaren bedeckt. Die Mutter stirbt nach der Geburt, der Vater, Stationsmeister Gustav Arctander (ROLF LASSGARD), lässt sie Eva nennen und „übernimmt“ sie nur widerwillig. Vor allem: Er schottet sie ab. Will sich und das Kind nicht dem Gespött innerhalb der Gemeinde aussetzen. Engagiert die lebensfrohe Hannah als sozusagen Zweit-Mutter-Kindermädchen. Im Verborgenen dieser kleinen Bahnstation wächst Eva auf. Kann aber nicht auf ewig weggesperrt werden. „Andere haben ein Gesicht, ich nicht“: Eva begreift sehr schnell, dass sie „anders“ ist. Doch ihre Sehnsucht nach einem „normalen Leben“ wächst. Vor allem Zahlen haben es ihr angetan. „Du bist schräg, aber irgendwie nett“, meint ein Junge aus ihrer Schulklasse. Wo sie sich Hänseleien und Anfeindungen ausgesetzt sieht, aber „durchhält“. Ebenso wie sie die vielen anreisenden Neugierigen erträgt, darunter Ärzte und Wissenschaftler, die dieses „Phänomen“ Eva aus der Nähe „erleben“ wollen. Während ihr Vater von ihrem Da-Sein mal überfordert, mal beglückt ist.

Und die Geschichte dieser „besonderen“ Eva Arctander – buchstäblich – ins Laufen kommt. Über viele Jahre. Gleich drei Darstellerinnen verkörpern sie in verschiedenen Lebensphasen: Aurora Lindseth Lokka (als 7-Jährige); Mathilde Thomine Storm (als 14-Jährige) sowie Ida Ursin-Holm (als Erwachsene). Ein Mensch wird drangsaliert, vermag sich durchzusetzen, „zu ertragen“, vermag sich zu behaupten. Sein öffentlich dargestelltes „Freak-Sein“ emanzipatorisch für sich „gewinnend“ umzusetzen („Ich besitze einen luxuriösen Pelzmantel am Körper“). Die Erzählung ist bildlich ein Genuss, ihre Schwäche: Inszenatorisch ist sie bisweilen zäh geraten, zudem mit einem über-dominanten männlichen Star besetzt, dem Schweden ROLF LASSGARD, bekanntlich ab 1994 in der Verkörperung des Kommissars Wallander in den TV-Verfilmungen der Henning Mankell-Kriminalromane sehr erfolgreich. Seine Präsenz ist ebenso beeindruckend wie physisch intensiv, so dass die eigentliche Tochter-Heldin Eva mitunter „zurückgedrängt“ wird. In die zweite Reiz-Reihe versetzt, obwohl es doch in der Hauptsache um ihre Lebensgeschichte geht.

Dennoch-Fazit: Ein Film zum Eintauchen, Anteil nehmen und gedanklichen Mögen; der ohne Kitsch und Rührseligkeit für Akzeptanz und Toleranz für „Anders-Sein“ Stellung bezieht, und sich dabei auf eine Geschichte beruft, die über weite Teile HERZ-haft betört (= 3 PÖNIs).


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