DALIDA

PÖNIs: (4/5)

„DALIDA“ von Lisa Azuelos (B + R; Fr 2016; K: Antoine Sanier; M: Jean-Claude Petit; 127 Minuten; deutscher Kino-Start: 10.08.2019); eigentlich unfassbar: zwar haben sie dich in der katholischen Schule wegen deiner Brille als „Brillenschlange“ und als „hässlich“ bezeichnet, was dich sensibles Wesen traumatisiert hat; doch denen hast du es später ja gezeigt, und wie: du bist 1954 „Miss Ägypten“ geworden; hast in kleinen Filmen mitgespielt; bist mit 21 nach Paris gegangen, um weiterhin als Schauspielerin zu arbeiten; wurdest im April 1956 als Sängerin bei einem Nachwuchswettbewerb entdeckt; bekamst einen Plattenvertrag; bist danach riesig mit der Debüt-Single „Madonna“ durchgestartet; deine dritte Single – „Bambino“ – kam am 8. Februar 1957 heraus und war 31 Wochen lang in der französischen Hitparade die Nummer 1; im September desselben Jahres erhieltst du, als erste Künstlerin in Frankreich, die erste „Goldene Schallplatte“ für mehr als 300.000 verkaufte Exemplare; 1959 warst du auch in Deutschland auf Platz 1 der deutschen Hitparade mit „Am Tag, als der Regen kam“. Erfolge, Jubel, Beliebtheit, Zuspruch: Du, Iolanda Cristina Gigliotti, geboren am 17. Januar 1933 in Ägypten als Tochter von Pietro Gigliotti, dem ersten Geiger am Kairoer Opernhaus, die du dich DALIDA nennst, hast doch allen Grund, zufrieden mit dir und deiner Laufbahn zu sein. Über 200 Titel produziert; rund 150 Millionen verkaufte Schallplatten; mehr als 70 „Goldene Schallplatten“; ergeben doch: eine sagenhafte Erfolgsbilanz. Doch:

Hinter der Kulisse, hinter den vielen Bühnen, sieht es ganz anders aus. Man kann es als „Pech“ bezeichnen, als Zufall, als unglaubliche, sich ständig wiederholende Schicksalsbestimmung, aber: privat geht es Dalida immer nur vorübergehend erfüllend. Salopp und unfein, aber zutreffend gesagt: sie gerät an die „falschen“ Männer, die mit ihrem Dauer-Erfolg, ihrer öffentlichen Bewunderungs-Beachtung, ihrer Dominanz (und ihren Affären) nie klarkommen und sich irgendwann umbringen. Die Suche nach der wahren Liebe wird zum ewigen emotionalen Stolperstein für diese hochgewachsene, attraktive und zutiefst labile Frau. Deren Da-Sein auf den Bühnen der Welt eine unglaubliche Dauer-Feier ist, deren privates Gefühlsleben aber nie „richtig“ und auf Dauer funktioniert. Ihr Credo: „Beim nächsten Mann wird alles besser!“. Ihr Lebenshunger bleibt lange ungebrochen.

„DALIDA“, der Spielfilm, von der Drehbuch-Autorin und Regisseurin LISA AZUELOS („LOL“/2012), der Tochter der Schauspielerin und Sängerin Marie Laforét, vorzüglich realisiert, ist ein mitreißendes Biopic. Beginnend 1967, nach dem ersten Suizid-Versuch von Dalida, wird deren Karriere – mit vielen Gesangseinlagen – und ihr privater Dauer-Beziehungs-Schiffbruch durchleuchtet, wird von ihren seelischen Aufs und vielen Abs und ihren vielen Begleitungen erzählt. Mitreißende Bühnen-Auftritte sehen sich an, als befänden wir uns in einem Dokumentar-Konzertfilm, so vehement-kraftvoll, so tiefgründig-verstört und so attraktiv saugt sich die faszinierende italienische Schauspielerin SVEVA ALVITI in die Dalida-Rolle, so dass man bisweilen geneigt ist, sie tatsächlich für „die echte“ zu halten. Sie sieht der zweifachen „World Oscar for the Hit Record of the Year“-Preisträgerin penibel ähnlich und atmet deren sensibles Charisma und feurige Musikalität überzeugend aus. Ist absolut authentisch. Eine brillante Performance der 32-jährigen Sveva Alviti in Sachen Gefühls-Feuer, Seele speien, Charme und Melancholie.

Am 3. Mai 1987 nimmt sich Dalida das Leben. Auf dem Zettel auf ihrem Nachttisch steht: „Das Leben ist unerträglich geworden. Bitte verzeiht mir“.

Der hochspurig unterhaltsame Spielfilm, von drei auf zwei Stunden gekürzt, ehrt das Andenken an eine temperamentvolle, empfindsame, einsame Erfolgs-Frau, die zu einer faszinierenden Künstlerinnen-Ikone aufstieg und deren persönliche Lieder auch heute weiterhin Hits sind (= 4 PÖNIs).

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