DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL

PÖNIs: (3/5)

„DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL“ von Massimo Dallamano (Co-B + R; It/BRD 1971; Co-B: Peter M. Thouet, Bruno Di Geronimo; nach dem Edgar Wallace-Roman „The Clue Of The New Pin“/1923; K: Joe D’Amato; M: ENNIO MORRICONE; BRD-Fassung: 96 Minuten; internationale Fassung: 106 Minuten; deutsche Heimkino-Veröffentlichung: 27.04.2017); es war der 31. und letzte „Edgar Wallace-Film“. Was 1959 mit „Der Frosch mit der Maske“, einer Co-Produktion BRD/Dänemark, begann, endete mit diesem Streifen, für den die letzte Klappe am 1. November 1971 in einem römischen Atelier fiel. Der Abschied von dieser überaus erfolgreichen deutschen Kino-Serie war gekommen.

Im heutigen Heimkino werden nicht nur herausragende Filmklassiker technisch aufwendig (in HD) restauriert, sondern auch Trash- oder B-Movies mit „spezieller“ (Be-)Deutung aufgepeppt. Um solch eine Produktion handelt es sich hier. Als Co-Produktion zwischen Italien (= mit dem finanziellen Hauptanteil von 70% des Budgets) und BRD (= um den Westberliner „Karl May“-Produzenten Horst Wendlandt, der mit als Edgar Wallace-Serien-Erfinder gilt). Die italienische Seite stellte den Regisseur: MASSIMO DALLAMANO (*17.04.1917 – †04.11.1976), der die ersten beiden Sergio Leone-Western, „Für eine Handvoll Dollar“ und „Für ein paar Dollar mehr“ (1964 + 1965), als Kameramann begleitete und 1967 mit dem Western „Bandidos“ als Regisseur debütierte. Für „Cosa avete fatto a Solange?“, so der Originaltitel von „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“, engagierte er für die „italienische“ Hauptrolle FABIO TESTI, 30, der als Stuntman für Sergio Leones Italo-Western „Zwei glorreiche Halunken“ 1966 tätig und danach viel in Genre-Schmonzetten („Bekreuzige Dich, Fremder“/1968; „Zorros Rache“/1969) unterwegs war. 1970 allerdings engagierte den gutaussehenden Schlacks Star-Regisseur Vittorio De Sica für sein Meisterwerk „Der Garten der Finzi Contini“. Von deutscher Seite wurden erprobte „Edgar Wallace-Mimen“ wie Joachim Fuchsberger (natürlich für den Part des Inspektor Barth), Karin Baal, Günther Stoll sowie auch Claudia Butenuth „mitgebracht“.

Herausgekommen ist ein fast gänzlich in England gedrehter Zwitter-Film, einerseits als ein typisches „Gialli“, also Trash-Werk, für das südländische Kino motiviert, das mit „Edgar Wallace“ herzlich wenig anzufangen weiß und für das eine „normale“ Thrill-Story ablaufen musste, und eben ein weiterer Film für den deutschen Markt mit vertrautem „Edgar Wallace-Stempel“. Auf der jetzt veröffentlichten DVD- und Blu-ray-Box sind beide Fassungen synchronisiert zu sehen. Wobei die „internationale“ jetzt mit der Originallänge von 107 Minuten daherkommt, ergänzt um vor allem Sex-Szenen und Nackte-Mädels-Aufnahmen sowie einer harten Abtreibungssequenz, die damals, Anfang der Siebziger (deutscher Kino-Start: 09.03.1972), hierzulande herausgeschnitten wurden, um eine FSK-Freigabe von „wenigstens“ ab 16 Jahren zu bekommen.

Die Story ist – heutzutage – eigentlich unwichtig: Eine Londoner Internatsschülerin wird im Hyde Park ermordet aufgefunden. „Blacky“ Fuchsberger, mit grauen Schläfen, ermittelt wie ein Maigret, mit Pfeife und mürrischer Laune, während sich vor allem ein Lehrer (Fabio Testi; mit der deutschen Synchronstimme von Clint Eastwood ausgestattet: Klaus Kindler) verdächtig macht, hat er doch ein Techtelmechtel mit einer Schülerin, was seine grantige Ehefrau und Auch-Lehrerin auf den merkwürdigen Plan ruft (Karin Baal). Und dann tauchen die „üblichen Verdächtigen“ auf, mit ihren Hackfressen-Visagen oder geheimnisvollen, also ebenfalls „verdächtigen“ Bewegungen. Nichts ist spannend, die Logik außer Kraft gesetzt, Humor ist nicht vorhanden (Eddi Arent, wo bist du?), während eine aufgescheuchte Mädchen-Clique ein düsteres Geheimnis hektisch zu bewahren versucht. Dazu, und das ist der wirkliche Clou dieses banalen Films, steuert kein Geringerer als der Sergio Leone-Komponist und Arrangeur ENNIO MORRICONE („Spiel mir das Lied vom Tod“) seine unvergleichlich-schönen Klänge hierfür bei, die sich so wunderbar anhören und tönen, als wären sie eigentlich für ganz andere, viel imposantere Filmbilder bestimmt.

Im umfangreichen Bonusmaterial sind die Interviews mit Karin Baal und Fabio Testi, mit dem Produzenten Fulvio Lucisano sowie der „Solange“-Darstellerin Camille Keaton (s. Originaltitel) außerordentlich aufschlussreich; ist die ARTE-Dokumentation „German Grusel“ über das Phänomen der Edgar Wallace-Filme hochinteressant; und das beigegebene fleißige 20-seitige Booklet rundet diese aufwändige Arbeit an einer B-Movie-Entdeckung unterhaltsam ab. „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ ist interessanter Schrott mit kinematografischem Historien-Charme (= 3 PÖNIs).

Anbieter: „Koch Media“.

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